Überzeugte Eisenathleten finden vor allem an der Bewältigung schwerer Widerstände, dem Stemmen hoher Gewichte gefallen. Sie lieben es eine vollbepackte Hantel zu bewegen, sämtliche Muskeln anzuspannen, die Kontraktion und den Pump zu fühlen. Sie lieben das Zittern erschöpfter Arme und das spezielle Gefühl am Ende eines Workouts, das irgendwo zwischen Erschöpfung, Schmerz, Stolz und Freude liegt. Kraftsportler und Bodybuilder mögen darüber hinaus Muskeln – definierte, harte, symmetrische Muskeln. Sie finden gefallen daran ihren Körper zu kontrollieren und nach eigenen Wünschen zu formen.

Ausdauersportler hingegen haben andere Prioritäten. Sicherlich wissen sie einen schlanken Körper zu schätzen, aber ihnen geht es vor allem darum, einen körperlichen Ausgleich zum Alltag zu bekommen. Sie nutzen lange Trainingseinheiten mit niedriger Intensität, um den Kopf frei zu bekommen und einfach den Augenblick zu genießen. Für viele Ausdauerathleten ist ihr Sport eine Form der Meditation. Sie genießen die Natur, die Freiheit, die Unabhängigkeit von Zeit und Terminen und die Verbindung einer körperlichen Aktivität mit dem Schaffen von geistiger Klarheit und Ordnung. Darüber hinaus wollen sie eine solide körperliche Basis für ihren kräftezehrenden Alltag schaffen. Sie trainieren ihre Ausdauer, um im Leben durchzuhalten. Mehr noch, um es zu gestalten und in vollen Zügen zu genießen.

Seit jeher trennt sich die Fitnessaspektsswelt in diese zwei Lager. In Ausdauer- und in Kraftathleten. Sicherlich kam in jüngerer Vergangenheit, unter anderem befeuert durch den Vormarsch des Crossfit, auch ein gemischtes Lager zustande. Nichtsdestotrotz hängen viele Athleten noch immer im Entweder-Oder-Gedankenmuster fest. Daran ist auch grundsätzlich nichts verwerflich, schließlich sollte jeder Mensch seinen Überzeugungen folgen und das tun, was er auch wirklich tun will. Dennoch gibt es eine Reihe von Vorteilen, die sich ergeben, wenn beide Trainingsarten kombiniert werden. In der Literatur wird dies meiner Meinung nach noch nicht stark genug berücksichtigt, denn auch hier findet man eher entweder Kraft- oder Ausdauertrainingsbücher. Mit der folgenden Artikelserie möchte ich auf diesem Bereich ein wenig Aufklärungsarbeit leisten und dir zeigen, warum die Kombination von Kraft- und Ausdauertraining sinnvoll ist, wie eine solche Kombination in Form eines Trainingsplanes aussehen und wie diese in einen passenden Lebensstil mit angepasster Ernährung eingebettet werden kann. Beginnen wir in diesem Artikel mit den Vor- und Nachteilen des Krafttrainings.

Die Vorteile des Krafttrainings

Der Hauptgrund für das Betreiben von Krafttraining ist für viele Menschen sicherlich die Ästhetik. Ohne Krafttraining oder einer ähnlichen physischen Aktivität ist es nicht möglich, signifikant an Muskelmasse zuzulegen. Dein Körper besitzt bereits die Muskelmasse, die für dein alltägliches Leben notwendig ist. Um zusätzlich Muskelmasse aufbauen zu können, musst Du demzufolge neue, spezielle Reize setzen.

Ausdauersportarten sind zum Aufbau von Muskelmasse ungeeignet. Das hat einen einfachen Grund, denn langanhaltende Belastungen fordern die kleinen langsam-zuckenden Muskelfasern (ST-Fasern). Die großen schnell-zuckenden Fasern (FT-Fasern) hingegen werden nur bei intensiven, kurzzeitigen Belastungen beansprucht. Es gibt in der Praxis zwar noch weitere Fasern und Hybridformen, aber letztlich führt kein Weg an schweren Widerständen vorbei, um wirklich sichtbare Muskelmasse aufzubauen.

Die positiven Effekte des Muskelaufbaus

Zusätzliche Muskelmasse sieht aber nicht nur toll aus (wobei das sicherlich Geschmacksache ist), sondern führt auch zu einer ganzen Reihe von positiven Effekten. Beispielsweise ist Muskelmasse aktives Gewebe, das auch im Ruhezustand wesentlich mehr Energie verbraucht als Fett. Das heißt Muskelmasse erhöht deinen Energieverbrauch und fördert dadurch den Fettabbau sowie den Erhalt einer schlanken Figur.

Wer jetzt glaubt, er müsste nur ein bisschen Muskelmasse aufbauen und würde dann durch den erhöhten Energieverbrauch automatisch schlank werden, irrt sich allerdings, denn mal abgesehen davon, dass der zusätzliche Energieverbrauch durch ein Mehr an Muskelmasse ohnehin nicht gigantisch ist, verlangen Muskeln nach Treibstoff, sodass automatisch auch mehr Nahrung konsumiert werden muss. Wer dann nicht auf seine Ernährung achtet und sich nur von Junk-Food ernährt, nimmt eher noch an Fett zu. Schlechte Ernährungsgewohnheiten werden durch zusätzliche Muskelmasse also nur unzureichend kompensiert. Nichtsdestotrotz ist zusätzliche Muskelmasse eine sehr gute Hilfe, um eine gute, schlanke Figur zu bekommen und vor allem zu erhalten. Einen wirklich harten, definierten Body bekommt man letztlich mithilfe progressiven Widerstandstrainings und nicht durch blankes Ausdauertraining.

Darüber hinaus wirkt sich Muskelmasse positiv auf das hormonelle Umfeld im Körper aus, verbessert die Stabilität der Gelenke, verringert die Verletzungsgefahr und fördert eine gesunde, stabile Haltung. Insgesamt profitieren also fast alle Menschen von einer Zunahme der Muskelmasse im naturalen Bereich.

Krafttraining in der Diät

Krafttraining ist für den Erfolg einer Diät deutlich wichtiger als Ausdauertraining, denn es fördert den Erhalt der Muskulatur. Die positiven Auswirkungen des Muskelaufbaus haben wir bereits besprochen, allerdings funktioniert effektiver Muskelaufbau für die meisten Menschen nur in Kombination mit einem Kalorienüberschuss. Mit der richtigen Vorgehensweise und einer guten Genetik funktioniert es zwar auch im Rahmen eines leichten Kaloriendefizits, allerdings bestenfalls schleichend. Wer Fett abbauen will, kann nicht mit einem Muskelaufbau rechnen, denn im Kaloriendefizit versucht der Körper gegenzusteuern, um seine aus evolutionärer Sicht sinnvollen Fettpolster zu erhalten – und das funktioniert unter anderem durch den Abbau energetisch kostspieliger Muskulatur.

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Wenn Muskulatur abgebaut wird, verringert sich folglich auch der Grundumsatz, also die in Ruhe verbrauchte Energie – in dieser Situation befinden sich all die Menschen, die ohne Krafttraining abnehmen wollen. Wenn diese Menschen nun noch mehr Fett abbauen möchten, müssen sie aufgrund des niedrigeren Energieverbrauchs logischerweise ihre Energiezufuhr senken. Dadurch wird wiederum noch mehr Muskelmasse abgebaut und am Ende des Teufelskreislaufs steht in vielen Fällen ein vollkommen aus den Fugen geratener Stoffwechsel und letztendlich der nur allzu bekannte Jojo-Effekt. Irgendwann zwingt der Körper den Willen in die Knie, der Heißhunger wird unausstehlich und die „Diät“ wird abgebrochen. Die Kalorienaufnahme wird wieder erhöht, während der Energieverbrauch durch die abgebaute Muskelmasse verringert wurde. Es folgt die Gewichtszunahme.

Eine Diät ohne unterstützendes Krafttraining kann ganz schnell nach hinten losgehen. Gegen eine dauerhafte Ernährungsumstellung und die Etablierung gesunder, nachhaltiger Ernährungsgewohnheiten ist absolut nichts einzuwenden. Wer aber wirklich schlank und definiert werden möchte, sollte lieber begleitendes Krafttraining ausführen, denn das wirkt dem Jojo-Effekt entgegen und sorgt somit für die Nachhaltigkeit.

Knochen und Gelenke kräftigen

Korrekt ausgeführtes Krafttraining fördert die Stabilität von Knochen und Gelenken, ja des gesamten Bewegungsapparats. Es existieren unzählige Mythen über die negativen Auswirkungen des Krafttrainings auf Knochen und Gelenke mit denen es aufzuräumen gilt.

Sowohl Knochen als auch Gelenke sind wie eigentlich alle Bestandteile des Körpers anpassungsfähig. Der Körper passt sich stets dem Lebensstil an. Wer den ganzen Tag nur sitzt und liegt, den Körper nicht mit Widerständen konfrontiert und durch falsche Ernährung Nährstoffmängel hervorruft, wird auch einen ebenso instabilen, schwachen Körper haben. Wer den Körper hingegen in gesunden Dosen fordert und aktiv lebt, besitzt einen starken, stabilen, gesunden Körper. Die verwendeten Zusatzgewichte beim Krafttraining reizen nicht nur die Muskulatur, sondern den gesamten Bewegungsapparat. Das heißt auch Knochen und Gelenke passen sich an die Belastung an und werden demzufolge stabiler.

Ich muss aber auch ganz klar sagen, dass hier die richtige Vorgehensweise entscheidend ist. Zunächst einmal geht es um Belastung und nicht Überlastung. Wer es übertreibt und die Signale seines Körpers (z.B. Gelenkschmerzen) ignoriert, der schadet sich langfristig gesehen selbst und muss mit Verletzungen rechnen. Wer aber geduldig und progressiv trainiert, der wird seinen Bewegungsapparat stärken und so einen rundum stabileren Körper bekommen. Die Geduld ist entscheidend, denn Gelenke und Knochen passen sich etwas langsamer an als die Muskulatur. Das ist der Grund dafür, dass manche Athleten, die sehr schnelle Fortschritte erzielen, mit der Zeit merken, dass ihr Körper sich nicht so richtig gesund und fit anfühlt. Oftmals haben sie mit Gelenkschmerzen zu kämpfen und nicht selten kommt es zu kleineren oder größeren Verletzungen. Aus diesem Grund ist es wichtig, von Zeit zu Zeit einen Gang runterzuschalten und dem Körper die Möglichkeit zu geben, sich vollständig zu erholen und anzupassen.

Darüber hinaus sind Übungsausführung und gelegentliche Variationen entscheidend, um sich langfristig nicht zu schädigen. Jede Übung sollte über den vollständigen Bewegungsradius ausgeführt werden. Wer nicht in die volle Streckung (nicht Überstreckung) geht, hält zwar die Spannung in der Muskulatur aufrecht, nimmt dafür aber den Gelenken und Knochen ein wenig die Belastung, sodass mit der Zeit Dysbalancen entstehen.

Die Variation der Übungen ist wichtig, um die Gelenke nicht in der ewig gleichen Form zu belasten. Zu diesem Zwecke ist es entscheidend, hin und wieder ein wenig die Griff- und Fußpositionen zu variieren, um den Belastungswinkel zu verändern und somit Überlastungen vorzubeugen – das Prinzip heißt Variation im Kleinen.

Sauberes, smartes Krafttraining ist also ganz im Gegensatz zum Volksglauben absolut gesund für Knochen und Gelenke – immer vorausgesetzt natürlich dass auch die Ernährung so gestaltet wird, dass genügend Nährstoffe für die Regeneration vorhanden sind. Wer dauerhaft nur Misst isst, braucht sich über gesundheitliche Probleme selbstverständlich nicht zu beschweren.

Körperbeherrschung und Selbstvertrauen

Um schwere Gewichte zu bewegen, müssen viele Muskeln im Verbund arbeiten und durch die Willenskraft bewusst fest angespannt werden. Krafttraining ist mehr als reine Mechanik. Es ist vielmehr ein Paradebeispiel dafür, wozu der Mensch im Stande ist, wenn Körper und Geist an einem Strang ziehen.

Durch regelmäßiges Widerstandstraining vertieft sich die Verbindung von Körper und Geist. Du lernst deinen Körper immer besser kennen und kontrollieren. Durch die vertiefte Bindung zwischen Körper und Geist fühlst Du dich sprichwörtlich erst richtig wohl in deiner Haut – Du gewinnst an Selbstvertrauen! Du lernst dein Potenzial und deine Grenzen erst dann richtig kennen, wenn Du deinen Körper forderst und Krafttraining ist eine hervorragende Methode dafür.

Die Prägung des Charakters

Außenstehende haben oftmals eine falsche Sicht auf die Natur des Krafttrainings. Für sie ist es ein rein mechanischer, oberflächlicher Akt, gemacht um minderwertigkeitskomplexbehaftete Egos über die Maßen aufzublähen. Doch in Wahrheit liegt in genau dieser Beurteilung die wahre Oberflächlichkeit. Echtes Krafttraining ist nämlich in erster Linie ein Akt des Geistes. Hier liegt der Antrieb und die wahre Kraft verborgen. Wer ohne Leidenschaft, ohne Willenskraft ins Studio geht, wird schnell merken, dass er keine Fortschritte erzielt. Er wird den Sport verfluchen und in manchen Fällen leider auch diejenigen, die ihn erfolgreich betreiben, diskreditieren, um sich selbst ein wenig besser zu fühlen.

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Ohne Motivation und Begeisterung und ohne einen gestählten Charakter führt das Training mit Gewichten ins Nichts. Durch richtiges Krafttraining wachsen Körper und Geist gleichermaßen. Wer progressiv trainieren möchte, muss seine Trägheit überwinden, ein gewisses Maß an Schmerztoleranz entwickeln und die nötige Disziplin und Beharrlichkeit besitzen, um langfristig und auch in Zeiten der Demotivation (und die wird es IMMER geben) dranzubleiben. Zudem muss er lernen geduldig zu sein, denn auch wenn das eine oder andere Hochglanzmagazin oder Nahrungsergänzungsmittel von Zeit zu Zeit das Gegenteil verspricht, wird ein unerfahrener Athlet schnell merken, dass die Weiterentwicklung des Körpers ein langfristiger Prozess ist. Bei diesem Sport geht es um nachhaltige und nicht um kurzzeitige Erfolge. „Auf die Schnelle“ geht hier nichts.

Es ist genau diese Art der Geduld und Beharrlichkeit, die man auch im restlichen Leben aufbringen muss, um erfolgreich auf seinem Weg sein zu können, denn große Erfolge kommen nie über Nacht. Sie sind das Ergebnis eines langfristigen Prozesses, der stets auch Opfer erfordert. Krafttraining bereichert dadurch, dass es den Charakter entscheidend prägt und stärkt, also das gesamte Leben.

Kurze Zusammenfassung: Vorteile des Krafttrainings

  • führt zu Muskelaufbau (-> hilft beim Fettabbau)
  • erhält die Muskelmasse in der Diät, beugt dem Jojo-Effekt vor
  • kräftigt bei korrekter Ausführung Knochen und Gelenke
  • verbessert die Körperbeherrschung und somit das Selbstvertrauen
  • stärkt den gesamten Charakter

Die Gefahren des Krafttrainings

Da ich selbst schon einige Jahre Kraftsport betreibe, bin ich sicherlich etwas voreingenommen was die Bewertung dieses Sportes angeht. Aber ich werde dennoch versuchen einen möglichst objektiven Blick auf die Sache zu werfen. Es gibt neben all den Vorteilen natürlich auch Nachteile und zumindest auf die meiner Meinung und Erfahrung nach wichtigsten Nachteile – oder sagen wir besser Gefahren – möchte ich an dieser Stelle eingehen.

Übersteigertes Selbstvertrauen

Eine gesunde Portion Selbstvertrauen ist wichtig, um im Leben bestehen und seinen eigenen Weg beschreiten zu können. Aber es gibt hier leider auch ein zu viel des Guten und wer schon einmal ein Fitnessstudio besucht hat, weiß genau was ich meine.

So mancher Eisensportler definiert sich nur über seine Muskeln, hält sich selbst für den Allergrößten und stellt dies wann immer möglich auch zur Schau. Er genießt die Aufmerksamkeit und versucht wo immer er kann Eindruck zu schinden. Weniger muskulöse Menschen sind aus seiner Sicht auch weniger wert.

Es klingt wie ein Klischee, aber leider gibt es auch in der Wirklichkeit mehr als genügend von Minderwertigkeitskomplexen geplagte Kraftsportler. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn oftmals ist dieses Gefühl der Minderwertigkeit der Grund dafür, dass sie überhaupt mit dem Training beginnen. Daran ist eigentlich nichts verwerflich, denn wer sich in seiner Haut nicht wohl fühlt, sollte ruhig daran arbeiten diese Situation zu verändern. Das Problem ist, dass dieses Minderwertigkeitsgefühl in den meisten Fällen durch mehr Muskelmasse nicht automatisch verschwindet, denn die Ursache liegt oftmals tiefer als der körperliche Schein. Seinen Körper zu trainieren und sein Aussehen zu verbessern ist ein hilfreicher Schritt zu mehr Selbstvertrauen, aber einen tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex löst man damit in der Regel nicht. Da hilft nur eine umfangreiche Ursachenforschung sowie ein aktives Umdenken. In den meisten Fällen liegt die Ursache dafür in der Kindheit und an schädlichen Gedankenmustern, die es zu beheben gilt.

Wer ein tiefsitzendes Geltungsbedürfnis hat und zwanghaft nach Anerkennung sucht, wird durch Krafttraining schnell zum Proleten, der letztlich nur eine Fassade aufbaut, weil er sich seinen eigentlichen Problemen nicht stellen will und sie verdrängt. Da ist es auch ganz egal wie viel Muskelmasse ein solcher Athlet aufbaut, es wird niemals genug sein.

Mangelhafte Geschmeidigkeit  – Fehler können ernsthafte Konsequenzen haben

Wer dauerhaft nur reines, schweres Krafttraining betreibt und darüber hinaus den Großteil des Tages sitzend verbringt, verliert seine Geschmeidigkeit. Krafttraining ist ein Fitnessaspekt, aber es ist wichtig die körperliche Fitness ganzheitlich zu betrachten. Dazu zählen dann unter anderem auch Beweglichkeitstraining und regelmäßige Bewegung, damit die Gelenke geschmiert werden und der Körper in den Aktivitätsmodus schaltet.

Der Verlust an Geschmeidigkeit und Beweglichkeit ist also kein direkter Nachteil des Krafttrainings sondern eher die Folge eines schlechten Lebensstils. Der Körper passt sich an den Lebensstil an, also an die den Alltag prägenden Aktivitäten – und für viele Menschen heißt das sitzen. Die Folge sind eingeschränkte Beweglichkeit durch verkürzte Muskeln und Verspannungen sowie möglicherweise Haltungsschäden und Überlastungen durch Fehlhaltungen. Das Gegenmittel ist ein aktiver Alltag mit reichlich Bewegung.

Wenn also eine mangelhafte Geschmeidigkeit und eingeschränkte Beweglichkeit die Folge eines unvorteilhaften Lebensstils sind, warum habe ich diesen Absatz bei Nachteile des Krafttrainings einsortiert?

Weil durch die zusätzliche Belastung mit schweren und (im Idealfall) steigenden Gewichten die Nachteile eines mangelhaften Lebensstils verstärkt werden können. Ein schlechter Lebensstil wirkt sich schädlich auf den Bewegungsapparat aus. Wird dieser geschädigte Bewegungsapparat nun mit schweren Gewichten konfrontiert, können die Symptome verstärkt werden, sodass die Verletzungsgefahr steigt – und mit Trainingsverletzungen ist nicht zu spaßen. In den meisten Fällen sind zwar lediglich ein paar Tage bis hin zu wenigen Wochen Pause nötig, aber es passiert nicht unbedingt selten, dass die Regeneration mehrere Monate dauert oder aber die Verletzung gar nicht geheilt wird und lebenslang etwas zurück bleibt. Viele fortgeschrittene Bodybuilder leiden unter chronischen Schulter- und Knieschmerzen und nicht wenige wurden durch Verletzungen dazu gezwungen mit dem Sport aufzuhören.

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Das Problem ist also, dass Fehler – und damit meine ich nicht nur einen mangelhaften Lebensstil, sondern auch direkte Trainingsfehler wie falsch ausgeführte Übungen, schlechte Trainingsmethoden etc. – beim Krafttraining ernsthafte gesundheitliche Konsequenzen nach sich ziehen können.

Ich möchte damit niemandem Angst machen, aber es muss meiner Meinung nach auch ehrlicherweise angesprochen werden, dass Krafttraining ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt. Doch darin liegt auch eine Chance, denn letztlich führt das dazu, dass Athleten dazu gezwungen werden, ihren Lebensstil zu optimieren und sich selbst und die Signale des Körpers mit wachsamen Augen zu beobachten, um entsprechend reagieren zu können. Krafttraining führt zu ehrlichem Feedback des Körpers und schlussendlich dazu, dass wir uns selbst besser kennen und unseren Körper besser beherrschen lernen.

Fit fürs Leben? Nicht so ganz

Es ist richtig, dass progressives Krafttraining den Charakter entscheidend prägt und das Selbstvertrauen fördert und auf diese Weise dabei hilft erfolgreich und erfüllt durchs Leben zu schreiten. Vom rein physischen Standpunkt her hilft das Krafttraining allerdings nicht dabei „Fit fürs Leben“ zu sein. Beruf, Alltag, Studium oder auch eigene Projekte sind von Zeit zu Zeit sehr stressig und auch körperlich fordernd. Um diese Disziplinen erfolgreich bewältigen zu können, um auch über längere Zeit konzentriert und leistungsfähig zu sein, braucht es eine gute körperliche Ausdauer, die mit klassischem Krafttraining nicht trainiert wird. Im Gegenteil sogar, bei den meisten Trainingsformen wird der Körper einem großen Stress ausgesetzt, der das Immunsystem kurzfristig schwächen kann. Zudem laufen nicht wenige Bodybuilder beinahe täglich mit Muskelkater durch die Welt. Schmerzen sind eine Ablenkung und Einschränkung im alltäglichen Leben. Aber auch das ist abhängig von der Trainingsform und lässt sich mit einigen Anpassungen leicht beheben.

Es sind die gängigen Trainingsformen, die in Bodybuilder-Foren oder Magazinen verbreitet werden, sowie die dazu gehörige Parole „No Pain No Gain“, die all jene Menschen, die in erster Linie „Fit fürs Leben“ werden wollen, daran hindert, Krafttraining zu betreiben. Man kann aber im Gegensatz dazu auch erfolgreiches Krafttraining betreiben ohne dabei durch Muskelkater verkrüppelt durchs Leben schreiten zu müssen. Ein erster Schritt auf diesem Weg ist das Training zum Koordinationsversagen statt zum Muskelversagen. Es ist nämlich in erster Linie dieses Muskelversagen, dass für den starken Muskelkater und die langen Regenerationszeiten beim klassischen Bodybuilding sorgt. Viele Bodybuilder nutzen zudem sehr häufig Intensitätstechniken, um „über das Muskelversagen hinaus“ trainieren zu können. Dadurch vergrößern sich die Schäden an den Muskeln exponentiell, sodass auch eine dementsprechend viel längere Regenerationszeit erforderlich wird. Wenn Du hingegen nur bis zum Koordinationsversagen trainierst, also den Satz abbrichst, wenn Du keine saubere Wiederholung mehr schaffst, dann setzt Du deinen Körper einen deutlich geringeren Stress aus und bist somit im Alltag leistungsfähiger und energiegeladener, weil der Körper nicht mit extrem großen Muskelschäden konfrontiert wird.

Kurze Zusammenfassung: Gefahren des Krafttrainings

  • kann zu aufgeblähtem Ego und reine Fixierung auf das Äußere führen
  • Fehler beim Training, bei der Ernährung oder beim Lebensstil können, speziell wenn sie langfristig durchgeführt und nicht behoben werden, durch schwere Zusatzgewichte ernsthafte Konsequenzen für die Gesundheit haben (kurzzeitige Fehler werden vom Körper in der Regel gut toleriert)
  • Ohne ergänzendes Ausdauertraining hilft Krafttraining vom physischen Standpunkt her nicht dabei „fit fürs Leben“ zu werden, kann bei intensiver Ausführung sogar kurzzeitig das Immunsystem schwächen

Sorge für Synergie

Letztendlich gibt es eine ganze Reihe von starken Vorzügen, die Krafttraining alleine schon zu bieten hat. Aber wie die aufgelisteten Nachteile verdeutlichen, ist Krafttraining nur ein Fitnessaspekt, der sein ganzes Potenzial erst dann entfaltet, wenn er mit weiteren Aspekten wie einem gesunden Lebensstil, einer angepassten Ernährung und auch Ausdauertraining kombiniert wird. Wie eine solche Kombination aussehen kann, möchte ich Dir in dieser Artikelserie zeigen. Im nächsten Artikel geht es zunächst mit den Vor- und Nachteilen des Ausdauertrainings weiter.

(Bildquelle: © Andriy Petrenko – Fotolia.com)