Klassisches Schulterdrücken gehört zu den absoluten Grundübungen des Krafttrainings. Bei technisch korrekter Ausführung bietet es das perfekte Schultertraining, weil im Gegensatz zum berühmteren Bankdrücken beim Schulterdrücken die Außenrotatoren der Schulter adäquat trainiert und entwickelt werden. Keine andere Hantelübung hat vergleichbar positive Auswirkungen sowohl auf die Kraft als auch die Stabilität der Schultern. Darüber hinaus beansprucht das klassische Schulterdrücken die Muskeln des oberen Rückens, den gesamten Core-Bereich und sogar die Beine.

Schulterdrücken ist also eine Ganzkörperübung! Die kinetische Kette geht vom Fuß bis zu den Händen, sodass verglichen mit dem Bankdrücken die Bewegung über viel mehr Gelenke hinweg ausgeführt wird. Jedes dieser zusätzlichen Gelenke ist ein potentieller Schwachpunkt bei der Bewegung. Die Koordination des klassischen Schulterdrückens ist daher wesentlich anspruchsvoller als die des Bankdrückens. Generell zählt das Schulterdrücken zu den technisch anspruchsvollsten Grundübungen des Hanteltrainings, sodass es kein Wunder ist, dass nur wenige Athleten die korrekte Technik beherrschen.

Da eine korrekte Ausführungstechnik jedoch wichtig ist, damit die Übung die Schultern stärkt, stabilisiert und nicht verletzt, sollte jeder Athlet entsprechend Zeit auf das Erlernen dieser komplexen Übung aufwenden. Das perfekte Schultertraining beginnt mit einer sauberen Technik des Schulterdrückens.

In diesem Artikel lernst du die häufigsten und schwerwiegendsten Fehler bei der Ausführung des Schulterdrückens kennen und erfährst zugleich, wie du diese Fehler beheben und die Übung technisch korrekt absolvieren kannst.

Fehler Nr. 1: Ein instabiler Stand

Alles beginnt mit einem stabilen Stand. Die meisten Athleten vergessen, dass es sich beim Schulterdrücken um eine Ganzkörperübung handelt. Sie konzentrieren sich auf die Bewegung der Hantel, auf die Kontraktion von Schultern und Trizeps, vergessen jedoch das Fundament der Bewegung, den stabilen Stand. Wenn der Stand jedoch instabil ist und der Unterkörper die Bewegung nicht korrekt unterstützt, neigen die meisten Athleten dazu, während des Drückens ins Hohlkreuz zu fallen, was mit der Zeit zu Problemen im Bereich der Lendenwirbelsäule führen kann.

So machst du es richtig: Nimm einen etwa schulterweiten Stand ein, drücke mit den Zehenspitzen in den Boden, um die Wadenmuskulatur zu aktivieren, spanne Oberschenkel, Hintern und Bauch fest an, um einen stabilen Stand zu erzeugen.

Fehler Nr. 2: Der falsche Griff

Als nächstes geht es darum, die Hantel ordentlich zu greifen.

Die meisten Athleten greifen die Hantel zu nah an den Fingern, sodass schon in der Ausgangsposition der Bewegung, wenn die Hantel sich knapp über den Schultern in der tiefsten Position befindet, die Handgelenke abknicken.

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Auf diese Weise entsteht ein Hebelarm im Handgelenk, der den Einfluss der Gewichtskraft auf das Gelenk deutlich vergrößern und dadurch zu Überlastungen und Verletzungen führen kann.

Weiterhin wird die Hantel oftmals zu weit gegriffen, sodass Hebelarme zwischen Hand und Schulter, zwischen Hand und Ellbogen sowie zwischen Ellbogen und Schulter entstehen, die erstens die Kraftentfaltung bei der Übung limitieren und zweitens die Verletzungsgefahr erhöhen.

So machst du es richtig: Die Hantel befindet sich in der Ausgangsposition in gerader Verlängerung des Unterarmknochens, denn dann gibt es keine Hebelwirkung auf das Handgelenk.

Fasse die im Rack liegende Hantel im Oberhandgriff und rotiere die Handflächen leicht nach innen (Pronation), sodass die Hantelstange nahe der Handwurzel parallel zur „Lebenslinie“ liegt.

Beim Press ist das Handgelenk also leicht eingedreht, wie es auch beim Kampfsport bei der Ausführung eines Faustschlages geschieht, um das Handgelenk stabil zu halten. In dieser Position können nämlich die Unterarmmuskeln am stärksten angespannt werden.

Die Weite des Griffes wird so gewählt, dass die Hände möglichst dicht an der Schulter sind.

Fehler Nr. 3: Die Hantel wird nicht über dem Körperschwerpunkt gedrückt

Diesen Fehler begehen besonders Trainingsanfänger bei fast allen Grundübungen. Sie bewegen die Hantel nicht entlang der Senkrechten über dem Körperschwerpunkt. Der Körperschwerpunkt ist der Gleichgewichtspunkt und wann immer du während der Bewegung von der Vertikalen des Gleichgewichtspunktes abweichst, entstehen dabei Hebelarme, die dich aus dem Gleichgewicht bringen, den Kraftaufwand vergrößern und lokale Überlastungen verursachen können.

Der Körperschwerpunkt befindet sich senkrecht über deiner Fußmitte. Das heißt, die Hantel wird – und das gilt beim Schulterdrücken ebenso wie beim Kniebeugen oder Kreuzheben – stets senkrecht über der Fußmitte bewegt.

Du kannst das Prinzip der schwerpunkttreuen Hantelführung leicht selbst austesten: Drücke die Hantel einmal senkrecht über der Fußmitte nach oben. Das ist die effiziente, korrekte Technik. Halte sie nun etwa 10 cm vor dem Körper und drücke sie dann nochmals senkrecht nach oben.

Du wirst eine ungesunde Belastung in der Schulter spüren. Wenn das Gewicht hoch genug ist, wirst du außerdem dein Gleichgewicht verlieren und nach vorne kippen. Selbiges passiert übrigens auch häufig beim Kniebeugen, wo manche Athleten zum Ausgleich des Hebelarms die Fersen heben und ihr Gewicht auf die Zehenspitzen verlagern.

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So machst du es richtig: Führe die Hantel während der gesamten Bewegung senkrecht über der Fußmitte!

Dabei wirst du feststellen, dass der Kopf der Hantel im Weg ist. Um ihn mit der Hantel schwerpunkttreu passieren zu können, kommt die Bewegung der Hüfte ins Spiel. Drücke mithilfe des angespannten Hinterns die Hüfte ein wenig nach vorne, sodass der Oberkörper leicht nach hinten geneigt wird.

Achtung: Der Rücken bleibt trotzdem gerade, der Kopf in gerade Verlängerung der Wirbelsäule und die Knie bleiben komplett durchgedrückt. Man fällt also nicht ins Hohlkreuz und knickt auch nicht die Knie ein, sondern drückt lediglich die Hüfte ein wenig nach vorne – spanne Hintern und Bauch an!

Sobald die Hantel den Kopf passiert hat, wird die Hüfte wieder in die Ausgangsposition und der Körper somit in eine gerade, natürliche Haltung gebracht – der Körper „taucht“ dann gewissermaßen unter die Hantel. Die Hantel selbst bewegt sich während der gesamten Bewegung ausschließlich vertikal!

Fehler Nr. 4: Die Unterarme sind nicht senkrecht zum Boden

Ein sehr häufiger Technikfehler, der sogar bei einem Demonstrationsvideo auf der offiziellen CrossFit-Seite zu sehen ist, besteht darin, die Unterarme nicht senkrecht zum Boden zu halten. Häufig werden die Ellbogen im Stile des Frontkniebeugens gehoben, was beim Schulterdrücken viel zu weit ist. Auf diese Weise entsteht ein ungewollter Hebel zwischen Ellbogen und Handgelenk, die Kraft kann nicht optimal auf die Hantel übertragen werden und die Handgelenke knicken leichter ab.

So machst du es richtig: Hebe die Ellbogen so weit nach vorne oben an, dass sie minimal vor der Hantel sind – in dieser Position sind die Unterarmknochen senkrecht zum Boden. Wenn du nun noch den Brustkorb nach oben hebst, hast du eine stabile Ablage für die Hantel – sie wird also nicht durch den Bizeps gehalten, sondern befindet sich wie auf einem Regal entweder auf dem oberen Brustkorb oder (wenn die Beweglichkeit nicht ausreicht) knapp darüber.

Wenn du die Ellbogen nicht weit genug hebst, wandert die Hantel automatisch nach vorne und verlässt diese stabile „Rack“-Position“. Wenn du die Ellbogen zu weit hebst, neigen die Hände dazu, abzuknicken, weil die Hantel nicht mehr stabil über der Handwurzel liegt (siehe Fehler Nr. 2).

Die Unterarmknochen bleiben während der gesamten Bewegung senkrecht über den Boden. Die Arme werden zwar im Verlaufe der Bewegung ab einem gewissen Punkt über dem Kopf aufgrund der Anatomie der Schulter automatisch nach außen rotiert, doch die Unterarme bleiben dennoch senkrecht zum Boden.

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Ein Hinweis zur Perspektive: Die Unterarmknochen sollten in jeder Richtung senkrecht zum Boden sein, dass heißt sowohl von der seitlichen als auch von der frontalen Perspektive aus. Von der seitlichen Perspektive ist es das Heben der Ellbogen bis minimal vor der Hantel, das für die senkrechte Position der Unterarme sorgt. Von der frontalen Perspektive aus ist es die korrekte Griffweite (seihe dazu Fehler Nr. 2), welche für senkrechte Unterarme sorgt.

Fehler Nr. 5: Bewegungsumfang zu gering

Dieser Fehler betrifft vor allem den oberen Teil der Bewegung. Die meisten Athleten stoppen die Bewegung, sobald die Arme durchgedrückt sind. Doch das ist nicht der Endpunkt des korrekt ausgeführten klassischen Schulterdrückens! Auf diese Weise werden Schultern und Rotatoren nicht optimal belastet und es besteht zudem die Gefahr des Impingements (Quetschung im Bereich der Schulterblätter und Rotatoren).

So machst du es richtig: Sobald die Arme gestreckt sind, werden die Schultern aktiv nach oben gedrückt. Das bringt verstärkt Trapezmuskel und Rotatoren ins Spiel und beugt dem sogenannten Impingement in der Schulter vor.

Diese Bewegung wird auch als „shruggen“ bezeichnet. Dabei ziehst du die Schultern so nach oben heraus, als ob die Arme zum Himmel gezogen werden würden. Selbiges wird übrigens auch beim Dip gemacht.

Der geliebte Besenstil

Die Schulterdrücken Technik ist komplex und es dauert seine Zeit, sie zu verinnerlichen. Um sie zu erlernen, solltest du regelmäßig und konzentriert üben.

Anfangs kannst du dafür einen einfachen Besenstil verwenden, um eine saubere Haltung und den schwerpunkttreuen Bewegungsablauf einzustudieren.

Langfristig führt für keinen Athleten, der Wert auf starke, stabile, gesunde Schultern legt, ein Weg am klassischen Schulterdrücken vorbei. Für eine ausgewogene Entwicklung der Schulter solltest du für jeden Satz Bankdrücken mindestens einen Satz Schulterdrücken ausführen.

(Bildquelle: © Andriy Bezuglov – Fotolia.com)