Für viele Menschen ist Joggen die Cardio-Aktivität schlechthin. Ob einfach nur als Ausgleich zum Alltag, um ein bisschen fitter zu werden oder gar im Wettkampf anzutreten: Das Joggen nimmt im Leben vieler Athleten eine wichtige Rolle ein.

Die meisten Trainingstipps und -pläne beschäftigen sich jedoch vorrangig mit der Trainingsfrequenz, -intensität und -dauer, nicht jedoch mit der richtigen Lauftechnik.

Dabei sollten sich speziell Anfänger schon frühzeitig mit der korrekten Technik befassen, um Überlastungen oder gar Verletzungen vorzubeugen.

Das Ziel des Techniktrainings besteht darin, die eigene Lauftechnik so zu verbessern, diese kraftsparender, ökonomischer und letztlich für den Bewegungsapparat gesünder wird. Und damit übergebe ich das Wort an Tobias Bantle, dem Inhaber von Online Fitness Coaching und Verfasser dieses Gastbeitrages.

Die richtige Lauftechnik und Krafttraining

Bevor wir auf die Feinheiten für die richtige Lauftechnik eingehen, muss erwähnt werden, dass auch Krafttraining für Läufer sehr förderlich ist.

Ist die Muskulatur nämlich nicht kräftig genug, kann dies dazu führen, dass die Körperhaltung und -spannung beim Laufen nicht optimal ist. Das kann zu Leistungseinbußen und schlimmstenfalls sogar zu Überlastungen oder Verletzungen führen.

Für Läufer sinnvoll sind speziell Übungen für den Gesäß-, Hüft- und Rumpfbereich, wobei natürlich auch der Oberkörper mittrainiert werden sollte. Kniebeugen, Rumänisches Kreuzheben, Ausfallschritte sowie Beinheben, Rollouts oder Unterarmstütze für den Core-Bereich sind hierfür ideal. Für den Oberkörper empfehlen sich Mehrgelenksübungen, welche eine Rumpf-Stabilisation einschließen. Dazu gehören zum Beispiel Klassisches Drücken, Klimmzüge oder Dips.

Krafttraining sollte nach Möglichkeit an einem Tag absolviert werden, an dem kein Lauftraining ansteht. Sollte das nicht möglich sein, gilt folgende Regel: Erst das Krafttraining, dann das Ausdauertraining.

Die unterschiedlichen Laufstile im Vergleich

Man unterscheidet generell 3 verschiedene Laufstile, die sich für verschiedene Distanzen mehr oder weniger gut eignen.

Vorfußlaufen: Bei Sprintveranstaltungen und Distanzen bis 10 km ist die dominierende Lauftechnik der Vorfußlauf. Fast alle Spitzenläufer sind bemüht durch diese Technik den Bodenkontakt möglichst kurz zu halten. Paradebeispiele sind hier Kenensina Bekele und Haile Gebrselassie. Bei Haile Gebrselassie ist es beachtlich, dass er sich bei einer Körpergröße von gut 160 cm eine Schrittlänge von fast 2 Metern erarbeiten konnte. Vorfußlaufen setzt allerdings eine optimale Ausbildung der benötigten Muskelgruppen wie das Fußgewölbe oder das Zehengrundgelenk voraus. Auch die Kniegelenke oder das Hüftgelenk benötigen eine besondere Vorbereitung, dass diese die Stöße auffangen.

Mittelfußlaufen: Beim Mittelfußlaufen sind die Schritte etwas kürzer und die Füße setzen auf dem Mittelfußbereich und dem äußeren Ballen auf. Diese Lauftechnik findet man sehr oft bei Marathonveranstaltungen. Hier ist es wichtig, dass die Wadenmuskulatur besonders bei langen Läufen gut vorbereitet ist. Am besten erreicht man dies durch Barfußlaufen auf Rasen. Wichtig ist es beim Training, dass man die Belastung nur langsam steigert und die Bewegungen fließend sind. Erst danach sollte man auf einen harten Untergrund mit Schuhen umsteigen. Nach jeder Einheit empfiehlt sich eine Entspannungsmassage oder eine Wasserkühlung der Waden und Füße.

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Fersenlauf: Die meisten Laufanfänger oder Hobbyläufer nutzen diese Technik bei all ihren Läufen. Doch möchte man leistungsorientiert laufen, ist dies nicht die richtige Lauftechnik. Durch den Fersenlauf vergeudet der Läufer bei jedem Schritt wertvolle Energie. Der Kraftimpuls beim Auftreffen der Füße auf dem Boden wird nahezu ungefedert durch den Körper geleitet und kann dadurch zu Überlastungen oder Verletzungen in den verschiedensten Bereichen führen. Verspannte Waden, Knieprobleme oder Rückenschmerzen sind nur einige der möglichen Folgen, wenn diese Technik langfristig und über lange Laufdistanzen genutzt wird.

Man kann also festhalten, dass sich der Vorfußlauf besonders für Sprints und kürzere Distanzen, der Mittelfußlauf für lange Distanzen und der Fersenlauf langfristig gesehen eher zum Walken oder Gehen eignet.

Einfluss von Schuhen auf den Laufstil

Für die richtige Lauftechnik benötigt man auch den richtigen Laufschuh. In der Regel kann ein Laufschuh zwischen 600 und 1.000 Kilometern getragen werden. Wer in einen Laufladen geht, wird von der Auswahl der unterschiedlichen Modelle fast erschlagen.

Soll man nun einen Schuh mit wenig Dämpfung, mit einer stark gepolsterten Zwischensohle, einen Trailschuh oder vielleicht sogar einen Barfußschuh nehmen? Hier ist die richtige Beratung sehr wichtig. Grundsätzlich kann man allerdings festhalten, je leichter ein Läufer ist, desto leichter kann auch der Laufschuh sein und desto weniger sollte dieser gestützt sein, um den richtigen Laufstil zu erreichen.

Ein Laufschuh mit einer geringen Sprengung, das ist der Höhenunterschied der Schuhsohle von der Ferse bis zum Vorderfuß, kann dabei behilflich sein, den eigenen Laufstil zu verbessern. Eine große Sprengung zwingt den Läufer nämlich in den Fersenlauf.

Beim Kauf eines Schuhs mit geringer Sprengung und speziell eines Barfußschuhs sollte man allerdings nicht vergessen, dass es eine ganze Weile dauern kann, dass sich die Muskulatur der Füße und Waden daran anpasst. Eine langsame Progression ist hier das Zauberwort, ansonsten sind Überlastungen vorprogrammiert.

Im Zweifelsfall kann eine Rücksprache mit einem Orthopäden helfen.

Kann man die richtige Lauftechnik erlernen und wenn ja, wie geht das?

Möchte man zum Beispiel vom Fersenlauf auf den Mittelfußlauf umsteigen, sollte man sich bewusst sein, dass dies nicht von heute auf morgen geht. Wie so oft ist Geduld auch hier entscheidend.

Die richtige Lauftechnik zu erarbeiten benötigt viel Training und Zeit. Bei jeder Technikveränderung werden stets auch Belastungsschwerpunkte verschoben bzw. andere Muskeln angesprochen, die sich erst einmal an die neue Belastung gewöhnen müssen. Das Erlernen einer neuen Lauftechnik benötigt meist mehrere Monate.

In den ersten Trainingseinheiten sollte die neue Lauftechnik im Wechsel mit der alten Lauftechnik vorgenommen werden. Ergänzend zum normalen Lauftraining empfiehlt es sich, ein spezielles Motorik-Training mit in den Ablauf aufzunehmen. Das sogenannte Lauf ABC kann bei der Verbesserung der Lauftechnik helfen.

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Die richtige Lauftechnik erlernen mit dem Lauf ABC

Wenn man das Lauf ABC die ersten Male durchführt, ist man meist enttäuscht, da einen der Bewegungsfluss störend vorkommen mag. Der Körper muss sich erst an die richtige Lauftechnik gewöhnen. Nach ein paar Wochen ändert sich das schnell und man wird die ersten Verbesserungen erkennen und spüren können.

Das Lauf ABC kannst du immer und jederzeit ausführen, solltest es aber gerade anfangs was die Dauer angeht nicht übertreiben. Ideal wäre es, sich zunächst ein paar Minuten lang einzulaufen und dann das Lauf ABC zu starten. Anfangs reichen ein bis zwei Serien mit ungefähr acht Übungen. Der Untergrund sollte dabei zur Reduzierung der Verletzungsgefahr möglichst eben sein.

WICHTIG: Immer darauf achten, dass die Übungen möglichst exakt ausgeführt werden. Langsam an die neue Technik herantasten, da die Sehnen und Muskeln stark beansprucht werden.

Eine gute Erklärung der verschiedenen Übungen des Lauf-ABC findest du in folgendem Video:

Die richtige Lauftechnik beim Bergablaufen

Auch wenn man dazu neigt, bergab noch einmal richtig auf das Tempo zu drücken, sollte man gerade dann dieses eher reduzieren, da die Belastungen für den Bewegungsapparat beim Bergablaufen deutlich ins Destruktive steigen.

Neige den Oberkörper leicht zurück und achte darauf, nicht zu stark auf den Fersen zu landen.

Noch schneller Laufen mit der Optimierung der Lauftechnik

Wenn man konditionell fit ist und sein Tempo steigern möchte, gibt es hierzu zwei Möglichkeiten:

1) Vergrößere deine Schrittlänge.
2) Erhöhe die Schrittfrequenz.

Während die Erhöhung der Frequenz leicht intuitiv funktioniert, gibt es zwei Möglichkeiten, um die Schrittlänge zu erhöhen:
Man könnte versuchen, seinen Fuß möglichst weit nach vorne zu bringen. Dies wäre aber der falsche Weg, da man dann wieder auf der Ferse landet und der Lauf ausgebremst wird. Idealerweise setzt der Fuß nur leicht vor dem Körperschwerpunkt auf.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass man bei dem nach hinten gerichteten Fußabdruck das Bein streckt. Probleme gibt es hier nur, wenn die Muskulatur der Oberschenkelrückseite verkürzt ist.

Es gibt einen kleinen Test, mit dem man feststellen kann, ob die Oberschenkelrückseite verkürzt ist. Lege dich auf den Rücken und hebe einen Oberschenkel mit beiden Händen in die Senkrechte zum Boden. Streckte nun das Knie so weit wie möglich durch. Der Unterschenkel sollte bis in die gerade Verlängerung des Oberschenkels gebracht werden können, ansonsten ist die Muskulatur der Oberschenkelrückseite verkürzt.

Wie analysiere ich meinen aktuellen Laufstil?

Wer seinen Laufstil analysieren möchte, der kann dazu verschiedenen Möglichkeiten nutzen. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, einen erfahrenen Läufer bei einem Trainingslauf mitzunehmen und diesen den Laufstil beurteilen lassen.

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Am besten lässt sich der Laufstil über eine Videoanalyse auswerten. Beachten sollte man allerdings, dass sich der Laufstil mit dem Tempo ändern kann und hier der Rat von Fachleuten besonders wichtig ist. Ein guter Lauftrainer kann helfen.

Wichtig ist solch eine Analyse immer dann, wenn man seinen Laufstil verändern möchte, die richtige Lauftechnik für sich finden möchte oder es häufig zu Laufbeschwerden kommt. Hierunter fallen besonders schmerzende Kniesehnen, Rückenschmerzen, Schienbeinkantenprobleme oder Achillessehnenentzündung. Mit der Analyse kann man aber nicht nur an der eigenen Technik zum richtigen Laufstil feilen, sondern auch den richtigen Laufschuh bestimmen.

Eine professionelle Analyse sollte mit einem Vorgespräch beginnen, bei dem auf die Probleme eingegangen wird. Im Mittelpunkt der Analyse steht nun die Untersuchung der Bewegung auf dem Laufband. Hier sollte der gesamte Körper betrachtet werden und nicht nur die Füße. Durch die anschließende Auswertung kann man nicht nur die richtige Lauftechnik verfeinern und verbessern, sondern ebenfalls Verletzungen vorbeugen.

Weiterführende Literatur zur richtigen Lauftechnik

Wenn dein Interesse an der Lauftechnik geweckt ist, kann ich dir einige gute Bücher für weiterführende Recherchen ans Herz legen:

Die Laufbibel: Das Übungsbuch zum gesunden Laufen von Matthias Marquardt

Das große Laufbuch: Vom richtigen Einstieg bis zum Marathon von Herbert Steffny

Ready to Run von Kelly Starrett

Ein langfristiges Unterfangen

Abschließend lässt sich sagen, dass das Finden der richtigen Lauftechnik ein langer Prozess ist. Selbst Profis arbeiten regelmäßig daran, ihre Lauftechnik zu verbessern. Geduld und regelmäßiges, aufmerksames Üben sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Setze dich nicht unnötig unter Druck, jede Einheit mit der absolut perfekten Lauftechnik auszuführen. Perfektion gibt es hier nicht, doch du kannst daran arbeiten, deine Lauftechnik zu verbessern. Wenn du regelmäßig Joggen möchtest, führt daran langfristig kaum ein Weg vorbei. Denn sobald du fitter wirst und länger sowie häufiger Joggen gehen kannst, spielt die Technik bei der Verletzungsprävention eine entscheidende Rolle.

Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an Tobias Bantle für den Gastbeitrag. Wenn Du mehr von Tobias lesen möchtest, folge Online Fitness Coaching auf Facebook.

(Bildquelle: © rangizzz – fotolia.com)