Kreuzheben ist eine der fundamentalsten Kraftübungen, die viel Trainingspotential für den Unterkörper, für den Rücken und auch für deinen Griff bietet.

Bei schweren Langhantel-Übungen mit freien Gewichten steigt mit dem Nutzen aber auch das Gefahrenpotential – wenn die Übung falsch ausgeführt wird.

Das Kreuzheben an sich ist eine sichere und vollkommen natürliche Bewegung – sofern du sie denn richtig ausführst. Die vollständige Technik des Kreuzhebens sollte dir bekannt sein.

In diesem Artikel geht es um ein ganz spezielles und entscheidendes Element der Technik, nämlich um den Griff: Wie greift man die Stange beim Kreuzheben richtig?

Viele Athleten nutzen den sogenannten Wechselgriff. Ist das also der richtige Griff? In bestimmten Situationen kann er hilfreich sein, für die meisten Athleten sollte er jedoch aus sehr guten Gründen nicht der bevorzugte Griff sein.

Kreuzheben im Wechselgriff – meist falsch verstanden

Beim Wechselgriff, auch alternierender Griff genannt, greift die eine Hand im Ober- die andere im Untergriff (siehe Bild). Das bedeutet: Auf der einen Seite zeigt die Handfläche zu dir (Obergriff) und auf der anderen von dir weg (Untergriff).

Der Grund für die Beliebtheit dieses Griffs liegt darin, dass er die Hantel effektiv stabilisiert. Wenn die Hantel aus der einen Hand herausrollt, rollt sie quasi in die andere Hand hinein – wodurch sie sich in einer stabilen, festen Position befindet.

Das ist vor allem dann entscheidend, wenn die Griffkraft zum limitierenden Faktor beim Kreuzheben wird.

Das ist der entscheidende Punkt. Viele Athleten nutzen den Wechselgriff, weil man es ihnen so beigebracht hat – obwohl gar nicht die Notwendigkeit dafür besteht! Der Wechselgriff ist für sehr schwere Gewichte gedacht und damit vor allem im Bereich von Maximalkraftversuchen ein Hilfsmittel, um die Hantel noch halten zu können.

Er ist nicht für das alltägliche Training gedacht! Mache dir diese zwei Dinge bewusst:

  • Kreuzheben ist eine tolle Übung, um deine Griffkraft zu trainieren und damit auch andere Übungen zu bereichern.
  • Der Wechselgriff ist dafür gedacht, den Griff zu stabilisieren, wenn die Griffkraft zum limitierenden Faktor geworden ist – falsch eingesetzt führt er erst dazu, dass die Griffkraft (auch bei anderen Übungen) zum limitierenden Faktor wird.

Das bedeutet:

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Erst wenn du bei hohen Trainingsgewichten (frühestens ab dem dreistelligen Bereich, besser erst bei 150 kg und aufwärts) angelangt bist, können Techniken zur Griffstabilisierung sinnvoll eingesetzt werden. 

Sonst schaffst du dir Schwachpunkte, die dich früher oder später einholen.

Die asymmetrische Schulterbelastung

Das Problem beim Wechselgriff ist jedoch nicht nur, dass ein verfrühter Einsatz deine Griffkraft relativ zu anderen Muskelgruppen schwächt. Sondern er stellt auch eine asymmetrische Belastung der Schulter dar.

Wenn der eine Arm einwärts gedreht (proniert) und der andere Arm auswärts gedreht (supiniert) ist, hast du in der einen Schulter zunächst eine Innenrotation und in der anderen eine Außenrotation.

Diese asymmetrische Belastung kann mit der Zeit zu Haltungsproblemen führen und auch die Aktivierung und Einbeziehung der Rückenmuskeln (vor allem des Latissimus) in das Kreuzheben behindern.

Zumindest dem Teil mit der ungleichmäßigen Entwicklung könnte man zwar theoretisch damit begegnen, dass man den Griff von Satz zu Satz wechselt, also mal die linke Hand im Obergriff und mal im Untergriff (umgekehrt genauso mit der rechten Hand) einsetzt.

In der Praxis fühlt sich das jedoch meist nicht gut an. Jeder hat eine starke Seite, eine bevorzugte Wechselgriffstellung, in der man stärker ist. Der ständige Griffwechsel kann das Gefühl für die Bewegung und die Muskelkontraktion stören und damit das Leistungspotential schwächen.

Ein weiteres Problem lässt sich jedoch nicht so einfach beseitigen:

Der Wechselgriff behindert deine Fähigkeit, die Arme in den Schultergelenken zu verschrauben.

Ein fester und vor allem gesunder Griff zeichnet sich durch die sogenannte External Rotation aus. Lass‘ uns das einmal direkt ausprobieren:

Greife die Langhantel (oder einen Besenstil) mit beiden Händen im Obergriff (Handflächen zeigen zu dir). Während der Griff genau so bleibt, drehe jetzt den rechten Arm im Uhrzeigersinn und den linken Arm dagegen. Spürst du, wie sich der Griff verfestigt, wie stabil diese Haltung in der Schulter ist? Das ist das Erzeugen von Drehmoment, das Erzeugen einer Außenrotation (External Rotation) in der Schulter.
Drehe nun den linken Arm im Uhrzeigersinn und den rechten dagegen. Du solltest sofort spüren, wie der Griff gelockert wird und die Schultern zu kollabieren beginnen. 

Das Verschrauben der Arme bringt meist sofortige Kraftzuwächse beim Kreuzheben. Wenn du jedoch den Wechselgriff anwendest, wirst du in der Seite des Untergriffes niemals ein vergleichbar großes Drehmoment erzeugen können, weshalb diese Seite wesentlich anfälliger für Verletzungen ist.

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Schließlich ermöglicht der Wechselgriff keinen „Skill-Transfer“ zu anderen Übungen. Er ist eine Sackgasse, denn bei keiner anderen Übung würdest du das Gewicht mit dieser Handstellung greifen – er ist exklusiv dem Kreuzheben vorbehalten.

Der richtige Griff beim Kreuzheben

Den richtigen Kreuzheben Griff hast du soeben schon ausprobiert: Es ist der Obergriff.

Beide Handflächen zeigen also zu dir und – das ist der wichtige Teil – die Arme werden in der Schulter nach außen verschraubt:

Das ist ein stabiler Griff, der Rücken und Schulter symmetrisch belastet – die gesündeste Art und Weise, eine Hantel zu heben.

Diesen Griff solltest du zumindest die meiste Zeit über in deinem Training verwenden. Auf diese Weise stärkst du neben dem Rücken und den Beinen auch deine Griffkraft enorm und ermöglichst einen Skill-Transfer zu anderen Übungen, beispielsweise Power Cleans, Snatches (Reißen), Clean & Jerks (Stoßen) aber auch zum Klimmzug.

Das ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt, denn auf diese Weise können sich Grundübungen gegenseitig fördern und Synergieeffekte erzeugen.

Wenn es dir wie den meisten Menschen, die Gewichte heben, geht, dann willst du einfach nur fitter, schlanker und ein wenig muskulöser werden – und bist dabei mit dem Obergriff beim Kreuzheben dauerhaft bestens bedient.

Für diejenigen jedoch, die sehr viel Kraft aufbauen wollen, stößt der Obergriff irgendwann auf seine Grenzen (weshalb sich der Wechselgriff überhaupt erst etablieren konnte – ein weiteres Beispiel dafür, wie Techniken für sehr weit fortgeschrittene Athleten falsch bzw. zu Unrecht auf die breite Masse übertragen werden).

Praxistipp
Häufig ist ein schwacher Griff gar nicht auf mangelnde Griffkraft, sondern schlicht auf Schweiß zurückzuführen.

Um einen festen Griff zu haben, müssen deine Hände trocken sein. Hierfür kann Chalk (Kreide) sehr nützlich sein.

Zwar solltest du auch dann noch größtenteils mit dem Obergriff trainieren (zum Beispiel auch die Aufwärmsätze damit absolvieren), kannst aber bei besonders schweren Sätzen auf weitere Techniken zurückgreifen, um an deine Leistungsgrenze gehen zu können.

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Der Wechselgriff ist hier zwar auch eine Möglichkeit, die von einigen Powerliftern genutzt wird. Doch wegen der genannten Probleme hat sich mittlerweile ein weiterer Griff etabliert: Der Hook Grip.

Für besonders schwere Trainingssätze und fortgeschrittene Athleten – der Hook Grip

Beim sogenannten Hakengriff wird der Daumen nicht auf, sondern unter den Fingern platziert – von ihnen also eingeschlossen:

Durch diese Technik erlangst du einen festeren Griff und kannst damit die Hantel auch bei sehr schweren Gewichten noch halten.

Natürlich ist das für den Daumen vor allem am Anfang schmerzhaft, doch daran gewöhnt man sich nach einigen Wochen.

Entscheidend ist hierbei nochmals, dass der Hook Grip kein „Alltagsgriff“ beim Kreuzheben ist, sondern wirklich nur an den passenden Stellen eingesetzt wird (wie es auch beim Wechselgriff getan werden sollte, falls du diesen bevorzugst).

Zughilfen beim Kreuzheben

Eine andere Möglichkeit, den Griff als limitierenden Faktor für Maximalkraftversuche zu beseitigen, besteht darin, Zughilfen zu verwenden.

Sofern du nicht an Wettkämpfen teilnimmst, wo solche Hilfsmittel verboten sind, haben Zughilfen bei schweren Kreuzheben-Sätzen durchaus ihre Legitimation.

Wie beim Hook Grip gilt aber auch hier: Einsatz nur in Ausnahmefällen. Gewöhnliche Trainingssätze sollten weiterhin mit dem normalen Obergriff absolviert werden, um deine Griffkraft zu stärken.

Häufig werden Zughilfen viel zu früh  und zu oft eingesetzt. Das Ergebnis: Aus einer Schwäche wird eine noch größere Schwäche.

Denk immer daran:

Solche Techniken und Hilfsmittel sollen limitierende Faktoren in bestimmten Situationen beseitigen und nicht limitierende Faktoren erschaffen.

Wenn dir das Kreuzheben allein zur Steigerung deiner Griffkraft nicht reicht, kannst du ergänzendes Griffkraft-Training absolvieren und damit deinen Schwachpunkt beseitigen.

(Bildquelle Fotolia.com: © baranq, © luckyguy123)