„Muskeln benötigen wenigstens 48 Stunden zur Regeneration!“
Um ehrlich zu sein wird mir mittlerweile richtig schlecht, wenn ich diesen oft zitierten Satz höre. Wie viele Menschen trainieren weit unter Ihrem Limit, nur weil sie von allen Seiten die Angst vorm Übertraining eingebläut bekommen? Sogar vermeintliche Experten wie Trainer und Wissenschaftler glauben daran. Dabei liegt wenig in der Welt des Kraftsports weiter entfernt von der Realität als diese unsinnige Behauptung.
Gehen wir einmal kurz logisch an die Sache heran. Wenn man 10 Sätze a 10 Wiederholungen Kniebeugen mit maximaler Intensität gefolgt von ebenso viel Kreuzheben, Bankdrücken und Rudern absolviert, wie lange benötigt man dann zur Erholung? Und wie lange benötigt der Körper nach dem 2 minütigen Tragen eines Bierkastens? Jeder kennt die Antwort: Das intensive Training erfordert eine wesentlich längere Erholungszeit. Es liegt also eindeutig auf der Hand, dass die Regenerationszeit von der Belastungsstärke abhängt. Wie kommen wir dann zu der universellen Aussage, Muskeln bräuchten wenigsten 48 Stunden?
Zunehmende Regenerationszeit?!
Ein weiteres Problem ist der weit verbreitete Irrglaube, die Regenerationsphasen müssten mit zunehmender Trainingserfahrung länger werden. Viele trainieren die einzelnen Muskeln sogar nur noch ein einziges Mal pro Woche. Warum? Das liegt an einer extreme Volumen- und/oder Intensitätserhöhung. Das Zentralnervensystem wird immer stärker überlastet und so verlängern sich natürlich auch die Erholungszeiten. Diese Vorgehensweise gilt bei vielen als unantastbar – vollkommen zu Unrecht! Ich halte diese Strategie sogar für überholt. Alles, was nicht langfristig funktioniert, sollte früher oder später Platz für nachhaltigere Methoden machen. Die modernen Volumen- und Intensitätssysteme erfordern alle 2-3 Monate eine Pausenwoche, in der sich unser Zentralnervensystem erholen soll. In der Regel wird diese in die Periodisierungsformen einbezogen. Doch bereits hier sollten bei uns schon die Alarmglocken schrillen. Ist das wirklich gesund? Sicher, solange wir jung sind können wir das eine Weile lang durchziehen. Zwar plagen uns immer mal wieder Verletzungen, doch im Großen und Ganzen geht es vorwärts. Bis ins hohe Alter können so allerdings die Wenigsten vorgehen. Zudem kommt, dass derartige Methoden für viele auch wenig Erfolg bringen. Wer nicht gerade mit ausgezeichneten Genen gesegnet ist, erzielt häufig nur schleichende Fortschritte.
Das liegt zum Teil auch in der Starrheit der Vorgehensweise begründet. Lineare Periodisierungen machen in einem nicht-linearen Leben (und das hat jeder Mensch) wenig Sinn und dennoch werden sie von vielen hoch gelobt. Für manche funktioniert diese Vorgehensweise auch einwandfrei und ich kann verstehen, dass sich wenige von einem funktionierenden System abwenden wollen. Doch zumindest für alle anderen wird es Zeit für einen Umschwung. Es gibt eine Alternative, die ich Ihnen in Teil II vorstellen möchte.
(Foto: Marco Barnebeck / pixelio.de)