Bestimmt hast du das schonmal gehört: „Wenn du deinen Körper verändern, fitter, gesünder und schlanker werden willst, musst du zunächst einmal zu 100% die Verantwortung für deinen Körper übernehmen.“

Die Idee dahinter ist simpel: Nur wenn du die Verantwortung übernimmst, gewinnst du Kontrolle und damit die Macht, an deinem „Schicksal“ zu drehen.

Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig, allerdings wird das Konzept der Verantwortung für den Körper oftmals missverstanden und aus einem gut gemeinten Mindset für die langfristige Motivation wird eine destruktive Einstellung, die unnötige Schuldgefühle hervorruft und am Selbstvertrauen nagt.

Deshalb ist es wichtig, einen differenzierten Blick auf die Verantwortung für deinen Körper zu werfen, um diesen für die Motivation sehr wohl wichtigen Mindset in konstruktive Bahnen zu lenken.

Von Verantwortung und Schuld

Du allein trägst die Verantwortung für deinen Körper, also sind jeglichen negativen Entwicklungen auch deine Schuld?

Du bringst 50 kg zu viel auf die Waage, das ist deine Schuld!

Du kannst keinen Klimmzug, das ist deine Schuld!

Du kommst schon beim Gang in den dritten Stock aus der Puste, das ist deine Schuld!

Das sind typische Gedankengänge, die Menschen annehmen, wenn sie die Verantwortung für ihren Körper übernehmen – und es sind unglaubliche Energiefresser. Sie können demotivieren und das Selbstwertgefühl empfindlich stören.

Das ist sogar gängige Praxis bei vielen, die unter solchen körperlichen Problemen leiden. Sie sprechen sich selbst die Schuld zu (oder bekommen sie von anderen zugesprochen) und entwickeln mit der Zeit ein immer schlechteres Selbstbild.

„Oh Mann, du bist so fett! Du kriegst es einfach nicht auf die Reihe! Du bist zu schwach!“

Siehst du, in welche Richtung das führt? Es setzt eine Entwicklung in Gang, die dir selbst zunehmend die Fähigkeit abspricht, an deiner Situation etwas zu verändern – und das ist das genaue Gegenteil von dem, was ursprünglich mit der Übernahme der Verantwortung über den eigenen Körper beabsichtigt war.

Schluss mit den Schuldgefühlen

Schon am Ergebnis kannst du ablesen, dass Schuldgefühle bei der körperlichen Entwicklung, Fitness, Gesundheit und Ästhetik nichts zu suchen haben!

Darüber hinaus sind wir hier nicht vor Gericht. Aus moralischer Sicht erfordert Schuld zunächst einmal Absicht. Das bedeutet: Schuld wärst du beispielsweise am Übergewicht nur, wenn du dies gezielt erreicht hast.

Ich frage dich: Wer, der mit seinem Körper unzufrieden ist, hat diese Situation absichtlich herbeigeführt? Wenn du nicht aus Absicht gehandelt ist, trifft dich hier, wo es nur um dich geht, auch keine Schuld.

Die Verantwortung übernehmen – darum geht es eigentlich

Im Gegensatz zur Schuld, die schnell Teil der eigenen Identität wird und nicht einfach wieder abgelegt werden kann, ist die Verantwortung etwas, das wir ergreifen können, wenn wir wollen – und meist auch wieder abgeben können, wenn wir wollen.

Verantwortung ist Potential. Es ist die Möglichkeit, etwas an seinem „Schicksal“ zu verändern. 

Bei der Verantwortung für deinen Körper geht es also nicht darum, in der Vergangenheit zu leben und sich für alle „Vergehen“ am eigenen Körper zu tadeln. Es geht darum, sich selbst die Möglichkeit zu verleihen, etwas an der eigenen Situation zu verändern.

Das bedeutet: Du bist jetzt vielleicht körperlich gesehen aus der Form, übergewichtig, schmächtig oder schwach. Aber du kannst, wenn du denn willst, daran jederzeit etwas ändern. Das, was schon passiert ist, liegt nicht mehr in deiner Verantwortung – es liegt in der Vergangenheit. Das, was jetzt passiert, liegt in deiner Verantwortung, in deiner Hand.

Aber wenn ich scheitere?

Ist es dann nicht meine „Schuld“? Aus Erfahrung weiß ich, dass sich viele Menschen mit den Fehlschlägen bei Trainings- und Ernährungsprogrammen identifizieren und (oft unbewusst) quälen.

Aber nochmal: Schuld erfordert in diesem Kontext zunächst einmal Absicht. Es ist eine fehlgeleitete Konditionierung, die dazu führt, dass wir uns immer wieder zu unrecht Schuldgefühle machen.

Davon abgesehen gibt es auch Rahmenbedingungen, die ganz einfach nicht in deinem Einflussbereich liegen.

Was kannst du beispielsweise dafür, dass du eine ungeheure Lust auf Süßigkeiten verspürst?

Es ist schlicht Evolution. Süße Nahrungsmittel, beispielsweise Obst, versprachen früher konzentrierte Energie, die für das Überleben in Zeiten, in denen kein Überfluss vorlag, wichtig war. Ein vollkommen natürliches Verlangen also, welches durch frühkindliche Prägungen verstärkt oder auch geschwächt werden kann – wieder ohne deinen Einfluss. Manch einer verspürt dieses Verlangen stärker, manch einer kann besser damit umgehen. Aber jeder muss mit dem Blatt spielen, das er ausgeteilt bekommt.

Was genau liegt also deiner Verantwortung?

Jeder von uns unterliegt schlicht einer Reihe von Rahmenbedingungen, die es erschweren können, an der körperlichen Gesundheit und Fitness zu arbeiten.

Vielleicht ist die angesprochene Lust auf Süßigkeiten bei dir besonders stark ausgeprägt. Vielleicht hast du wenig Lust auf Bewegung. Vielleicht hast du einen fordernden Job. Vielleicht hast du eine Familie, die dich zeitlich bindet – bzw. die für dich aus guten Gründen nunmal Vorrang hat. Vielleicht hast du gesundheitliche Probleme. Vielleicht hast du Schwierigkeiten damit, etwas durchzuziehen, deine Trägheit zu überwinden.

Ganz egal, was deine derzeitigen Rahmenbedingungen sind: Es liegt in deiner Verantwortung, Lösungen dafür zu finden!

Das ist es, worum es eigentlich geht, wenn man davon spricht, die Verantwortung für seinen Körper zu übernehmen. Dahinter steckt eigentlich eine ganz simple Aufforderung:

Bleibe nicht am Problem kleben, sondern suche nach Lösungen.

Das liegt zu jeder Zeit und in jeder Situation in deiner Macht. Wenn du das jetzt liest, wirst du vielleicht denken: Ist doch logisch.

Aber spiegelt sich diese Einsicht auch wirklich in deinem Verhalten wider? Du wärst vielleicht überrascht, bei wie vielen Menschen das nicht der Fall ist, wenn es um den eigenen Körper geht.

Ich kann mich noch sehr gut an eine Unterhaltung erinnern, die ich selbst vor vielen Jahren mit meiner Großmutter hatte. Diese Unterhaltung veranschaulicht das Problem meiner Meinung nach ganz gut. Im Wesentlichen ging es um das Thema Ernährung und die Gefahr von Diabetes (sie war in der Diabetes-Risikogruppe). Ich erklärte ihr, dass ihr Frühstück sehr unvorteilhaft für Gesundheit und Figur ist. In der Regel bestand es aus weißem Brot und Marmelade. Meine Kritik richtete sich auch an den generellen Verzehr von Brot und Brötchen, welches noch immer für viele das Standardfrühstück darstellt. Ich erklärte ihr, dass dies schlicht keine ausgewogene Mahlzeit darstelle, weil der Teig letztlich fast ausschließlich Kohlenhydrate und nahezu keine Mikronährstoffe liefert.

Errätst du ihre Antwort?

„Was soll ich denn sonst essen?!“

Besonders dabei war vor allem der abschließende Tonfall – sie wollte gar keine Antwort hören. Ich unternahm dennoch einen gut gemeinten Versuch und nannte ihr als Beispiel Rührei, eventuell mit Spinat oder einem gemischten Salat. Sie entgegnete nur:

„Ich kann doch nicht jeden Tag Rührei essen!“

Das vielleicht nicht, aber es gibt auch mehr als genügend andere Möglichkeiten, die ich ihr sofort hätte aufzählen können. Doch ich unterließ es, denn mir wurde schnell klar, dass sie kein Interesse an einer Lösung hatte, sondern sich mit dem Problem arrangierte.

Wenn es um den Körper geht, um die Ernährung, regelmäßiges Training, mehr Bewegung und einen generell gesünderen, natürlicheren Lebensstil, dann ist genau das der Standard-Mindset.

Du bist nicht das Opfer!

Ein weiteres gutes Beispiel besteht darin, wie viele Menschen an der Frage „Wie soll ich denn noch die Zeit finden, regelmäßig trainieren zu gehen?“ kleben bleiben, ohne jemals wirklich ernsthaft über eine praktikable Lösung nachzudenken! Doch genau damit gibst du die Verantwortung für deinen Körper ab. Du siehst dich selbst als hilfloses Opfer deiner Umstände.

Aber das ist keine unumstößliche Tatsache, sondern eine Einstellung! Du allein entscheidest, ob du die Verantwortung für deinen Körper übernimmst – oder eben nicht. Und du allein bist es, der mit den Konsequenzen leben muss.

Solltest du jedoch für dich selbst die Entscheidung treffen, die Verantwortung zu übernehmen, bedeutet das nichts anderes als: Ganz egal, in welcher Situation du dich befindest; fange an, nach Lösungen zu suchen, die deiner Gesundheit, Fitness und nach Wunsch auch Ästhetik zuträglich sind. Wenn es nicht klappt, hast du einfach noch nicht die passende Lösung gefunden. Suche weiter! Das ist die Verantwortung für deinen Körper, die du allein tragen kannst.

(Bild: © nd3000 – Fotolia.com)