© bojan656 - Fotolia.com

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Ganzkörperübungen bilden die Grundlage jeglichen Trainingserfolges. Wenn sich Trainingsanfänger in Magazinen belesen und mit den Trainingsplänen weit fortgeschrittener und extrem muskulöser Profi-Bodybuilder konfrontiert werden, bekommen sie leider ein anderes Bild, denn in diesen Plänen dominieren oftmals die Isolationsübungen (Übungen, die einzelne Muskeln wie beispielsweise den Bizeps weitestgehend isoliert fordern). Normalerweise trainieren Profis jeden Muskel mit einer ganzen Reihe von Isolationsübungen, um den Muskel aus jeden erdenklichen Winkel zu bearbeiten und so ordentliche Proportionen herauszuarbeiten. Ganzkörperübungen kommen in solchen Plänen zwar auch vor, sind allerdings durch die Vielzahl an Isolationsübungen in der Unterzahl, sodass der Leser ein falsches Bild von der für ihn optimalen Gewichtung aus Ganzkörperübungen und Isolationsübungen erhält.

Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zwischen Anfänger und Profi.

Der Profi hat sein genetisches Potenzial weitaus stärker ausgereizt und in manchen Fällen sogar mit gewissen „Mittelchen“ überschritten. Er braucht extrem hohe Spannungszustände in einzelnen Muskeln, um überhaupt noch Wachstum auslösen zu können. Für den Anfänger gilt das nicht.

Was passiert, wenn Anfänger sich zu sehr auf Isolationsübungen konzentrieren?

Zunächst einmal überladen sie ihren Trainingsplan mit viel zu vielen Übungen. Ein Trainingsanfänger muss zuallererst einzelne Übungen sauber koordinieren lernen. Um stärker zu werden, bleiben dem Körper nämlich nur zwei Optionen:

  1. Er kann Muskelmasse aufbauen.
  2. Er kann die Zusammenarbeit verschiedener Muskeln (intermuskuläre Koordination) und der Fasern innerhalb eines Muskels (intramuskuläre Koordination) verbessern.

Wenn bei der Koordination deutlich Luft nach oben ist, wird der Körper seinen Schwerpunkt stets darauf legen, die Koordination zu verbessern, weil der Aufbau und Erhalt von Muskelmasse viel Energie kostet.

Das heißt wenn Du zu viele Übungen in deinen Trainingsplan packst, dauert es wesentlich länger einzelne Bewegungen sauber koordinieren zu lernen. Die Folgen daraus:

  1. Die Verletzungsgefahr steigt.
  2. Du vergeudest massenhaft Muskelaufbaupotenzial.

Ein sinnvoller Trainingseinstieg basiert also auf wenigen Übungen, die dafür eine große Hebelkraft besitzen.

Isolationsübungen haben keine Hebelkraft

…weil sie den Körper in seine Teile zerlegen, obwohl seine natürliche Funktionsweise im Verbund liegt. In der Natur gibt es kaum isoliert Bewegungen. Vielmehr wird stets ein ganzer Verbund von Muskeln gefordert. Der Muskelverbund erzeugt Synergieeffekte, die über die Summe der Teile hinausgehen. Das zeigt sich unter anderem in der hormonellen Reaktion. Große Mehrgelenksübungen wie Kniebeugen erzeugen eine deutliche Reaktion seitens des Körpers. Unter anderem steigert eine solche Übung die Ausschüttung von Testosteron und Wachstumshormonen, was dazu führt, dass auch alle anderen Muskeln profitieren können – das ist Synergie!

Ein weiteres Problem bei Isolationsübungen liegt darin, dass sie muskuläre Dysbalancen fördern können. Jeder Hauptmuskel hat eine Vielzahl an kleinen Nebenmuskeln, die zum Beispiel für Stabilisation sorgen. Wer einzelnen Muskeln isoliert oder gar mit Maschinen bearbeitet, sorgt für ein Ungleichgewicht von Haupt- und Nebenmuskeln. Ein solches Ungleichgewicht kann die Verletzungsgefahr enorm steigern!

Welche Übungen sind die besten?

Ich habe nun schon drei Begriffe in den Raum geworfen: Ganzkörperübungen, Verbundübungen, Mehrgelenksübungen. Höchste Zeit sich diese Begriffe einmal genauer anzusehen und sie abzugrenzen.

Mehrgelenksübungen
Das sind Übungen, bei denen mehrere Gelenke aktiv in die Bewegung einbezogen werden. Ein Beispiel für eine Mehrgelenksübung ist das Kreuzheben. Hierbei werden sowohl die Knie als auch die Hüfte gebeugt. Im Gegensatz dazu wird beispielsweise beim Langhantelcurl nur der Ellbogen gebeugt – es ist von daher eine Eingelenksübung. 
Verbundübungen
Der Unterschied von Verbund- und Mehrgelenksübungen ist eigentlich eher theoretischer Natur. Der Verbund bezieht sich nämlich nicht auf die Gelenke, sondern auf die Muskeln. Bei einer Verbundübung wird eine ganze Reihe von Muskeln schwerpunktmäßig belastet, so zum Beispiel beim Bankdrücken die vordere Schulter, die Brust und der Trizeps. Den Gegensatz dazu bildet eine Isolationsübung, die nur eine Muskelgruppe schwerpunktmäßig belastet – beim French-Press wäre das zum Beispiel der Trizeps.
Ich sage schwerpunktmäßig, denn es gibt neben den Hauptmuskeln noch einige Unterstützungsmukeln, die ebenfalls in eine Bewegung einbezogen werden. Beim Bankdrücken wären das (bei korrekter Ausführung) fast alle anderen Muskeln des Körpers, so zum Beispiel die Beine, der Rücken und die Unterarme. Auch Isolationsübungen wie French-Presses haben Unterstützungsmuskeln, die vor allem für die Stabilisation sorgen, so zum Beispiel in diesem Falle die Unterarme und die Schultern. Da Isolationsübungen aber weniger Hauptmuskeln haben, beanspruchen sie natürlich auch weniger Unterstützungsmuskeln. Das ist nebenbei gesagt auch ein Grund dafür, dass sie keine nennenswerten hormonellen Reaktionen hervorrufen.
Die Hormonausschüttung wird nämlich umso stärker, je mehr Muskeln einbezogen werden und je größer die bewältigte Last ist. Durch die Einbeziehung weniger Muskeln sind auch keine großen Gewichte möglich – ganz im Gegensatz zu Verbundübungen wie den Kniebeugen, welche die Hebelverhältnisse des Körpers deutlich besser ausnutzen und mehr Muskeln beanspruchen, sodass auch deutlich größere Gewichte bewältigt werden können. Der Weltrekord beim Kniebeugen liegt bei fast 500kg (ohne Hilfsmittel)!
Ganzkörperübungen
Sie sind sowohl Mehrgelenks- als auch Verbundübungen, nehmen aber eine Extraklasse ein, weil sie nochmal deutlich mehr Muskeln beanspruchen, die besten Hebelverhältnisse für extrem große Gewichte ausnutzen und die größten Hormonreaktionen hervorrufen. Wie der Name schon sagt beanspruchen sie den gesamten Körper – vorausgesetzt sie werden richtig ausgeführt. Der Schlüssel dafür, das volle Potenzial von Ganzkörperübungen ausnutzen zu können, ist die bewusste Kontraktion möglichst vieler Muskeln. Gerade Anfänger machen den Fehler, sich nur auf bestimmte Hauptmuskeln zu konzentrieren, anstatt auch diverse Unterstützungsmuskeln einzubeziehen. 

Die Ganzkörperübungen

Zu den Ganzkörperübungen zählen in erster Linie die zwei Hauptvertreter:

  • Kniebeugen
  • Kreuzheben

Das sind die beiden wichtigsten Übungen für jeden Athleten (Anfänger ebenso wie Fortgeschrittene), um muskulöser, stärker und schlanker zu werden. Diese beiden Übungen besitzen in ihrer klassischen Ausführung die größte Hebelkraft. Wenn Du es schaffst bei diesen Übungen gute Fortschritte zu erzielen, werden auch alle anderen Übungen enorm davon profitieren!

Zur klassischen Ausführung hinzu gesellen sich noch eine Reihe von Varianten, die den jeweiligen Trainingsschwerpunkt etwas verlagern und so das Gesamtpaket abrunden. Insgesamt gibt es aus meiner Sicht von den beiden Basisbewegungen jeweils drei sinnvolle Ausführungen. Die wichtigsten Ganzkörperübungen sind also:

Die klassische Ausführung ist zugleich die effektivste für das Gesamtpaket aus Muskelaufbau, Kraftaufbau und Stoffwechselbeschleunigung. Die jeweiligen Varianten können allerdings den Schwerpunkt von bestimmten Hauptmuskeln wegnehmen, sodass diese geschont werden. Das ist besonders bei hochfrequentem Training sinnvoll, wenn der Athlet merkt, dass ein Muskel noch ein wenig mehr Pause zur Regeneration benötigt.

Zu den grundlegenden Ganzkörperübungen gesellen sich noch zwei weitere nützliche Vertreter, die je nach Trainingsziel als Ergänzung hinzugezogen werden können:

  • Ausfallschritte (gut geeignet um den Trainingsschwerpunkt auf den Unterkörper zu legen)
  • Farmer’s Walk (perfekte Übung zur Stoffwechselbeschleunigung)

Wenn wir das Wort Ganzkörperübungen in seinem eigentlichen Sinne nehmen, nämlich die Beanspruchung fast aller Muskeln des Körpers, so kämen noch weitere Übungen infrage, wie zum Beispiel klassisches Drücken und Bankdrücken.

Warum habe ich diese Übungen dann bei den Drückübungen eingeordnet und nicht bei den Ganzkörperübungen? Weil der Schwerpunkt dieser Bewegungen auf der Drückmuskulatur bzw. der Oberkörpermuskulatur liegt, während der Unterkörper (Beine und Hintern), den weitaus größeren Anteil an der Gesamtmuskelmasse des Körpers stellt. Der Unterkörper bildet das Fundament und besitzt ein gigantisches Potenzial. Wer seinen Unterkörper nicht trainiert, obwohl keine gesundheitlichen Einschränkungen vorliegen, begeht einen riesigen Fehler und bringt sich selbst um den Lohn!