Früher oder später kommt jeder Athlet einmal mit Creatin in Verbindung. Neben Eiweißpulvern gehört Creatin zu den am meisten verkauften Supplementen überhaupt und für viele Athleten gilt es gar als unverzichtbar. Andere hingegen sehen darin eine Art legales Doping und halten Abstand. In Sachen Creatineinnahme und –wirkung herrscht weithin noch einiges an Unwissenheit, sodass sich viele Sportler im Unklaren darüber sind, ob, wann und wie sie Creatin einnehmen sollen. In diesem Artikel möchte ich alle gängigen Fragen zum Thema Creatin klären, mit einigen Gerüchten aufräumen und entsprechende Einnahme- sowie Produktempfehlungen geben.

Grundlegendes Wissen zum Thema Creatin

Creatin StrukturCreatin ist ein natürlicher Stoff, der im Wesentlichen aus den Aminosäuren Arginin, Methionin und Glycin besteht und im Körper (Leber, Nieren und Bauchspeicheldrüse) hergestellt werden kann. Zudem wird Creatin über die Nahrung zugeführt – Rindfleisch, Schweinefleisch und einige Fischarten wie Lachs und Hering sind beispielsweise besonders reich an Creatin.
Manche Athleten lassen die Finger von Creatin, weil sie „natural“ bleiben wollen. Nun, wie wir sehen ist Creatin ein natürlicher Stoff, der sogar im Körper selbst hergestellt wird. Andererseits ist Creatinpulver nicht natürlich – jedenfalls habe ich im Wald noch nie eine „Creatinpflanze“ oder ähnliches gesehen. Es ist ein großer Unterschied, ob ein Stoff isoliert oder in Verbindung mit anderen Stoffen eingenommen wird. Vitamin C ist auch ein natürlicher Stoff, nur kommt es in der Natur nicht isoliert vor und wie ich in einem späteren Artikel noch näher erklären werde, kann die isolierte Verabreichung von Vitaminen für manche Menschen schädlich sein.
Es ist daher ein schmaler Grat, ob die Einnahme von Creatin noch zu einer naturbelassenen, gesunden Ernährung zu zählen ist oder nicht. Doch dazu weiter unten mehr.

Im Körper wird das Creatin zum Großteil in der Skelettmuskulatur gespeichert und entfaltet dort seine für Kraftsportler so wichtige Wirkung.

Die Wirkung von Creatin für Kraftsportler

Besonders beliebt ist die Einnahme von Creatin in der „Massephase“, also wenn Muskelaufbau das Ziel ist. Allerdings fördert Creatin den Muskelaufbau nicht direkt, sondern indirekt – nämlich über die Erhöhung der Leistungsfähigkeit. Es fördert die Regeneration und den „Energieoutput“ – sorgt also schlicht und einfach dafür, dass mehr Arbeitet verrichtet werden kann.
Bei der Erklärung spielt der wichtige Energieträger ATP die Hauptrolle. Adenosintriphosphat ist ein Molekül bestehend aus drei Phosphaten. Diese molekulare Bindung ist sehr energiereich. ATP ist ein wichtiger, unmittelbar verfügbarer Energieträger der Muskeln und zudem Regulatur weiterer energieliefernder Prozesse. Es spielt eigentlich überall im Körper – beispielsweise auch im Gehirn – eine wichtige Rolle, in diesem Artikel soll es aber primär um die Anwendung für Kraftsportler gehen, sodass in erster Linie die Wirkung im Muskel betrachtet wird.
Um Energie liefern zu können, wird das ATP aufgespalten – in zwei- oder einfache Phosphate. Dabei wird Energie freigesetzt, die zur Verrichtung von Arbeit (also dem Bewegen des Gewichts) genutzt werden kann.
Welche Rolle spielt dabei nun Creatin? Creatin ist Bestandteil des Creatin-Phosphat-Systems und in dieser Rolle kann es den Platz eines aufgespaltenen Phosphats übernehmen und so dem ATP beim Regenerieren helfen.
Der Sportler kann sich also schneller erholen und mehr Energie entfalten – sprich mehr Leistung erbringen.
Zudem dient Creatinphosphat als Puffer, der den Säureanstieg im Muskel dämpft – was wiederum die Erschöpfung reduziert.

Die Einnahme von Creatin führt zu einer Gewichtszunahme, die nicht nur auf Muskelaufbau, sondern zum Großteil auf eine vermehrte Wassereinlagerung in den Muskeln zurückzuführen ist.

Es wurde in unzähligen Studien gezeigt, dass eine zusätzliche Creatinzufuhr den Creatinphosphatgehalt in den Skelettmuskeln erhöht und dadurch eben diese positiven Effekte – höhere Leistungsfähigkeitkeit, bessere Regeneration, weniger Erschöpfung, größeres Muskelvolumen – eintreten. Fast all diese Studien wurden jedoch an Kraftsportlern durchgeführt. Aber hilft Creatin auch bei Ausdauersportlern?

Creatin für Ausdauersportler

Hier gibt es vergleichsweise wenige Untersuchungen, sodass keine eindeutigen Aussagen getroffen werden können. Es deutet allerdings darauf hin, dass auch die Qualität der Workouts im Ausdauersport durch eine zusätzliche Einnahme von Creatin steigt. Ich habe dazu ein paar Bekannte von mir befragt, die Ausdauersport betreiben, und von denjenigen, die Creatin probiert haben, kam positives Feedback. Sie hatten „mehr Energie“, konnten „länger durchhalten“.
Hier liegt natürlich eine sehr geringe Menge an „Testpersonen“ vor, sodass die daraus gewonnenen Eindrücke weit von einer allgemeingültigen Aussage entfernt sind. Einen Versuch ist es allerdings auf jeden Fall Wert. Der einzig mir bekannte Nachteil für Ausdauersportler wäre die Gewichtszunahme durch Wassereinlagerungen. Diese ist jedoch temporär auf den Creatineinnahmezeitraum begrenzt, sodass nach der Absetzung von Creatin alles wieder beim Alten ist. Daher können auch Ausdauersportler testen, ob die Einnahme von Creatin positive Trainingseffekte aufweist.

Nebenwirkungen

Besonders interessant werden für die meisten Leser die Nebenwirkungen sein. Viele haben bei der Einnahme von Creatin Angst vor negativen Nebenwirkungen. Diese ist jedoch weitestgehend unbegründet. Bei einer normalen Dosierung gibt es keine erwiesenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Beispielsweise wurden Leber- oder Nierenschädigungen infolge der Einnahme von Creatin längst widerlegt.
Vielmehr wird eine ergänzende Einnahme von Creatin mit einigen positiven Nebenwirkungen in Verbindung gebracht, darunter beispielsweise eine anti-depressive Wirkung und die Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit speziell bei Vegetariern und Veganern (die häufig unter einem Creatinmangel leiden).
Negative Nebenwirkungen wären einzig bei einer Überdosierung zu erwarten. Creatin „zieht“ Wasser, das heißt es verhindert in einem gewissen Maße die Wasserausscheidung (Wasserretention) – so kommt es zur Wassereinlagerung im Muskel. Wird zu viel Creatin auf einmal genommen, so kann eben das im Magen-Darm-Bereich geschehen. Übelkeit, Durchfall und Bauchschmerzen können die Folge sein. Das passiert allerdings wie bereits erwähnt nur bei einer Überdosierung –die gewöhnlichen Einnahmeempfehlungen wie auch ich sie weiter unten geben werde, sind unbedenklich. Nur wer wirklich Probleme bei der Verdauung von Creatin hat (also auch bei der empfohlenen Dosis), sollte die Finger davon lassen – ich selbst habe allerdings noch niemanden getroffen, der die gängige Dosis nicht verträgt, sodass es sich hierbei um seltene Ausnahmen handelt.

Also halten wir fest, dass eine ergänzende Creatin Einnahme entsprechend der gängigen Einnahmeempfehlungen für die große Mehrheit der Athleten gesundheitlich unbedenklich bzw. gar positiv ist – so der bisherige Stand der Untersuchen und praktischen Erfahrungen. Das gilt allerdings in der Form wie all die Empfehlungen, die ich auf dieser Seite ausspreche, nur für gesunde Menschen. Gesundheitlich beeinträchtigte Menschen sollten im Zweifelsfall natürlich einen Arzt konsultieren.

Die verschiedenen Creatinformen

Es gibt mittlerweile einige verschiedene Creatinformen auf dem Markt. Allerdings ist nach dem bisherigen Stand keine für die Leistungsfähigkeit bzw. den Muskelaufbau effektiver als das ganz gewöhnliche Creatin Monohydrat. Alle anderen Formen wie Kre-Alkalyn oder Creatin Ethyl Ester sind zwar wesentlich teurer aber eben nicht effektiver. Es reicht also absolut aus, ein hochwertiges Creatin Monohydrat zu kaufen.
Unter Hochwertigkeit versteht sich sowohl die Rein- als auch die Feinheit. Also es sollte ausschließlich reines, feinkörniges Creatin Monohydrat. Hierfür gibt es das Qualitätssiegel „Creapure“. Viele hochwertige Creatin Monohydrate – ob von Weider, All Stars oder einem anderen Hersteller – haben dieses Creapure-Siegel, welches im Prinzip für eine sehr hohe Qualität steht. Das soll allerdings nicht heißen, dass Produkte ohne dieses Siegel automatisch minderwertig sind. Mit dem Siegel ist man auf der sicheren Seite, bezahlt in der Regel aber auch etwas mehr.

Die Creatin Einnahme

Wann das Creatin eingenommen wird, spielt eigentlich keine Rolle. Es geht darum, die Skelettmuskulatur aufzufüllen, bis die Sättigung erreicht ist – überschüssiges Creatin wird denn über den Urin ausgeschieden. Ob es morgens, mittags, abends, vor oder nach dem Training eingenommen wird spielt daher keine Rolle. Das Creatin wird in der Muskulatur eingelagert, bis es gebraucht wird.
Allerdings fällt die Verdauung leichter, wenn es zusammen mit einer Mahlzeit eingenommen wird und die Aufnahme von Creatin funktioniert in Verbindung mit schnellen Kohlenhydraten besonders gut, sodass die Creatin Einnahme nach dem Workout besonders praktisch ist. Eine Banane mit 30g Whey-Protein und 3-5g Creatin ist das perfekte „Post-Workout Meal“.
Wie groß die Creatinmenge genau sein sollte, hängt von der Menge an Muskelmasse ab. Je mehr Muskeln, desto größer die Speicherkapazität. Wer also schon viel Muskelmasse hat, sollte sich eher an den 5g Creatin orientieren, wohingegen alle anderen bereits mit 3g Creatin täglich bestens bedient sind. Die Menge von 5g Creatin findet sich übrigens in etwas mehr als einem Kilogramm Rindfleisch – nur um einen Blick für die Relationen zu bekommen.

Creatin in Rindfleisch

Creatin dauerhaft einnehmen oder im Rahmen eines Zyklus?

Klassischerweise wird Creatin zyklisch eingenommen. Ein Zyklus besteht dabei in der Regel aus einer einwöchigen „Ladephase“, in der etwa 20g Creatin täglich (verteilt auf 4-5 Portionen) eingenommen werden, gefolgt von einer Erhaltungsphase (5-7 Wochen), in der dann 3-5g täglich genommen werden, und einer Pause (meist mehrere Wochen).
Allerdings ist diese Vorgehensweise unnötig. Du kannst Creatin problemlos dauerhaft täglich nehmen, da es keine bekannte Toleranzausbildung seitens des Körpers gibt. Das heißt der Körper wird nicht unempfindlich für die Wirkung von Creatin, wenn es dauerhaft eingenommen wird. Es geht ausschließlich um das Füllen der Speicher, also um die Sättigung – daraus entstehen die positiven Effekte. Diese Sättigung wird mit einer permanenten Einnahme bestmöglich gehalten. Wird das Creatin dann abgesetzt, so fährt der Körper nach einigen Tagen die eigene Produktion wieder hoch und alles geht seinen gewohnten Gang – die durch die Einnahme von Creatin aufgebaute Muskelmasse bleibt erhalten, das eingelagerte Wasser wird ausgeschieden.
Eine Ladephase kann dennoch dabei helfen, die maximale Speicherkapazität, also die Sättigung, schneller zu erreichen. Allerdings stellt sie auch eine wesentlich größere Belastung für den Magen dar, sodass man die Ladephase im Zweifelsfall lieber weglassen sollte.

Creatin als Trainingsanfänger

Trainingsanfänger benötigen kein zusätzliches Creatin Monohydrat. Die Wirkung von Creatin Monohydrat spielt erst bei höheren Trainingsintensitäten, also wenn schwerere Gewichte bewegt werden und mehr Arbeit verrichtet wird, eine Rolle. Bei Trainingsanfängern reicht die vom Körper produzierte und über die Nahrung zugeführte Menge an Creatin vollkommen aus – davon ausgenommen sind Vegetarier und Veganer, die in der Regel keine nennenswerten Mengen Creatin über die Nahrung zuführen.
Alle anderen sollte frühestens nach 6-12 Monaten Training über eine zusätzliche Ergänzung mit Creatin nachdenken.

Creatin für Fettabbau

Es gibt keine direkte Wirkung von Creatin auf den Fettabbau, allerdings erhöht es die Leistungsfähigkeit und beschleunigt die Regeneration, sodass mehr Arbeit verrichtet werden kann. Das wiederum geht mit einem erhöhten Energieverbrauch einher – und genau darum geht es ja beim Fettabbau. Das heißt indirekt hat Creatin eine positive Wirkung auf den Fettabbau und kann daher theoretisch auch in der Diät genommen werden. Bedenklich ist nur die erhöhte Wassereinlagerung in Folge der Creatin Einnahme. Wer richtig definiert und „trocken“ aussehen möchte, sollte daher im Zweifelsfall in der Diät lieber auf Creatin verzichten.

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Produktempfehlungen

Wie bereits erwähnt, sollte beim Kauf eines Creatin Monohydrats darauf geachtet werden, dass es sich um ein hochwertiges Produkt handelt – im Zweifelsfall nach dem Creapure-Siegel schauen. Meiner Erfahrung nach fällt die Einnahme und Dosierung der Kapselform leichter, allerdings ist sie auch etwas teurer. Die Entscheidung liegt daher bei Dir, ich selbst nehme aufgrund des günstigeren Preises Creatinpulver und gebe das dann einfach in den Post-Workout Shake.
Creatin (Pulver)Mit Blick auf das Preis-Leistungs-Verhältnis kann ich QNT Creatin Monohydrat und Scitec 100% Creatine empfehlen. Wer auf Nummer sicher gehen und ein Produkt mit Creapure-Siegel kaufen möchte, wird mit All Stars Creatin Monohydrat gut bedient sein. In Kapsel- bzw. Tablettenform empfehlen sich preislich betrachtet QNT Creatin Tabletten oder vom Standpunkt der Qualitätsgarantie Weider Creatin Kapseln (letztere haben das Siegel, sind aber wesentlich teurer).

Zusammenfassung

Die Einnahme von Creatin Monohydrat steigert die Leistungsfähigkeit und fördert dadurch den Muskelaufbau. Wer schnelle Fortschritte in Sachen Kraft- und Muskelaufbau verzeichnen will, kann auf die Hilfe von 3-5g Creatin täglich – idealerweise im Post-Workout Shake – zurückgreifen. Creatin steht darüber hinaus im Verdacht einige weitere positive Effekte, so zum Beispiel auf die kognitive Leistungsfähigkeit, zu haben. Negative Nebenwirkungen sind bei gewöhnlicher Dosierung und keiner vorangegangenen gesundheitlichen Beeinträchtigung nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht zu erwarten. Im Zweifelsfall kannst Du (ob Ausdauer- oder Kraftsportler) die Einnahme von Creatin über ein mehrere Wochen einfach selbst testen und schauen, welche Wirkung sich bei Dir entfaltet. Sicher sagen kann ich auf jeden Fall, dass Creatin Monohydrat eines der wirkungsvollsten legalen Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt ist und daher im Kraftsport zurecht einen hohen Stellenwert einnimmt. Unverzichtbar ist es wie alle anderen Nahrungsergänzungsmittel allerdings dennoch nicht.

Dieser Artikel ist Teil der Serie „Der Supplemente-Guide

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