Früher oder später kommt jeder Mann einmal in Berührung mit dem Gewichtstraining. Glücklicherweise entdecken auch immer mehr Frauen diese großartige Möglichkeit Körper und Geist weiterzuentwickeln. Leider wird die anfängliche Euphorie durch haltlose Versprechungen von Hochglanzmagazinen häufig zerstört, wenn die erwarteten Erfolge nicht eintreten. Lesen Sie Sätze wie „6 kg Muskeln in 6 Wochen“ oder „Stahlhartes Sixpack in 4 Wochen“, dann haben Sie es mit einer verlogenen Werbemasche zu tun. Zunächst einmal sind diese Aussagen in der Regel maßlos übertrieben. Die meisten Menschen mit nicht-olympischen Genen können froh sein 6 kg Muskeln in 6 Monaten aufzubauen. Mit dem richtigen Trainingssystem, einer perfekten Ernährung und unglaublichen Disziplin lassen sich zwar durchaus auch größere Fortschritte erreichen, aber selten mit den eindimensionalen Systemen in Magazinen und schon gar nicht als Anfänger.
Hier liegt nämlich ein schwerwiegendes Problem vor. Einsteiger gehen oft hochmotiviert ins Studio und geben alles, um schnell großes Wachstum auszulösen. Allerdings führt diese Vorgehensweise nur zu Verletzungen, worauf häufig die Aufgabe folgt. Die Muskeln benötigen einige Wochen (wenigstens 3-4), um sich an die neue Belastung zu gewöhnen. Deutlich länger benötigen Sehen, Bänder und Gelenke, sprich der passive Bewegungsapparat. Sie sollten hierfür mindestens 2-3 Monate einplanen. In dieser Zeit bietet sich ein progressives Ganzkörpertraining, mit relativ wenig Gewicht an. Danach können Sie die Intensität ihrer Workouts langsam erhöhen, bis Sie sich dann an die wirklich intensiven heran wagen.
Wie könnte jetzt also so ein Einsteigerworkout aussehen?
Für den Anfang beschränken wir uns ausschließlich auf Mehrgelenksübungen (bei der Bewegung sind mehrere Gelenke involviert) mit freien Gewichten. Diese trainieren hervorragend die Koordination und belasten Ihren passiven und aktiven Bewegungsapparat mit natürlichen Bewegungsmustern. Gute Übungen sind Kniebeugen, Kreuzheben, Bankdrücken, Dips, olympisches Drücken, Klimmzüge, vorgebeugtes Langhantelrudern, Beinheben/Knieheben und Bauch-Rollout.
Eine saubere Ausführung dieser Übungen ist absolut wesentlich für den Trainingserfolg. Einerseits trainieren Sie damit effektiver, andererseits sinkt die Verletzungsgefahr drastisch. Viele Verletzungen sind Folgen einer fahrlässigen Technik. Fälschlicherweise wird dann die Schuld den Übungen und nicht dem Übenden zugewiesen. Daher lernen Sie lieber gleich von Beginn an die richtige Technik.
Zunächst sollten Sie Sätze mit relativen vielen Wiederholungen (15-25) absolvieren. Diese können Sie im Verlaufe des Einsteigertrainings reduzieren und dafür mehr Gewicht auflegen. Der folgende Basis-Plan ist auf 3 Monate ausgelegt, Sie können ihn aber auch länger absolvieren, sollten Sie sich noch nicht für eine höhere Intensität / ein höheres Volumen bereit fühlen. Jeder Mensch ist verschieden und daher benötigt auch jeder unterschiedlich lange Zeit zur Anpassung an Gewichtstraining. Lassen Sie Ihr Ego außen vor und hören Sie auf Ihren Körper.
Woche 1-4
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Kniebeugen | 3 | 15-25 | 90 sek |
Kreuzheben | 3 | 15-25 | 90 sek |
Bankdrücken | 3 | 15-25 | 90 sek |
Vorgebeugtes Rudern | 3 | 15-25 | 90 sek |
Knieheben | 3 | Svwm* | 90 sek |
*So viele wie möglich
Absolvieren Sie dieses Workout an zwei Tagen in der Woche, lassen Sie zwischen den Einheiten mindestens 72h Pause.
Woche 5-12
Nun werden Sie an drei Tagen trainieren. Zwischen den Einheiten sollten mindestens 48h Pause liegen. Wechseln Sie beide Workouts ab.
Workout A
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Kniebeuge | 3 | 12-15 | 90 sek |
Bankdrücken | 3 | 12-15 | 90 sek |
Vorgebeugtes Langhantelrudern | 3 | 12-15 | 90 sek |
Olympisches Drücken |
3 | 12-15 | 90 sek |
Bauch-Rollout | 3 | Svwm | 90 sek |
Workout B
Übung | Sätze | Wiederholungen | Pause |
Kreuzheben | 3 | 12-15 | 90 sek |
Dips | 3 | 12-15* | 90 sek |
Klimmzüge | 3 | 12-15* | 90 sek |
Beinheben | 3 | Svwm | 90 sek |
* Nehmen Sie eine assistierende Klimmzugmaschine oder ein Gymnastikband, auf dem Sie die Beine ablegen, wenn sie sonst nicht genügend Wiederholungen schaffen würden
Selbstverständlich können Sie währenddessen auch andere Sportarten betreiben. Joggen, Basketball, Fussball, Badminton, Karate – alles kein Problem. Übertreiben Sie es nur nicht. Wenn Sie müde und lustlos sind, dann haben Sie sich zu viel zugemutet und sollten eine Pause einlegen.
Stellen Sie auch unbedingt Ihre Ernährung um. Dazu müssen Sie nicht tausende, unnötig komplizierte Regeln beachten. Lesen Sie hierfür einfach den Artikel Smarte Ernährungsoptimierung Teil I und setzen Sie die dort vorgestellten simplen Regeln konsequent um.
Nochmal zur Technik
Ich habe weiter oben schon die Notwendigkeit einer korrekten Übungsausführung betont. Doch wie sieht diese nun aus? Vor kurzem habe ich dazu schon mehrere Artikel mit Anleitungen zu den Basisübungen mit Ihren Variationen geschrieben:
Bankdrücken (olympisches Drücken, Dips)
Klimmzüge (vorbeugtes Langhantelrudern)
Kniebeuge (Frontkniebeuge, Überkopfkniebeuge)
Kreuzheben (Kreuzheben mit fast gestreckten Beinen, Sumo-Kreuzheben)
Es ist wichtig, zu Anfang nicht zu viele Übungen einzubeziehen. Unser Zenztralnervensystem muss sich zuallererst an die saubere Technik der einzelnen Basisübungen gewöhnen. Man sollte es nicht gleich mit unzähligen Bewegungen bombardieren, da es sonst zu stark belastet und die Zeit zum Erlernen der korrekten Ausführung drastisch verlängert wird. Daher lassen Sie die Variationen der Grundübungen zunächst noch außen vor. Später sollten Sie diese dann unbedingt in Ihr Workout einbeziehen.
Zeit zu beginnen
Mit diesem sauberen Einstieg ins Training legen Sie den Grundstein für Ihr neues widerstandsorientiertes Leben. Mit Sicherheit werden Sie oft genug Zweifel haben. Gemütsschwankungen, Massenträgheit, Krankheiten und Verletzungen stellen den Willen auf harte Proben. Bleiben Sie unbedingt bei der Stange! Ich habe schon von vielen gehört, sie wollen unbedingt (wieder) mit dem Sport anfangen und bereuen ihre Inaktivität, aber noch nie von jemanden, der es bereut hat, konsequent den Weg des Widerstandes gegangen zu sein.
Foto: By Brisbane City Council (Hibiscus Sports Complex gym Uploaded by russavia) [CC-BY-2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons
Ich habe nach 15 Jahren ohne Sport nun meinen inneren Schweinehund hinter mir gelassen und trainiere mittlerweile seit einem Jahr regelmäßig. Seit zwei Monaten dient mir der Adonis-Guides als Basis dafür.
Leider knacken fast alle meiner Gelenke, jedoch ohne Schmerzen, z.B. beide Schultergelenke und ich frage mich nun, ob diese nur „eingerostet sind und sich durch weiteres Training und vor allem Dehnungsübungen das Knacken eliminieren lässt? In den üblichen Foren findet man widersprüchliche Meinungen.
Somit würde ich mich über eine Rückmeldung oder vielleicht auch einen Blogeintrag zu diesem Thema sehr freuen.
Hi Markus,
super, dass Du schon seit einiger Zeit wieder regelmäßig dabei bist!
Nach einer solch langen Zeit ohne Sport ist es leider tatsächlich so, dass es einige Anpassungserscheinungen gibt. Je nachdem, wie wir unser Leben gestalten, passt sich der Körper daran an. Wer über längere Zeit hinweg häufig sitzt und sich wenig bewegt, bringt beim Bewegungsapparat einiges durcheinander. Ich habe mir das Thema mal notiert, allerdings wird es dazu von mir höchstwahrscheinlich nur einen allgemeinen Artikel geben, um auf gewisse Problematiken aufmerksam zu machen.
Das Problem ist nämlich, das es für körperliche Beschwerden dieser Art viele Ursachen geben kann und eine Ferndiagnose somit nicht immer richtig und zielführend sein muss. Da ist es meiner Meinung nach definitiv besser, sich in die Behandlung eines guten Physios zu begeben – damit spart man einiges an Zeit und Nerven. Selbiges würde ich auch Dir ans Herz legen.
Dein Problem könnte zu gewissen Teilen an einer falschen Übungsausführung oder auch an einem mangelhaften Warmup liegen. Aber höchstwahrscheinlich liegen hier auch einige Einschränkungen im Bewegungsapparat wie Gelenkfehlstellungen, Verkürzungen, Verhärtungen etc. vor. Ein Beispiel: Wenn jemand häufig sitzt, führt dies zu einer Verkürzung der Hüftbeuger und es kann zudem passieren, dass der Oberschenkelknochen seine Position in der Gelenkkapsel etwas nach vorne verlagert. Dadurch kann es beispielsweise bei der Kniebeuge oder beim Kreuzheben passieren, dass der Kopf des Oberschenkelknochens an den Rand der Gelenkpfanne der Hüfte stößt. Ähnliches kann natürlich auch im Schulterbereich der Fall sein. „Bandgeführte Distraktionen“ können dabei helfen, die Gelenkstellung zu optimieren. Das Widerstandsband zieht die beteiligten Strukturen dabei quasi auseinander und ermöglicht es dem Oberschenkelknochen (in diesem Beispiel) wieder in die Mitte der Gelenkkapsel gelagert zu werden. Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Wie gesagt, Du ersparst Dir denke ich einiges an Zeit und Mühe, wenn Du einen guten Physio aufsuchst. Der kann Dir genau erklären, was zu tun ist, um den Bewegungsapparat wieder in Schuss zu bringen und „reibungslose“ Bewegungsabläufe zu ermöglichen.
Darüber hinaus ist es wichtig, dass Du nicht nur regelmäßig trainierst, sondern auch einen entsprechend aktiven Lebensstil mit möglichst viel Bewegung und sauberen Haltungen führst. Das hilft, die Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparats wiederherzustellen und solchen Komplikationen in Zukunft präventiv zu begegnen. Krafttraining ist ein ganz hervorragendes Werkzeug für die Entwicklung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Aber nur unter der Bedingung, dass der Bewegungsapparat gesund ist und die Übungen sauber ausgeführt werden. Wenn ein stark eingeschränkter Bewegungsapparat auf schwere Gewichte trifft, kann das auf Dauer nicht gut gehen. Deshalb ist es wichtig, einen dazu passenden Lebensstil zu führen und schon vorhandene Probleme unter professioneller Anleitung gezielt zu beseitigen.
Ich hoffe Dir einigermaßen weitergeholfen zu haben :)
Schöne Grüße
Philipp