Massive Unterarme sind für viele Athleten ein erstrebenswertes Ziel, denn sie sehen gut aus und erhöhen zudem die Griffkraft. Von der Griffkraft profitieren wiederum alle anderen Übungen. Damit gehört die Unterarmmuskulatur wie auch die Kernmuskulatur zu den Muskeln, von denen alle anderen sehr stark profitieren können.
Doch wie trainiert man die Unterarme richtig? Wie erlangt man einen festen, stabilen Griff? Muss man dafür nur die Unterarme trainieren? Wie sieht ein idealer Trainingsplan zur Steigerung der Griffkraft und zum Aufbau von Unterarmmuskeln aus?
All diese Fragen möchte ich in diesem Artikel klären und abschließend einen sehr effektiven Trainingsplan zum Thema vorstellen.
Griffkraft trainieren
Die beste Möglichkeit, massive und starke Unterarme aufzubauen, sind wie bei allen anderen Muskeln die Grundübungen mit freien Gewichten. Es gibt einfache keine effektiveren Wege zu größeren und stärkeren Unterarmen als Kreuzheben, Langhantelrudern, Klimmzüge, Schulterdrücken, Bankdrücken und so weiter. Sie alle beanspruchen die Griffkraft enorm und wie aufmerksame Leser dieses Blogs wissen, sind Verbundübungen immer effektiver als Isolationsübungen, weil der Körper im Verbund besser funktioniert und entsprechende Synergieeffekte erzielt werden.
Dennoch kann zusätzliches Unterarmtraining sinnvoll sein, um gezielt die Griffkraft und damit auch die Fortschritte bei den Grundübungen zu verbessern. Gerade bei Kreuzheben und Klimmzügen ist der limitierende Faktor oftmals die Griffkraft und das ist ärgerlich, weil dadurch die größeren Muskeln nicht voll ausgereizt werden und das Training unter seinen Möglichkeiten bleibt.
Viele greifen dann zu Zughilfen, doch das halte ich für den falschen Weg. Schwächen sollten nicht kompensiert sondern korrigiert werden. Wer ein echter Athlet und kein Diskopumper sein will, sollte seinen Körper ausgewogen trainieren und dazu gehört auch die Griffkraft. Statt sich also mit äußeren Mitteln zu behelfen, sollte die Schwäche von innen heraus, also mit gesondertem Griffkrafttraining, behoben werden.
Griffkraft – Einflussfaktoren und Rolle der Unterarme
Zunächst soll festgehalten werden, dass die Griffkraft keineswegs nur von den Unterarmen abhängt. Zu einem festen Griff gehören ebenso die Oberarme, Schultern und Hände. Selbst Rücken und Bauch spielen hier eine Rolle. Wer so fest wie möglich zupacken will, spannt den ganzen Körper an, um das Prinzip der Übertragung auszunutzen (siehe Artikel: Wille zur Kraft – Die Zuwächse mit Konzentration und Aggressivität in kürzester Zeit maximieren).
Den limitierenden Faktor stellt allerdings oftmals die Unterarmmuskulatur dar, sodass sie in diesem Artikel die Hauptrolle erhält.
Generell enthält der Unterarm zwei Muskelgruppen: Flexoren (Beuger) und Extensoren (Strecker). Diese wiederum unterteilen sich in viele kleine Muskeln. Wichtig ist zu erkennen, dass die Unterarmmuskeln die Hände beugen, strecken und natürlich stabilisieren.
Um die Unterarme umfassend zu trainieren, sollten bei den Übungen so oft wie möglich die Griffpositionen gewechselt werden. Beispielsweise werden primär die Muskeln der Unterseite der Unterarme trainiert, wenn der Untergriff gewählt wird. Beim Obergriff wiederum wird primär die Oberseite trainiert.
Fester Griff – aber für wie lange?
Bei der Griffkraft ist nicht nur die Kraft selbst entscheidend, sondern auch der Zeitraum über den diese Kraft aufrechterhalten werden kann. Schwere Hanteln heben zu können ist die eine Sache, aber eine schwere Couch aus dem vierten Stock zum Auto zu tragen eine ganz andere. Mag sein, dass man eine wirklich schwere Couch locker heben kann, aber sie über einen gewissen Zeitraum kontrolliert zu tragen vermögen die wenigsten Kraftsportler – Muskelausdauertraining findet in vielen Trainingsplänen keinen Platz. Für die Griffkraft ist die Ausdauer aber sehr wichtig, eben weil oftmals der Griff vor den anderen Muskeln versagt. Das liegt häufig nicht daran, dass er allgemein zu schwach ist, sondern daran, dass er nicht ausdauernd genug ist. Ein guter Trainingsplan für mehr Griffkraft setzt also gleichermaßen auf Kraft- und Kraftausdauertraining.
Die besten Übungen für einen starken Griff
Zu den absoluten Klassikern gehört der Farmer’s Walk. Dabei werden einfach zwei schwere Gewichte (beispielsweise Kurzhanteln) in die Hände genommen und einige Meter gelaufen.
Eine Distanz von etwa 50 Metern ist dabei ein guter Wert für Kraft und Ausdauer.
Beim Farmer’s Walk wird der gesamte Körper, einschließlich des Herz-Kreislaufsystems gefordert (siehe auch: Der ultimative Fettkiller). Er zählt für mich absolut zu den Grundübungen und sollte in die Trainingsplanung (auch beim Muskelaufbau) so oft wie möglich einbezogen werden.
Eine weitere hervorragende Übung ist das Seilklettern. Wer die Möglichkeit hat, sollte sie so oft wie möglich nutzen. Seilklettern, idealerweise ohne Beinbeteiligung, ist eine der besten Methoden, um die Griffkraft zu trainieren. Dabei werden vor allem die Unterarme und Bizeps gefordert. Seilklettern ist übrigens in beiden Punkten dem Langhantelcurl weit überlegen.
Doch nicht nur Seilklettern, sondern Klettern allgemein ist eine tolle Aktivität zu Steigerung der Kraft und Ausdauer des Griffes. Siehe dazu: Bouldern – elegante Alternative für einen starken Rücken.
Neben den bereits genannten Bewegungen zählen auch Bizepscurls in all ihren Varianten zu den besten Übungen für eine gesteigerte Griffkraft und größere Unterarme. Wie bereits erwähnt sollten dabei alle Griffmöglichkeiten abgedeckt werden. Am weitesten verbreitet ist der Langhantelcurl im Untergriff, also mit vom Körper wegzeigenden Handflächen (in der untersten Position). Für umfassendes Wachstum sollten allerdings auch der Obergriff (reverse Langhantelcurls) sowie der neutrale Griff (Hammercurls mit Kurzhanteln) zum Einsatz kommen.
Die verschiedenen Varianten können auch am Kabelzugturm absolviert werden. Kabelzüge haben einige Vorteile, beispielsweise die Tatsache, dass die Muskeln immer komplett unter Spannung stehen, sodass sie besser ausgereizt werden können.
Zum Spannungsaufbau hilft es sich vorzustellen, die Hantelstange zu zerbrechen – das gilt für Curls ebenso wie für einige Grundübungen wie dem klassischen Drücken und Bankdrücken.
Doch zurück zu den Übungen. Wer die Unterarme noch isolieren will, ist mit Unterarmcurls gut bedient. Dabei liegen die Unterarme auf einer Bank ab und nur die Hände werden bewegt. Dies kann im Obergriff wie auch im Untergriff geschehen. (Erinnerung: Die Unterarmmuskeln dienen der Beugung, Streckung und Stabilisierung der Hände.)
Eine weitere tolle Möglichkeit ist ein Handgelenkroller. Damit können die Unterarme richtig zum brennen gebracht werden.
Zusammenfassung Unterarme und Griffkraft richtig trainieren
Wie alle Muskeln entfalten auch die Unterarme ihr volles Potenzial erst im Verbund. Unterarmcurls und Handgelenkroller sind daher Übungen, die nur für den isolierten Aufbau von Unterarmmuskeln eingesetzt werden können, für den Aufbau eines starken, stabilen Griffes allerdings eher eine untergeordnete Rolle spielen.
Wer seinen Griff sinnvoll kräftigen und zudem umfassendes Unterarmwachstum erzielen möchte, sollte Übungen wie Farmer’s Walk, Seilklettern und Klettern allgemein dem Vorzug geben. Auch der Langhantelcurl ist eine wichtige Übung für den Aufbau von Unterarmmuskeln und Griffkraft.
Beim Griffkrafttraining ist es wichtig, die Handstellung so oft wie möglich zu variieren, um die Muskeln von allen Seiten und daher gleichmäßig zu trainieren.
Der Trainingsplan für mehr Griffkraft
Nachdem ich nun die Übungsmöglichkeiten vorgestellt habe, möchte ich noch aufzeigen, wie sie sinnvoll in einen Trainingsplan eingebettet werden sollten. Viele Athleten kennen bereits das Weider Prioritätsprinzip. Dabei werden jene Muskeln zuerst trainiert, auf denen die größte Priorität liegt. Wer beispielsweise die Brust betonen möchte, sollte sie als erstes im Workout trainieren.
Dieses Prinzip gilt definitiv nicht für das Unterarm- und Griffkrafttraining, denn alle Übungen fordern die Griffmuskulatur. Wer diese bereits zum Anfang des Workouts stark erschöpft, kann bei den darauf folgenden Grundübungen nur noch deutlich leichtere Gewichte bewegen. Ein Trainingsplan sollte (aus meiner Sicht immer) so strukturiert werden, dass die Übungen, welche am meisten Muskeln beansprucht, stets als erstes absolviert werden.
Das Grifftraining sollte an das Ende des Workouts gelegt werden. Der folgende Ganzkörpertrainingsplan realisiert diese Reihenfolge bereits.
Woche | Montag | Dienstag | Mittwoch | Donnerstag | Freitag | Samstag | Sonntag |
A | Workout A | Pause | Workout B | Pause | Workout C | Klettern | Pause |
B | Workout D | Pause | Workout E | Pause | Workout F | Klettern | Pause |
Das Training wird wie bei Ganzkörperplänen üblich in Woche A und B unterteilt. Diese beiden Wochen wechseln sich stets ab. Der Plan kann für 8-12 Wochen durchgeführt werden, ehe eine Woche pausiert werden sollte.
Workout A
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Kniebeugen | 5 | 5 | Variabel |
Klassisches Drücken | 5 | 5 | Variabel |
Vorgebeugtes Langhantelrudern | 5 | 5 | Variabel |
Farmer’s Walk | 5 | 50 Meter | 1 Minute |
Unterarmcurls im Obergriff ODER Handgelenkroller | 3 | 15-25 | 1 Minute |
Das Trainingsprinzip der Grundübungen ist das 5×5-System von Bill Starr. Dabei wird das Gewicht mit jedem Satz um 5-10 kg gesteigert, bis schlussendlich im fünften und letzten Satz einer Übung das Maximalgewicht für 5 Wiederholungen erreicht ist. Die Pausenzeit wird variabel gestaltet, weil die sich Gewichte verändern. Nach dem ersten Satz wird deutlich weniger Pausenzeit benötigt als nach dem vierten Satz. Daher sollte sich die Pausenzeit ebenso wie das Trainingsgewicht vergrößern. Nach dem vierten Satz schlage ich eine Pausenzeit von etwa 4 Minuten vor. Du solltest Dich dabei danach richten, wann Du Dich bereit für den nächsten Satz fühlst – vertraue Deiner Intuition.
Workout B
Übung | Gesamtwdh | Clustergröße | Pause |
Kreuzheben | 12-25 | 2-5 | 10-30 Sekunden |
Dips | 12-25 | 2-5 | 10-30 Sekunden |
Klimmzüge | 12-25 | 2-5 | 10-30 Sekunden |
Langhantelcurls (Untergriff) | 15-25 | 3-5 | 10-20 Sekunden |
Langhantelcurl (Obergriff) | 15-25 | 3-5 | 10-20 Sekunden |
Zum Einsatz kommt hier das Clustertraining. Die Clustergröße entspricht der Wiederholungszahl pro Cluster, die Gesamtwiederholungszahl den insgesamt nach allen Clustern absolvierten Wiederholungen und die Pause der Zeit zwischen den einzelnen Clustern. Erklärt habe ich dieses Prinzip bereit im Artikel „Wille zur Kraft – Die Zuwächse mit Konzentration und Aggressivität in kürzester Zeit maximieren“.
Das Clustertraining ermöglicht mehr Variation und eine optimale Wachstumsreizsetzung, weil die Vorgehensweise dabei intuitiv ist. Du kannst von Einheit zu Einheit und Übung zu Übung mit der Gesamtwiederholungszahl, Clustergröße, Pausenzeit, Clusterzahl und dem Gewicht spielen, solange du in den angegebenen Intervallen des Workouts B bleibst. Dadurch wird der Athlet in die Lage versetzt, das optimale Workout aus seiner jeweiligen Verfassung zu holen. Fühl er sich wie ein junger Gott, bereit Bäume auszureißen, so kann er ein sehr schweres Gewicht wählen und weniger Gesamtwiederholungen absolvieren. Ist es hingegen nicht sein Tag, fühl er sich eher müde und demotiviert, so empfiehlt sich die Wahl eines leichteren Gewichtes und einer größeren Gesamtwiederholungszahl.
Workout C
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Frontkniebeugen | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Liegestütze ODER Bankdrücken | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
T-Bar Rudern | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Hammercurls ODER Seilklettern | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Dieses Workout sollt die Muskeln ordentlich durchbluten ohne das ZNS zu erschöpfen. Es fördert die Ergebnisse der vorangegangen Workouts und verbessert die Regeneration.
Workout D
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Kreuzheben | 5 | 5 | Variabel |
Dips | 5 | 5 | Variabel |
Klimmzüge | 5 | 5 | Variabel |
Farmer’s Walk | 5 | 50 Meter | 1 Minute |
Unterarmcurls im Obergriff ODER Handgelenkroller | 3 | 15-25 | 1 Minute |
Workout E
Übung | Gesamtwdh. | Clustergröße | Pause |
Kniebeugen | 12-25 | 2-5 | 10-30 Sekunden |
Liegestütze ODER Bankdrücken | 12-25 | 2-5 | 10-30 Sekunden |
T-Bar Rudern | 12-25 | 2-5 | 10-30 Sekunden |
Langhantelcurls (Untergriff) | 15-25 | 3-5 | 10-20 Sekunden |
Langhantelcurl (Obergriff) | 15-25 | 3-5 | 10-20 Sekunden |
Workout F
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Sumo-Kreuzheben | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Klassisches Drücken | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Vorgebeugtes Langhantelrudern | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Hammercurls ODER Seilklettern | 4 | 12-15 | 30-60 Sekunden |
Anmerkungen
Dieser Plan ist darauf ausgelegt, den mechanischen Stress, also die Gewichtsbelastung, im Verlaufe der Woche zu reduzieren und gleichsam den metabolischen Stress, also die Stoffwechselbelastung, zu erhöhen. Dadurch wird eine optimale Wachstumsreizsetzung erzielt und das ZNS, welches bei hohem mechanischem Stress stärker belastet wird, fit gehalten.
Es enthält zudem durch die Einteilung in Woche A und B viel Variation, welche eine Anpassung des Körpers verhindert.
Um tatsächlich Fortschritte zu erzielen, musst Du die Gewichte möglichst häufig erhöhen. Ohne Progression kann es kein Wachstum geben.
Ein ganz wichtiger Punkt ist der Abbruch des Satzes. Ich persönlich halte nichts vom Muskelversagen, sodass dieses hier vermieden werden sollte. Ein Satz sollte immer beim Koordinationsversagen, also wenn keine weitere saubere Wiederholung mehr möglich ist, abgebrochen werden.
Dieser Trainingsplan wird Deine Griffkraft und Unterarmmuskulatur enorm wachsen lassen, gleichzeitig aber auch alle anderen Muskeln zum Wachstum anregen. Ein guter Plan lässt Muskeln niemals isoliert wachsen, sondern betrachtet immer das große Ganze. Dieser Plan hilft dabei, Muskelmasse am ganzen Körper aufzubauen, die Gewichte bei allen Grundübungen zu steigern und zudem einen festen, funktionalen (also auch ausdauernden) Griff zu erlangen.
(Bild 1: By Erasistratus1 (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons)
(Bild 2: By OpenStax College [CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons)