Wie erreiche ich maximale Fitness bei minimalem Aufwand? Zunächst indem ich mich auf das absolut Wesentliche konzentriere. Genau das hat Christian Zippel in seinem neuen Buch „80/20-Fitness“ getan.
Als ersten Schritt erklärt er, wie man seine Denkweise ändern sollte, um dieses Ziel zu erreichen. Zu diesem Zweck führt er das „Fitnesskonto“ ein, bei dem einfach gesagt die Investitionen in die Fitness größer als die Anzahl und Intensität der Genussmomente sein sollte, und erklärt die Grundzüge des Pareto-Prinzips – maximaler Ertrag bei minimalem Einsatz.
Diese Denkweise wird dann in drei verschiedenen Bereichen angewendet: NEAT, Körpergewichtstraining und Ernährung.

Mit NEAT zu mehr Gesundheit und Fitness

NEAT ist die Strategie, mehr Aktivität in den Alltag zu bringen. Laufen und Radeln statt Auto oder Bahn, Stehen statt Sitzen. Das NEAT-Kapitel alleine macht dieses Buches bereits lesenswert, denn es erklärt genau, wie das viele Sitzen und Liegen unserer Gesundheit enorm schadet und wie sich die körperliche Trägheit auf das gesamte Leben (und auch den Geist) auswirkt. Insgesamt ist dieses Kapitel sowohl wissenswert als auch sehr motivierend. Und es passt perfekt ins 80/20 Konzept, denn wer seinen Alltag aktiv gestaltet, tätigt eine enorme Investition in seine Fitness und das mit „einem mächtigen Hebel“, das heißt der Nutzen ist wesentlich größer als der Aufwand. Wie genau NEAT umgesetzt werden kann wird natürlich ebenfalls ausführlich behandelt – das aus meiner Sicht Wesentliche kann aber auch in der Mai-Challenge 2014 nachgelesen werden.

Effizientes Körpergewichtstraining

Das Körpergewichtstraining ist der zweite „Hebel“, mit dem die Fitness verbessert werden kann, ohne allzu großen Aufwand zu haben. Hierbei empfiehlt Christian für den Anfang zwei kurze Trainingseinheiten – die Häufigkeit kann allerdings auch intuitiv gesteigert werden. Sie richtet sich letztlich nach dem Fitnesskonto – je mehr Genuss, desto mehr Training.
Das besondere am Trainingsteil ist, dass die Anzahl der Übungen auf ein Minimum reduziert wurde. Das ist etwas, was kaum ein anderes Übungsbuch realisiert, aber es ist die einzig richtige Methode, denn um maximalen Ertrag bei minimalem Aufwand erzielen zu können, muss man sich auf das Wesentliche beschränken – in diesem Fall auf die besten Übungen. Viele Sportler nutzen zu viele Übungen, sodass sie keine richtig beherrschen lernen und letztlich immer nur ihre Koordination verbessern, statt wertvolle, umfassende Wachstumsreize zu setzen.
Die Übungen gibt es in allen Schwierigkeitsstufen, sodass sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene auf ihre Kosten kommen. Zusätzlich zu normalen Körpergewichtsübungen gibt es auch einen Teil zum Training an Ringen.
Turnerringe mögen auf dem ersten Blick nur für wirklich fortgeschrittene Sportler geeignet sein – das ist allerdings ein Irrtum. Denn sie sind ein geniales Hilfsmittel, um normale Körpergewichtsübungen zu erlernen. Wer beispielsweise keine Kniebeugen oder einbeinigen Kniebeugen schafft, kann die Ringe zur Hilfe nehmen und dadurch einen Teil der Arbeit mit den Armen bewältigen. Auf umgekehrte Art lässt sich auch der Klimmzug erlernen, indem man die Ringe niedriger stellt und sich mit den Beinen zusätzlich vom Boden abdrückt.
Die Übungen des Trainingsteils werden hier im Stile des Intervalltrainings absolviert. Auf diese Art wird eine große Intensität in kurzer Zeit erzeugt, was zu einem beschleunigten Stoffwechsel auch nach dem Training führt und dadurch eine große Investition in das Fitnesskonto darstellt.

Gesunde Ernährung ohne Wissenschaft

Der letzte „Hebel“ ist die Ernährung und die wird hier sehr einfach und zweckmäßig gehalten. Keine unnötige Wissenschaft, sondern reine Intuition und das Wechselspiel aus Fasten und Fressen. Der Kern der Ernährungsempfehlung ist naturbelassene Ernährung mit gelegentlichen Fastentagen (1-2 pro Woche) und Fresszeiten, wo auch ruhig richtig geschlemmt werden kann. Diese Strategie ist an die Steinzeit angelehnt, wo Menschen regelmäßig fasten und aufgrund mangelnder Konservierungsmöglichkeiten auch häufiger mal richtig zulangen mussten. Eine sehr natürliche Ernährungsform also – einfach, effizient und effektiv.

Vertraue Deiner Intuition

Insgesamt ist das gesamte Buch darauf ausgelegt, dass weniger geplant und mehr intuitiv gehandelt wird. Pläne sind starr und können nicht die Dynamik des Fitnesskontos, welches die Grundlage des gesamten Konzeptes ist, berücksichtigen. Es ist also nicht so, dass Anwender viele Opfer bringen müssten und sich an einengende Vorgaben halten müssten – letztlich wird 80/20-Fitness basierend auf übergreifenden Prinzipien vom Anwender selbst reguliert.

80/20-Fitness Pro und Kontra

Das Buch ist wissenswert und für die Zielgruppe praktisch gestaltet. Ich konnte einiges an Wissen, vor allem aber auch jede Menge Motivation daraus ziehen. Es ist leicht verständlich geschrieben und enthält dennoch eine gewisse Tiefe. Das Lesen macht auch aufgrund vieler Wortspiele und interessanter Nebeninfos wirklich Spaß und gleichzeitig wird man hin und wieder zum Nachdenken angeregt. Ist vielleicht nicht jedermanns Sache, mir hat der Stil aber sehr gut gefallen.

Die Bilder der Übungen sind nicht ganz optimal, aber bei zweimaligem Hinsehen lässt sich schon alles erkennen – also aus meiner Sicht nicht weiter Schlimm. Der größte und eigentlich einzig nennenswerte Kritikpunkt ist der Muskelaufbau bei 80/20-Fitness. Meiner Meinung nach kann man mit dem Konzept dahinter eher wenig Muskelmasse aufbauen kann. Okay, das primäre Ziel des Buches ist die Fitness, aber dabei spielt Muskelmasse, wie vom Autor auch mehrmals erklärt, eine gewichtige Rolle – Muskeln sind „Brennöfen“, die den Stoffwechsel am Laufen halten.
Bei zwei Trainingseinheiten mit koordinativ anspruchsvollen Körpergewichtsübungen und dazu noch regelmäßigen Fastentagen kann man nicht allzu viele Zuwächse an Muskelmasse erwarten. Anfänger werden zwar mit der Zeit schon ein wenig aufbauen, aber viel wird es nicht sein. Um wirklich Muskelmasse aufbauen zu können, muss häufiger und nach Möglichkeit unter Einbeziehung wichtiger Grundübungen wie Kniebeugen und Kreuzheben mit schweren Gewichten trainiert werden. Zudem sollte dabei auch die Ernährung in Kaloriendefizit und -überschuss unterteilt werden – Fastentage sind für den Muskelaufbau eher kontraproduktiv.
Das ist an sich nicht weiter schlimm, denn großartiger Muskelaufbau ist nicht Ziel des Buches – es geht ja eigentlich nur darum, fit und gesund zu leben, ohne viel Zeit dafür opfern zu müssen. Es ist nur so, dass bei den Versprechungen zum Thema Muskelaufbau im Buch aus meiner Sicht übertrieben wird, was im Leser falsche Erwartungen weckt.

Fazit

Alles in allem kann ich das Buch wirklich guten Gewissens empfehlen, denn um das Ziel Fitness und Gesundheit ohne großartigen Zweitaufwand zu erreichen, ist das gesamte Konzept des Buches wirklich hervorragend geeignet. Der Leser wird motiviert und begeistert, wesentliche Schritte für seine Fitness zu gehen und erhält zudem auch alle Notwendigen Informationen dafür. In seiner gesamten Machart ist dieses Buch aus meiner Sicht einzigartig und daher absolut lesenswert.