Drückübungen zählen zu den beliebtesten Übungen unter Kraftsportlern, was vermutlich daran liegt, dass sie schwerpunktmäßig die Brust- und Schultermuskulatur sowie den Trizeps trainieren. Lange bevor Kraftsportjünglinge sich mit Ernährungen, Proteinen, Regeneration, Kniebeugen und Trainingsplanung beschäftigen, lernen sie Bankdrücken – die ultimative „Pumper“-Übung, der Penisvergleich für Studiohengste.
Die an den Drückübungen beteiligte Muskulatur, allen voran die Brustmuskeln, liegen vor allem deshalb so sehr im Fokus vieler Kraftsportler, weil sie einen wesentlichen Teil der Körperfront ausmachen – sowohl im Spiegel als auch am Strand ist die Drückmuskulatur wichtig, um eine gute Figur zu machen. Die Ausnahme davon bildet bezeichnenderweise der Trizeps, dem nur die wenigsten Bodybuilder-Anfänger wirklich Achtung schenken. Der Bizeps ist ihnen wichtiger, weil er auf den ersten Blick sichtbarer ist – ein Fehler, denn der Trizeps macht etwa zwei Drittel der Oberarmmuskulatur aus!
Unabhängig davon besteht kein Zweifel dran, dass Drückübungen für einen ausgewogenen, starken Oberkörper von großer Wichtigkeit sind. Das zeigt sich auch daran, dass die wichtigsten Drückübungen eben nicht nur die Schwerpunktmuskeln Trizeps, Brust und vordere Schulter trainieren, sondern bei richtiger Ausführung auch die hintere Schulter, den Core und den Rücken stark beanspruchen. Große Gewichte werden in erster Instanz aus dem Rücken gedrückt! Schon bei den Ganzkörperübungen wurde deutlich, dass Muskeln ihr volles Potenzial erst im Verbund erreichen und im Falle der Drückübungen sind es die Zugmuskeln, die den wichtigen Unterstützungspart übernehmen.
Um einen starken Oberkörper mit einer stabilen Schulter zu bekommen, führt kein Weg an den grundlegenden Drückübungen vorbei. Leider wird von den grundlegenden Übungen in den meisten Fällen nur das Bankdrücken absolviert, obwohl es wichtigere, natürlichere Drückbewegungen gibt.
Butterflys mit Kurzhanteln oder an der Maschine, Brustpresse, Trizeps-Kickbacks, Frontheben und Co. sind sofern Du kein extrem weit fortgeschrittener Bodybuilder bist Spielereien, die dich vom Wesentlichen ablenken. Für die Entwicklung eines kraftvollen, muskulösen Oberkörpers sollte dein Hauptaugenmerk auf den folgenden Übungen liegen:
Das Klassische Drücken ist der absolute König der Langhantel-Oberkörperübungen. Hier wird so gut wie jeder Muskel des Körpers trainiert. Angefangen beim festen Stand über die stabile Körpermitte zur oberen Brust und den Rücken bis hin zu den Schultern, Bizeps, Trizeps und Unterarmen ist hier ein wahrhaft großer Muskelverbund beteiligt.
Ein schweres Gewicht im Stehen über den Kopf zu drücken erfordert die längste mögliche kinetische Kette des Körpers und stellt somit enorme Anforderungen an die Stabilität. Speziell unerfahrene Athleten machen in den allermeisten Fällen den Fehler mit zu wenig Körperspannung und somit zu wenig Stabilität zu drücken und verschenken somit das Potenzial dieser wichtigsten aller Drückübungen.
Das Klassische Drücken ist dem Bankdrücken schon deshalb überlegen, weil es eine weitaus natürlichere Bewegung darstellt. Nirgends in der Natur drückt man mit dem Rücken an einen festen Gegenstand fixiert schwere Gewichte nach oben. Im Gegensatz dazu ist die Bewegung schwerer Lasten über den Kopf durchaus natürlich. Entscheidend ist hier vor allem, dass absolut jede natürliche Bewegung Stabilität erfordert und Stabilität wird bei kaum einer Übung so gut trainiert wie beim Klassischen Drücken.
Wer große Gewichte beim Klassischen Drücken bewältigt, der wird auch deutlich mehr auf der Bank drücken können! Durch die schwerpunktmäßige Belastung des gesamten Schulterbereichs profitiert JEDE andere Oberkörperübung von den beim Klassischen Drücken erreichten Fortschritten!
Nicht zu verwechseln ist das Klassische Drücken übrigens mit dem Military Press. Speziell in Foren wird die Bezeichnung Military Press falsch verwendet, denn beim ursprünglichen Military Press stehen die Beine im Gegensatz zum Klassischen Drücken eng zusammen. Alternative Bezeichnungen für das Klassische Drücken wären Überkopfdrücken bzw. Overhead Press oder auch ganz simpel Schulterdrücken.
Klassische Körpergewichtsübung und das Gegenstück zum Klimmzug. Der Dip ist eine tolle Übung, um Kraft im Oberkörper aufzubauen sowie Brust und Trizeps zu trainieren. Vor allem die Auswirkungen von Dips auf das Brustwachstum werden von einigen Bodybuildern stark unterschätzt! Je nach Ausführung vermag der Dip die gesamte Brustmuskulatur hervorragend auszureizen.
Im Gegensatz zur häufigen Annahme ist der Dip kein „Schulter-Killer“! Wer durch Dips Schulterschmerzen bekommt, sieht daran nur, dass er unausgewogen trainiert (trainiert hat). Eine Ausführung über den vollen Bewegungsumfang (so tief wie möglich und volle Streckung nach oben) und geduldige Progression sorgen für eine stabile und starke Schulter.
Eine der bekanntesten Kraftübungen überhaupt. Jedes Kind kennt Liegestütze. Jeder Mensch, der irgendwann mal in Kontakt mit irgendeiner Sportart gekommen ist, musste schon Liegestütze ausführen. Der Grund ist denkbar einfach: Liegestütze lassen sich ohne Geräte und ohne größeren Aufwand immer und überall ausführen. Und trainieren dabei hervorragend Brust, Schulter, Trizeps und Core!
Die unzähligen Ausführungsmöglichkeiten bieten reichlich Möglichkeiten zur Variation, vor allem des Schwierigkeitsgrades. Ob Anfänger oder weit fortgeschrittener Athlet, für jeden gibt es eine passende Liegestütz-Variante. Einziges Manko dieser Übung liegt darin, dass der mechanische Stress nur schwer gesteigert werden kann. Ohne Partner ist es auf Dauer zu umständlich mit Zusatzgewichten zu trainieren. Aus diesem Grund wirkt sich der Liegestütz nur bis zu einem gewissen Punkt sehr positiv auf das Muskelwachstum im Oberkörper aus. Danach werden in erster Linie Koordination, Stabilität und Ausdauer trainiert – aber auch das sind wichtige Fitnessaspekte, die das Trainingsspektrum bereichern.
Ähnlich wie das Klassische Drücken ist auch das Bankdrücken eigentlich eine Ganzkörperübung. Die Kraft zur Überwindung des tiefsten Punktes der Bewegung wird in den Beinen und im Rücken generiert. Erst danach übernehmen schwerpunktmäßig Schulter, Brust und Trizeps die Arbeit. Bei korrekter Ausführung wird durch schweres Bankdrücken deshalb ein großer Muskelverbund trainiert, aber anders als beim Klassischen Drücken wiegt der koordinative Aspekt beim Bankdrücken nicht ganz so schwer, weshalb hier größere Gewichte verwendet werden können – was gleichbedeutend mit größeren Wachstumsreizen ist.
Allerdings birgt schweres Bankdrücken auch großes Gefahrenpotenzial für die Schulter. Viele Powerlifter und Bodybuilder haben schon fast chronische Schulterschmerzen aufgrund exzessiven Bankdrückens. Daher ist es einerseits sehr wichtig die korrekte Technik zu erlernen und andererseits von großer Bedeutung parallel dazu auf die Progression beim Klassischen Drücken zu achten, um eine starke und stabile Schulter zu bekommen.
Mit diesen vier Grundübungen trainierst Du große Teile der Oberkörpermuskulatur effektiv. Allerdings machen die Drückübungen nur eine Seite der Medaille aus. Ich möchte an dieser Stelle eindringlich davor warnen einen zu großen Schwerpunkt auf Drückübungen zu legen. Für ein ausgewogenes, gesundes Oberkörperwachstum und um das Potenzial der Drückübungen voll ausnutzen zu können ist es von fundamentaler Wichtigkeit den Rücken mindestens ebenso stark zu trainieren. Viele Kraftsportler drücken was das Zeug hält, vernachlässigen aber den Rücken, was langfristig zu Haltungsschwächung (z.B. nach vorne hängende Schultern) und einem deutlich erhöhten Verletzungsrisiko führt. Um eine ausgewogene Entwicklung zu erzielen, solltest Du mindestens genauso viele Zugübungen wie Drückübungen absolvieren, im Idealfall sogar 1-2 mehr. Das ist der Schlüssel zu einem wirklich starken, stabilen und beeindruckenden Oberkörper!