Im Artikel „Wie man schnell Kraft aufbauen kann“ habe ich bereits erklärt, worauf es beim Kraftaufbau ankommt. Ein wichtiger Punkt dabei war, dass Übungen stets so explosiv wie möglich ausgeführt werden sollten, um die größten Muskelfasern besser zu treffen. Ebenso trainieren auch Gewichtheber. Vermutlich hat jeder schon einmal einen kleinen Ausschnitt von Gewichtheberwettkämpfen gesehen – doch was genau machen die da eigentlich? Weder Kniebeugen noch Kreuzheben kommen darin vor.
Gewichtheber messen sich in den koordinativ extrem anspruchsvollen Übungen Reißen und Stoßen. Früher zählte auch das klassische Drücken zu den olympischen Übungen, allerdings wurde es aufgrund von ungesunden Atemmanövern und immer schlechter werdender Technik gestrichen.
Nun gibt es nur noch Reißen und Stoßen – zwei Übungen, die aufgrund ihrer hohen Anforderungen an die Koordination von Bodybuildern sträflich vernachlässigt werden. Dabei gibt es kaum bessere Übungen zum Aufbau von Kraft und auch zum Fettabbau.
Reißen und Stoßen fordern jeweils den gesamten Körper – mehr noch als Kniebeugen und Kreuzheben. Das Reißen beispielsweise kann man sich als Verbund von Kreuzheben und Überkopfkniebeugen vorstellen. Diese beiden Übungen werden so explosiv wie möglich durchgeführt und sorgen daher für einen extremen Anstieg an funktionaler Schnellkraft. Bodybuilder werden dadurch hervorragende Fortschritte bei allen anderen Übungen machen und zudem natürlich auch mehr Muskeln aufbauen. Athleten anderer Sportarten profitieren ebenfalls von einer starken Leistungssteigerung – egal ob Sprinter, Fußballer, Handballer usw.

Die Technik

Leider haben diese beiden Übungen auch einen Haken: Sie müssen lange Zeit geübt werden, ehe sie in der Praxis wirkungsvoll genutzt werden können. Die koordinativen Ansprüche sind wirklich groß, daher sollte die Technik sauber erlernt werden. Ist dies erst einmal geschehen, wird man diese Übungen lieben lernen. Hohe Anforderungen an die Koordination sind nämlich sowohl negativ als auch positiv zu bewerten. Hat man den „negativen“ Teil, also das Erlernen der Technik, hinter sich gebracht, so bieten solche Bewegungen eine tolle Abwechslung im Trainingsalltag. Das Beste daran ist, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als sich vollkommen zu konzentrieren. Viele Sportler sind beim Training mit den Gedanken noch ganz woanders und vergeuden damit wertvolles Potenzial. Beim Reißen, Stoßen und klassischen Drücken ist dies nicht möglich, da sonst die Hantel nicht mehr unter voller Kontrolle ist.

Reißen

Wie schon angesprochen ist Reißen eine Art dynamische Kombination von Kreuzheben und Überkopfkniebeugen. Die Hantel wird im Kreuzhebenstil mit sehr breitem Griff aufgehoben und über den Kopf „gezogen“ (der Körper „taucht“ unter die Hantel). Dabei geht der Athlet in die tiefe Kniebeuge und drückt sich dann mit der Hantel über dem Kopf in die aufrechte Position. Dabei wird jeder einzelne Muskel des Körpers beansprucht. Ich bin kein Gewichtheber-Experte, daher lasse ich für die Technik den erfahrenen Trainer Johann Martin zu Worte kommen:

Stoßen

Stoßen ist eine abgewandelte Kombination aus Kreuzheben und klassischem Drücken. Die Hantel wird ähnlich wie beim Reißen nach oben gezogen, allerdings diesmal auf den Schultern „umgesetzt“, also nicht über den Kopf bewegt. Der letzte Teil der Bewegung ist dann ein „Ausstoßen“, bei dem die Hantel von den Schultern über den Kopf bewegt wird. Auch hier empfiehlt sich zur Veranschaulichung ein Video von Johann Martin:

Klassisches Drücken

Diese Übung ist koordinativ ebenfalls anspruchsvoll, allerdings nicht in einer Liga mit Reißen und Stoßen. Klassisches Drücken kann wesentlich leichter gemeistert werden. Die Schwierigkeit ist hier vor allem das Anspannen der einzelnen Muskeln. Waden, Beine, Hintern, Bauch, oberer Rücken, obere Brust, Schulter und Bizeps müssen in die Bewegung einbezogen werden. Kaum ein Sportler beherrscht sauberes Drücken, daher verkommt diese geniale Ganzkörperübung zu einer banalen Schulterübung.
Wie klassisches Drücken richtig ausgeführt werden kann, habe ich hier im Blog unter dem Reiter „Übungen“ (klick) bereits erklärt. Wie auch beim Reißen und Stoßen sollte hier genügend Übungszeit eingeplant werden.

Fettabbau, Kraft- und Muskelaufbau

Diese Kraftübungen beanspruchen so ziemlich alle Muskeln im Körper und führen daher zu starken hormonellen Reaktionen, beispielsweise in Form von erhöhten Wachstumshormon- und Testosteronausschüttungen. Darüber hinaus wird hierbei viel Energie verbraucht und der Stoffwechsel ordentlich in Schwung gebracht. Reißen, Stoßen und klassisches Drücken sind daher absolute Topübungen für jedes Trainingsziel – man muss sich nur überwinden und geduldig an der Technik feilen. Es empfiehlt sich auch einen Gewichtheberverein aufzusuchen, um entsprechende Technikkorrekturen zu erhalten. Die Mitgliedsbeiträge sind bei solchen Vereinen in der Regel eher gering, so dass es sich absolut lohnt.

(Bildquelle: Bundesarchiv, Bild 183-W1221-0001 / CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons)