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Vom Diskopumper übersehen, vom ernsthaften Athleten geschätzt: Zugübungen bilden das Gegenstück, die andere Seite der Drückübungen und sind der entscheidende Schlüssel für einen stabilen, gesunden und starken Oberkörper mit einer natürlichen Haltung.

Eine ganze Reihe von Trainingsverletzungen entsteht weil Athleten die Drückmuskulatur zu stark betonen und die Zugmuskulatur vernachlässigen. Dadurch entstehen Haltungsschwächen (z.B. nach vorne gezogene Schultern) und die einzelnen Übungen können mangels Stabilisation, für die zu einem gewichtigen Teil die Antagonisten (Gegenspieler) verantwortlich sind, nicht mehr sauber koordiniert werden – die Verletzungsgefahr steigt enorm.

Darum trainieren seriöse, erfolgreiche und smarte Athleten nicht nur den Bizeps, sondern auch die anderen an Zugübungen beteiligten Muskeln, allen voran die Lats (latissimus dorsi alias breiter Rückenmuskel), Trapezmuskeln (obere, mittlere und untere) und den hinteren Deltamuskel, aber auch eine ganze Reihe von Nebenmuskeln. Der Rücken besitzt ein kompliziertes Geflecht verschiedener Muskeln, die für den vom Affen abstammenden Menschen zu den wichtigsten Muskeln zählen.

Die Vernachlässigung der Rückenmuskulatur ist eine Straftat gegenüber deinem Körper und wenn Du dir selbst etwas Gutes tun willst, solltest Du mindestens so häufig ziehen wie drücken – mit der gleichen Leidenschaft und Hingabe sowie dem brennenden Willen zur Progression wohlgemerkt!

Ähnlich der Drückmuskulatur wird auch die Zugmuskulatur am effektivsten mit Verbundübungen trainiert. Reverse Butterflys, Latzugmaschine und Ruderzugmaschine können zwar nette Ergänzungsübungen sein, aber der Hauptfokus sollte auf den klassischen Grundübungen liegen. Die im Folgenden aufgelisteten Übungen stellen die wichtigsten direkten Zugübungen dar und sollten entsprechend der in den einzelnen Übungen angegebenen Priorität die Eckpfeiler deines Rückentrainings darstellen.

KlimmzügeLanghantelrudernUmgekehrtes KörpergewichtsrudernT-Bar RudernLatzug

Die natürlichste Zugübung, die wichtigste Bewegung für einen starken Rücken, stabile Schultern und einen großen Bizeps ist der Klimmzug. Klimmzüge trainieren den gesamten oberen Rücken, das heißt sowohl die Rückenbreite als auch die -dichte (der Schwerpunkt liegt allerdings auf der Breite). Wenn Du dir nur eine einzige Zugübung aussuchen könntest, so solltest Du den Klimmzug wählen. Diese klassische und zugleich extrem effektive Übung sollte nach Möglichkeit in keinem Trainingsprogramm fehlen!

Besonders hervorzuheben ist das breite Feld an Variationsmöglichkeiten, sodass der Klimmzug speziell beim hochfrequenten Training sinnvoll eingesetzt werden kann. Ob nun Oberhandgriff, Unterhandgriff, Parallelgriff, breiter Griff, schmaler Griff, Wechselgriff  – es gibt unzählige Möglichkeiten die Ausführung von Klimmzügen leicht zu variieren!

Da der Klimmzug definitiv eine der wichtigsten Oberkörperübungen darstellt und viele Menschen Probleme damit haben ihre Wiederholungszahlen zu steigern, findest Du unter den beiden folgenden Links gute Trainingsprogramme, mit deren Hilfe Du dich beim Klimmzug gehörig verbessern kannst.

Wenngleich der Klimmzug die Rückenübung schlechthin ist, sollte natürlich für eine rundum saubere Entwicklung der Rückenmuskulatur auch die horizontale Zugebene trainiert werden und dafür gibt es keine effektivere Übung als das Langhantelrudern (vorgebeugt).

Die einzigen sinnvollen Alternativen für die horizontale Ebene wären das umgekehrte Körpergewichtsrudern und das T-Bar Rudern, allerdings wachsen die Rückenmuskeln beim klassischen Langhantelrudern aufgrund der potenziell verwendbaren schweren Gewichte besser. Aus diesem Grund ist das Langhantelrudern auch die beliebteste Übung bei Bodybuildern, die Rückenmasse aufbauen wollen.

Zwar ist das Langhantelrudern weniger funktional und natürlich als der Klimmzug, allerdings ermöglicht es eine deutlich klarere Sicht auf die Trainingsfortschritte. Denn der Klimmzug hängt vom schwankenden Körpergewicht ab, während beim Langhantelrudern einzig das Gewicht der Hantel zählt. Dadurch lässt sich die Progression leichter überwachen und erzwingen. Zudem ist das Langhantelrudern aufgrund seiner deutlich größeren Unabhängigkeit vom Körpergewicht auch für übergewichtige Menschen, die keine Klimmzüge absolvieren können, hervorragend geeignet.

Die Körpergewichtsalternative zum klassischen Langhantelrudern ist eine durchaus effektive Übung, um die horizontale Zugebene zu trainieren. Diese Bewegung lässt sich auch mit Zusatzgewichten, zum Beispiel einer Gewichtsweste, absolvieren, allerdings ist die Handhabung zusätzlicher Gewichte und die progressive Erhöhung des Widerstandes deutlich umständlicher als beim klassischen Langhantelrudern, weshalb das umgekehrte Körpergewichtsrudern auch eher eine Ergänzungsübung darstellt.

Der offensichtliche Vorteil dieser Bewegung liegt in der Tatsache, dass keine Hantel benötigt wird und sie somit wesentlich mobiler ist. Wenn Du also unterwegs  bist, zum Beispiel auf Reisen oder Ausflügen oder wenn Du gerne in der Natur bist, benötigst Du lediglich ein paar Turnringe (beispielsweise diese hier) und schon kannst Du neben Klimmzügen auch den horizontalen Zug trainieren.

Das T-Bar Rudern ist die effektive Hantelalternative zum klassischen Langhantelrudern und deshalb eine beliebte Übung zur Variation. Das T-Bar Rudern wird üblicherweise etwas aufrechter ausgeführt, sodass hier speziell der Belastungswinkel ein wenig variiert wird.

Das größte Problem des T-Bar Ruderns liegt in seiner Unhandlichkeit. Wer kein entsprechendes Gerät zur Verfügung hat, ist gezwungen zu improvisieren und eine Kurzhantel oder einen Parallelgriff an das obere Ende einer Langhantel zu packen, um eine Griffmöglichkeit zu haben. Zudem ist in diesem Fall die Scheibenaufnahme halbiert, weil nur eine Seite der Langhantel bestückt werden kann. Das heißt unterm Strich ist eine richtig T-Bar Rudervorrichtung nötig, um langfristig sinnvoll und progressiv mit dieser Übung trainieren zu können. Ist dies der Fall, so stellt das T-Bar Rudern durchaus eine nützliche und beinahe ebenso effektive Alternative zum klassischen Langhantelrudern dar.

Der Latzug ist keine Grundübung und von der Sache her durchaus verzichtbar, denn in puncto Effektivität und Funktionalität kann er es bei weitem nicht mit dem Klimmzug aufnehmen. Allerdings trainieren manche Kraftsportler und ganz speziell Bodybuilder einzelne Muskelgruppen mit mehreren Übungen und in diesem Falle stellt der Latzug eine gute Ergänzung zum Klimmzug für die vertikale Zugebene dar.

Darüber hinaus – und das darf bei all den Trainingsanstrengungen und Optimierungen im Sinne der Effektivität auch nicht vergessen werden – macht der Latzug den meisten Athleten schlicht und einfach richtig Spaß. Diese Übung ist perfekt dafür geeignet die Lats zu spüren und das bewusste Ziehen mit den Rückenmuskeln zu trainieren. Dadurch macht die Übung wirklich Lauen und ganz nebenbei wird auch die Mind-Muscle-Connection trainiert. Auch diesen Effekt sollte man in seiner Nützlichkeit nicht unterschätzen, denn gerade Anfänger haben bei Zugübungen Probleme damit die Rückenmuskeln zu nutzen. Stattdessen ziehen sie schwerpunktmäßig mit den Armen, wodurch natürlich einiges an Potenzial vergeudet wird!

Insgesamt ist der Latzug zwar keine wirkliche Alternative zum Klimmzug, aber zumindest eine gute Ergänzung.

Die aufgelisteten Bewegungen sind die wichtigsten direkten Zugübungen für Kraftsportler. Allerdings sei nicht verschwiegen, dass auch andere Übungen die Zugmuskulatur effektiv mittrainieren. Das ist unter anderem bei High Pulls und natürlich auch beim Kreuzheben der Fall. Speziell das Kreuzheben ist eigentlich zu einem gewichtigen Teil auch eine Zugübung und wird von vielen Athleten lediglich falsch ausgeführt.

Solche Übungen haben den Vorteil, dass sie die Rückenmuskulatur im Verbund mit vielen verschiedenen anderen Muskelgruppen (zum Beispiel den Beinen) trainieren. Dadurch werden das muskuläre Zusammenspiel im Körper gefördert und potenziell die Zuwächse und Fortschritte bei direkten Zugübungen vergrößert.

Für eine ausgewogene Entwicklung des Oberkörpers rate ich dir genauso viele direkte Zugübungen wie Drückübungen auszuführen und die Zugmuskulatur zusätzlich im Rahmen der beispielhaft genannten Ganzkörperübungen bzw. Gewichtheberübungen zu trainieren. Dadurch beugst Du Haltungsschäden effektiv vor.