Schon oft wurde ich gefragt, welches Schuhwerk ich für Fitness-Training empfehlen würde. Da das eines dieser vielen Themen ist, die im Fitnessbereich sehr kontrovers diskutiert werden, kann ich gut nachvollziehen, dass sich viele Menschen fragen, ob und welche Schuhe die passenden sind.

Die unterschiedlichen Positionen führen (wie so oft) dazu, dass sich extreme Ansichten verfestigen. Dadurch heißt es dann viel zu vorschnell: Entweder oder.

Doch die Wahrheit liegt wie immer dazwischen. So viel ist jedoch sicher: Die meisten Menschen schaden im Verlaufe ihres Lebens ihren Füßen, dem Fundament unseres Körpers, weil sie nicht die nötigen Kenntnisse um das richtige Schuhwerk und deren Einsatz haben.

Lass‘ uns deshalb direkt loslegen und ein paar ganz einfache und dennoch klare Antworten finden. Deine Füße werden es dir danken.

Der Zwangskäfig – Warum du häufiger barfuß sein solltest

Moderne Schuhe zwingen deine Füße in anatomisch ungünstige Positionen. Die Fersensprengung (Erhöhung) ist für den Fuß sehr unnatürlich. Schon rein instinktiv ist klar, dass „barfuß“ für den Menschen natürlicher ist (auch hier gibt es aber Grenzen, auf die wir später noch eingehen).

 

Hier drei der wesentlichen Nachteile kommerzieller Schuhe:

  • Fast alle kommerziellen Schuhmodelle sind viel zu eng geschnitten. Dadurch engen sie deinen Fuß ein, sodass mit der Zeit (sehr häufig zu sehen) zum Beispiel der kleine Zeh seitlich abknickt („auf der Seite liegt“), was den Kraftfluss stören und mit der Zeit auch zu schmerzen führen kann. Auch der große Zeh wird zunehmen nach innen, also gerade nach vorne zeigend, ausgerichtet, während er normalerweise etwas nach außen abstehen würde. Dadurch geht Stabilität verloren.
  • Weiterhin stützen Schuhe die Fußinnenseite, wodurch die Stabilität im Fuß reduziert wird und Fehlstellungen begünstigt werden. Ohne Stütze neigen die Füße dann meist dazu, nach innen zu kollabieren.
  • Last but not least: Die Sohle der meisten Schuhe ist so dick, dass die Wahrnehmung der Füße und der Bodenkontakt (Propriozeption) verloren gehen. Infolgedessen kommt es sehr schnell zu Fußfehlstellungen, die den meisten Menschen gar nicht bewusst sind. Manche Füße rotieren dann nach innen, manche nach außen, manche poltern beim Gehen gegen das Bein. Ein zumeist schleichender Prozess, der nur sehr schwer umzukehren ist und allerhand Probleme nach sich ziehen kann. In erster Linie werden dabei biomechanisch optimale Hebelverhältnisse gestört oder gar zerstört, wodurch die Kraftübertragung reduziert und Überlastungen begünstigt werden.

Zusammengefasst:

Kommerzielle Schuhe schwächen deinen Fuß.

Das ist somit genau gegen die Intension des Athletic Way of Life, bei dem es darum geht, den Körper in Form zu bringen, fit und gesund machen. Wir wollen ihn stärken, nicht schwächen. Somit ist es wichtig, dass du häufiger auf Schuhe verzichtest. Gerade jetzt, wo die Temperaturen steigen, bietet es sich an, die Füße zu befreien.

Und ich meine mal ganz ehrlich: Fühlst du dich nicht auch insgesamt befreiter und entspannter, wenn du Schuhe und Socken zuhause ausziehst? Es ist einfach ein anderes Gefühl, wenn direkt Luft rankommt!

Für den Alltag: Barfußschuhe

Natürlich ist es nicht immer möglich, gewollt oder gar sinnvoll, barfuß zu gehen. Bei schlechtem Wetter beispielsweise oder wenn man mitten durch die Innenstadt geht, viel auf Steinen/Asphalt läuft. Man muss es ohnehin nicht übertreiben. Barfuß ist für die Freizeit, für die eigenen vier Wände, für einen Ausflug ins Grüne. Wie weit du es treiben willst, liegt ganz bei dir.

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In jedem Fall aber gibt es mit den sogenannten Barfußschuhen die Möglichkeit, die meisten der alltäglichen Probleme des Barfußgehens zu beseitigen und trotzdem auf die Gesundheit der Füße zu achten.

Barfußschuhe stellen eine fantastische Innovation dar, die in den letzten Jahren rasante Fortschritte gemacht hat. In ihrer Anfangszeit waren die Modelle meist zwar funktional, aber vollkommen unästhetisch – und damit für viele Menschen im Alltag ein No-Go.

Doch mittlerweile gibt es Barfußschuhe in den verschiedensten Macharten – selbst im eleganten Business-Look. Kleines Beispiel für einen schicken wie auch funktionalen Alltagsschuh: Der Vivobarefoot Ra II.

Solche Schuhe gibt es für beide Geschlechter mittlerweile in den verschiedensten Farben und Ausführungsformen.

Die Richtung ist klar: Jeder Mensch sollte mindestens ein Paar Barfußschuhe besitzen. Sie haben keine Fersensprengung, eine sehr dünne Sohle, die den Fußkontakt zum Boden erhält und damit die Vernervung des Fußes stärkt, und bieten für gewöhnlich ausreichend Zehenfreiheit.

Wenn du dir demnächst also mal wieder neue Schuhe besorgst, kann ich dir nur raten, dich nach einem guten Barfußschuh umzusehen.

Barfußgehen – Die Anpassungsphase

Wer sein Leben lang vorrangig mit Schuhen unterwegs war, hat sich natürlich entsprechend angepasst, sodass der Umstieg aufs Barfußgehen geduldig und progressiv gestaltet werden sollte! Wer sofort ins andere Extrem schwenkt und von jetzt auf gleich nur noch barfuß unterwegs ist, muss mit Überlastungserscheinungen rechnen. Das können schmerzende Füße, verkrampfte Waden, Reizungen der Achillesfersen sowie schlimmstenfalls Ermüdungsbrüche sein.

Fang‘ langsam an, gewöhne dich an das Gefühl und lerne, deine Füße wieder kontrolliert und natürlich zu bewegen. Wenn möglich, beginne auf weichem Untergrund. Gehe ein paar Runden durch den Park spazieren und spüre den Bodenkontakt.

Mit der Zeit werden dann übrigens auch erste Schäden vom exzessiven Tragen anatomisch ungünstiger Schuhe korrigiert. Die natürliche Krümmung der Fußsohle kann wiederhergestellt und auch die Ausrichtung der Füße (nämlich nach vorne) kann verbessert werden.

‚Natürlich‘ klingt nett – aber wenn die Rahmenbedingungen unnatürlich sind?

Ich habe es eingangs schon erwähnt: Die gesamte Thematik darf man nicht nur in schwarz und weiß betrachten. Hier lohnt sich definitiv ein differenzierter Blick.

Bisher haben wir uns damit beschäftigt, was der natürlichen Funktionsweise und Anatomie unseres Fußes entspricht. Was aber ist, wenn die Rahmenbedingungen unnatürlich sind?

Ein Beispiel: Natürlicher wäre es, barfuß zu trainieren. Unnatürlich dagegen ist es, mit 150 kg auf dem Rücken Kniebeugen zu machen. Ist Natürlichkeit im Rahmen eines unnatürlichen Verhaltens noch gesund?

Das ist hier die Frage, die nicht allgemeingültig zu beantworten ist. Um es mal mit den Worten von Mark Rippetoe zu sagen: Du entscheidest, wo der Sch… endet.

Ich selbst trainiere gerne barfuß in der freien Natur. Das fühlt sich gut an. Doch wenn ich richtige Gewichte hebe oder intensiveres HIIT (oder vergleichbare, ans Crossfit angelehnte Trainingsformen) absolviere, nutze ich festes, stabiles Schuhwerk, weil es durch die zusätzliche Stabilisierung einen besseren Kraftübertrag ermöglicht und hinsichtlich der Verletzungsgefahr in diesem Kontext auch gesünder ist.

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Denn wenn du intensiv und dynamisch auf hartem Boden trainierst, Sprints und Sprünge absolvierst, ist die Gefahr, umzuknicken, hängenzubleiben und sich vielleicht auch ernsthaft zu verletzen, ohne Schuhe sehr viel höher. Ich habe bisher noch keine stichhaltigen Argumente gehört, die dieses Risiko lohnenswert erscheinen lassen.

Bei vielseitig anspruchsvollem, an Crossfit angelehntem Fitnesstraining gehören deshalb gute, stabile Schuhe dazu.

Ich selbst habe eine ganze Weile nach dem passenden Modell gesucht, welches einerseits eine stabile Ferse für schwere Gewichte bietet, aber andererseits auch flexibel genug ist, um damit explosiv-dynamisch zu trainieren – Sprints und Hügelsprints, Boxensprünge, Seilspringen, diverse Kettlebell- und Medizinballübungen. Ich wollte also eine Art Allround-Modell und ich denke das ist es auch, was die meisten Menschen wollen, die nicht nur für Ästhetik pumpen, sondern einen gesunden, fitten, vielseitig durchtrainierten Körper im Athleten-Look haben möchten.

Wenig überraschend bin ich dabei im Crossfit-Bereich fündig geworden. Der Nano 6.0 von Reebok ist für mein Empfinden der beste von mir ausprobierte Schuh für dieses Anforderungsprofil. Ich habe ihn mittlerweile seit einem halben Jahr fast täglich im Einsatz und kann noch keinerlei Verschleißerscheinungen erkennen. Eine bekannte Alternative wäre unter anderem der Metcon 3 von Nike.

Fazit „Schuhe im Training“: Es ist definitiv Geschmacksache, aber es gibt einige gute Argumente dafür, für das beschriebene Fitness-Training stabiles Schuhwerk zu nutzen. Hängt aber in erster Linie davon ab, wie du trainierst. Wer vorrangig langsam und kontrolliert trainiert, kann das auch barfuß tun.

Schuhe für Läufer

Und wieder sind wir bei den unnatürlichen Rahmenbedingungen: Heutzutage bewegen wir uns vorrangig auf sehr festem Untergrund. Das ist eine unnatürliche Dauerbelastung für die Füße. Auf der einen Seite kann sich der Fuß natürlich anpassen, aber letztlich gibt es auch dafür Grenzen. Wer beispielsweise Marathonläufer und viel auf Asphalt unterwegs ist, tut gut daran, sich entsprechend leicht gepolstertes Schuhwerk zu besorgen.

Gesagt sei hierbei allerdings auch, dass Dauerläufe auf hartem Untergrund ob mit oder ohne Schuhe grundsätzlich keine gute Idee sind. Es ist durch den harten Untergrund schlicht eine unnatürliche Belastung, die vom Fuß in den gesamten Körper übertragen werden kann. Nicht ohne Grund klagen viele Läufer mit der Zeit über Verschleißerscheinungen und Verletzungen.

Wenn du die Möglichkeit hast, solltest du diese Form des Trainings lieber auf weicherem Boden, zum Beispiel auf sandigem Waldboden, absolvieren. Und dann ist das – bei langsamer Steigerung! – auch barfuß möglich. Nur übertreiben sollte man es nicht!

Der Unterschied zwischen Rennen und Gehen besteht übrigens vorrangig in der Gangart. Während wir beim Gehen natürlicherweise mit der Ferse zuerst auftreffen, kommen wir bein Rennen mit dem Ballen zuerst auf.

Der Vorteil beim Ballengang besteht darin, dass der Auftritt abgepuffert wird. Trittst du dagegen zuerst mit der Ferse auf, wird der Stoß unmittelbar durch das ganze Bein bis in den Rücken und sogar Kopf übertragen. Tatsächlich können Jogger, die mit der Ferse zuerst aufsetzen, dadurch Rückenschmerzen bekommen!

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Auf der anderen Seite ist der Fersengang „ökonomischer“, weil er weniger muskuläre Arbeit erfordert. Deshalb ist klar: Wer es mit dem Rennen übertreibt und ausschließlich auf Ballengang setzt, riskiert Überlastungserscheinungen in der Muskulatur – das führt zu den bereits angesprochenen Problemen wie Reizung der Achillessehnen und im Extremfall auch Ermüdungsbrüche.

Wenn die Belastung zu groß wird – Folgen von Übergewicht

Etwas beleibtere Menschen klagen häufig über Schmerzen, wenn sie viel zu Fuß unterwegs sind – vor allem, wenn die Bewegung Teil ihres Jobs ist und damit über einen langen Zeitraum fast täglich ausgeführt wird.

Es gibt hier eine einfache Gleichung, die das Problem erklärt:

Übergewicht + harter Boden + weite Strecken = Schmerzen.

Das zumindest trifft es in den meisten Fällen genau. Wer mit diesem Problem zum Arzt geht, bekommt häufig Einlagen empfohlen oder verschrieben, mit denen es dann wieder besser geht – zumindest vorläufig.

Allerdings gleicht das dem reinen Behandeln von Symptomen. Denn die entscheidende Ursache liegt nicht nur im Boden, sondern speziell auch im Übergewicht begründet. Normalgewichtige Menschen können sich meist problemlos auch an härteren Untergrund gewöhnen (Läufer mit außergewöhnlicher Dauerbelastung seien hier mal ausgenommen) und somit vom Barfußgehen bzw. von Barfußschuhen profitieren.

Wer sich in dieser Situation befindet, sollte demnach zwar zunächst Schuhe und Einlagen benutzen. Aber man sollte sich nicht dem Irrglauben hingeben, das Problem sei damit aus der Welt geschafft. Vielmehr ist das ein beachtenswertes Warnsignal. Weitere Probleme werden mit Sicherheit folgen, wenn die Ursache (Übergewicht) nicht behoben wird. Die Einlagen sind somit nur eine Brückenlösung.

Fazit

Grundsätzlich gilt für Schuhe und Einlagen wie für jedes andere „Tool“ mit gleicher Funktion auch: „Externe“ Stützen sind zwar nett gemeint, führen mit der Zeit aber zu „internen“ Schwächen.

Anders gesagt: Was von außen gestützt wird, muss nicht mehr von innen gestützt werden, sodass die dafür von Natur aus zuständigen Strukturen verkümmern und du letztlich von der äußeren Stütze abhängig wirst – und den möglichen Nebeneffekten dadurch mit der Zeit immer stärker ausgeliefert bist.

Deshalb ist es wichtig, den Füßen möglichst natürliche Rahmen- und Belastungsbedingungen zu verschaffen. Auf dieser Grundlage, wenn du häufiger barfuß und im Alltag mit entsprechenden Barfußschuhen unterwegs bist, können allerdings spezielle Schuhe gerade beim Training sinnvoll und nützlich sein.

Es ist somit kein Entweder-Oder-Spiel, sondern vielmehr eine Frage der richtigen Balance. So wie die Ernährung vorrangig naturbelassen und ausgewogen sein sollte, gelegentlich aber auch fern jeder „Vernunft“ in Genuss übergehen kann. Alles ist eine Frage der Balance.

(Bild 1: #67166095 | © Stefan Schurr – Fotolia.com Bild 2: #117966824 | © Dirima – Fotolia.com)