Alle Welt spricht von dem ach so wichtigen Post-Workout Fenster, also die Zeit direkt nach dem Workout – und das nicht unbedingt zu unrecht. Allerdings ist auch die Zeit vor dem Workout von großer Bedeutung, denn hier wird unter anderem der Grundstein für eine optimale Trainingseinheit gelegt. Wer sich vor dem Workout falsch ernährt, die falschen Nährstoffe zuführt, der schadet der eigenen Leistungsfähigkeit und damit dem Erfolg des Trainings.
In diesem Artikel möchte ich dir erklären, welche Nährstoffe vor dem Workout ideal sind, um maximale Ergebnisse erzielen zu können. Im Speziellen möchte ich gängige Pre-Workout Supplemente analysieren und aufzeigen, was genau im Dschungel der Supplementeindustrie wirklich sinnvoll ist und was Du getrost vergessen kannst.

Korrekte Pre-Workout Ernährung

Die wichtigste Grundbedingung, die wir an alle vor dem Workout zugeführten Nährstoffen stellen müssen, ist eine leichte Verdaulichkeit. Beim Training benötigt dein Körper so viel Energie wie möglich für die Muskeln. Je mehr Energie zur Verfügung steht, desto besser (länger, intensiver) kannst Du trainieren.
Die Verdauung ist ein energetisch sehr kostspieliger Prozess, das heißt sie zerstreut den Fokus der körpereigenen Energie und nimmt damit den Muskeln wichtigen Treibstoff.
Eigentlich sage ich dir damit höchstwahrscheinlich nichts Neues, denn jedes Kind weiß, dass körperliche Anstrengung auf vollem Magen eine ganz schlechte Idee ist. Aber es geht nicht nur um die Menge, sondern auch um die Art der Nährstoffe. Fett verlangsamt die Verdauung und hat in der Zeit vor dem Workout (und unmittelbar danach) keinen Platz. Auch Ballaststoffe sind zumindest in großer Menge zu dieser Zeit nicht sinnvoll. Gemüse liefert von Natur aus viele Ballast- und Nährstoffe und stellt daher große Anforderungen an die Verdauung. Obst ist da eine wesentlich bessere Alternative. Es ist leichter verdaulich, liefert aber dennoch wichtige Nährstoffe und vor allem auch Energie. Das perfekte Obst vor und nach dem Workout ist eine Banane. Sie ist sehr leicht verdaulich, liefert viel Energie und speziell für die Regeneration und Leistung wichtige Nährstoffe wie Magnesium und Kalium. Kombiniert mit Beerenobst, welches wichtige Antioxidantien enthält, bildet die Banane die perfekte Vorbereitung für intensive Trainingseinheiten.
Neben Energie sollten zudem hochwertige Eiweiße zugeführt werden, da Muskeln zum großen Teil aus Eiweiße bestehen und eben jene zur Reparatur und zum Aufbau benötigt werden. Auch die Eiweiße sollten leicht verdaulich sein. Perfekt ist hier ein Shake aus Whey Isolat – alternativ dazu fettarme Milch.
Also halten wir bis hierhin fest, dass unmittelbar vor dem Workout (15-30 Minuten) die Kombination von Bananen, Whey Isolat (oder fettarmer Milch) und optional etwas Beerenobst perfekt ist, um gute Trainingsleistungen zu erzielen und schnellstmöglich zu regenerieren.
Welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus, die Trainingsleistung zu steigern? Die Supplemente-Industrie bringt immer mehr Pre-Workout Booster heraus, die den Pump vergrößern, Muskel- und Kraftaufbau beschleunigen und die Leistung verbessern sollen. Aber was davon wirkt tatsächlich? Womit kannst Du deine Trainingsleistung merklich verbessern? Sehen wir uns die gängigen Pre-Workout Booster einmal genauer an.

Creatin Monohydrat

Den Klassiker unter den Supplementen habe ich bereits in einem gesonderten Artikel eingehend erläutert. Creatin kann zu jeder Tageszeit – also auch vor dem Workout – eingenommen werden, da lediglich die Sättigung der Speicher entscheidend ist.
Creatin erhöht eindeutig belegt die Leistungsfähigkeit und ist daher eines der besten Supplemente, um die Trainingserfolge zu vergrößern. Je nach vorhandener Muskelmasse reichen 3-5g Creatin Monohydrat täglich aus.

Beta-Alanin

Kein Klassiker, aber ein Knaller. Es gibt viele Pre-Workout „Wirkstoffe“, die eigentlich weitestgehend wirkungslos sind. Beta-Alanin zählt nicht dazu, denn es sorgt erwiesenermaßen für eine verbesserte Leistungsfähigkeit, Regeneration und schnelleren Muskelaufbau.
Dabei hat Beta-Alanin selbst nicht wirklich direkte positive Auswirkungen. Vielmehr ist es das Carnosin, welches sich für die positiven Effekte verantwortlich zeigt.
Carnosin wird durch Beta-Alanin und L-Histidin gebildet, wobei die insgesamt gebildete Menge Carnosin primär durch das Vorhandensein von Beta-Alanin limitiert wird.
Carnosin weist einerseits antioxidative Eigenschaften auf und dient andererseits als eine Art Puffer für Wasserstoffionen. Diese Wasserstoffionen werden bei hohen Belastungen gebildet und sorgen für die Ansammlung von Milchsäure im Muskel, was dazu führt, dass er übersäuert und schlussendlich sein Dienst versagt – das ist das Brennen beim Muskelversagen. Also zusammengefasst sorgt Carnosin letztlich dafür, dass Du beim Training länger durchhältst. Mit höheren Muskel-Carnosinspiegeln kannst Du ein größeres Trainingsvolumen absolvieren und daher zwangsläufig mehr Kraft und Muskelmasse aufbauen.
Warum dann nicht mit Carnosin ergänzt wird?
Weil das oral aufgenommene Carnosin nicht direkt zu den Muskeln gelangt. Es kann höchstens in seine Bestandteile, also unter anderem Beta-Alanin, zersetzt werden und dann schlussendlich im Muskel zu einer erneuten Carnosinbildung beitragen. Da auf diesem Wege allerdings auch unerwünschte Abfallprodukte entstehen, macht es Sinn direkt mit Beta-Alanin zu supplementieren. Die ergänzende Zufuhr von Beta-Alanin vermag die Muskel-Carnosinspiegel um teilweise 60-80% zu erhöhen, was mit einer signifikanten Leistungssteigerung einhergeht.
Empfehlenswert ist eine Zufuhr von rund 4g Beta-Alanin täglich.
Die Einnahme von Beta-Alanin wird durch ein mehr oder weniger starkes Kribbeln an verschiedenen Stellen im Körper (Füße, Hände, Ohren,…) begleitet. Manch einer empfindet das als angenehmen Aggressivitätsbooster vor dem Training, den meisten ist es allerdings unangenehm. Ich würde dir daher empfehlen, mehrere kleine Portionen auf den Tag verteilt, beispielsweise 4x1g, einzunehmen, um das Kribbeln zu mildern. Denkbar wäre 1g Beta-Alanin zum Frühstück, 1g zum Mittag, 1g vor dem Training und 1g nach dem Training.
Wie auch beim Creatin Monohydrat entfaltet sich die Wirkung von Beta-Alanin erst nach 4-6 Wochen vollständig. Im Laufe dieser Zeit werden die Carnosinspiegel der Muskeln zunehmend erhöht, bis es schlussendlich nur noch darum geht, die „Sättigung“, also das hohe Carnosinniveau, zu halten.

Arginin für einen besseren Muskelpump

In fast allen Trainingsboostern ist in der einen oder anderen Form Arginin enthalten. Diese semiessentielle Aminosäure kann im Normalfall vom Körper selbst produziert werden – jedoch nicht immer in der ausreichenden Menge. Speziell bei Heranwachsenden oder unter Stress stehenden Menschen ist der Körper auf eine äußere Zufuhr angewiesen. Proteinreiche Lebensmittel wie Fleisch und Nüsse sind besonders gute Arginin-Lieferanten.
Im Kraftsport wird gerne mit Arginin ergänzt, um „den Pump zu verbessern“. Diese Idee beruht auf der Tatsache, dass Arginin die Vorstufe von Stickstoffmonoxid („NO“) ist. NO sorgt für eine Herabsetzung des Gefäßtonus, also für die Erweiterung der Gefäße. Diese Wirkung ist speziell bei erhöhtem Blutdruck wichtig, aber auch für Kraftsportler, um den angesprochenen größeren Pump zu erzielen. Ein größerer Pump bringt mehr Nährstoffe in die Muskeln und sorgt zudem für eine größere Dehnung der „Faszien“.
Die Faszien verleihen dem Körper im Prinzip seine Struktur und bilden eine Art Mantel um die Muskelfasern herum. Eine stärkere Dehnung der Faszien bietet mehr Raum für Muskelwachstum – für einige Experten stellt das die Hauptursache des Muskelaufbaus dar. Auch wenn ich diese Meinung nur bedingt teile, wird niemand bestreiten, dass der Pump ein durchaus wichtiges Element sein kann, um Muskelmasse aufzubauen.
Man erhofft sich also durch die ergänzende Zufuhr von Arginin einen höheren NO-Spiegel und daher einen verbesserten Pump. Diese Wirkung der Ergänzung mit Arginin ist allerdings nicht bewiesen. Ich selbst habe es getestet und konnte ebenfalls keine Wirkung feststellen. Damit kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass es unter bestimmten Umständen bzw. bei manchen Personen eine positive Wirkung auf den Pump haben kann. Denkbar sind hier beispielweise positive Effekte für Veganer, die möglicherweise nicht genügend Arginin über die Nahrung zuführen. Individuell kann die Wirksamkeit durchaus unterschiedlich sein, der heilige Grahl für effektivere Workouts ist Arginin allerdings mit großer Sicherheit nicht. Wer dennoch damit ergänzen möchte, dem sei Arginin AKG (Alpha Ketoglutarat) statt L-Arginin empfohlen, da Arginin AKG besser vom Körper aufgenommen werden kann.

Koffein

Koffein ist ein sehr populärer Muntermacher und daher auch zwangsläufig ein Thema im Bodybuilding. Wenn Koffein wach macht, dann ist das schon ein erster Anhaltspunkt dafür, dass es deine Trainingsleistung verbessern kann. Aber was kann Koffein genau bewirken?

Koffein kann die Konzentration und dadurch die Leistung verbessern. Zudem vermag es die Ausdauerleistung zu steigern und die Menge der oxidierten Fettsäuren zu erhöhen. Letzteres bewirkt im Prinzip, dass weniger Muskelgykogen verbraucht wird. Es erfolgt zudem eine Erhöhung der Atemfrequenz, was auch notwendig ist, da Fett bei der Oxidation mehr Sauerstoff benötigt. Um es kurz zusammenzufassen: Koffein kann deine Trainingsleistung positiv beeinflussen.

Kann. Muss aber nicht. Der Körper bildet nämlich bei regelmäßiger Zufuhr eine Toleranz gegenüber Koffein aus, sodass es im Verlaufe der Zeit seine Wirkung vollständig verliert.
Mein Opa trinkt beispielsweise vor dem Schlafengehen Kaffee – er macht es einfach schon seit vielen Jahren und profitiert daher nicht mehr von der muntermachenden Wirkung von Koffein. Er trinkt es aus Gewohnheit und vielleicht auch Abhängigkeit. Koffein kann nämlich auch abhängig machen, denn es hat eine ähnliche (wenngleich auch schwächere) Wirkung wie beispielsweise Kokain.
Regelmäßige Kaffeetrinker tun daher gut daran, eine Zeit lang komplett darauf zu verzichten. Nach 1-2 Wochen wird die Toleranz gegenüber Koffein wieder abgebaut und die Sensitivität folglich erhöht sein. In der Folgezeit ist natürlich von einer dauerhaften, regelmäßigen Einnahme abzuraten – eben um diese Toleranzausbildung zu vermeiden.
Koffein kann daher unregelmäßig eingesetzt werden, um die Leistung in ausgewählten Workouts zu verbessern. Wenn Du 1-2 Mal die Woche vor dem Workout Koffein zu dir nimmst, wird deine Leistung davon profitieren und Du musst dir keine großen Gedanken um die Toleranzausbildung machen.
Als Dosis werden bis zu 200mg empfohlen – oftmals reicht allerdings auch schon eine viel geringere Menge, speziell wenn Du nur selten Koffein zu dir nimmst. Ein Kaffee oder eine Tasse grüner Tee reicht in den meisten Fällen aus.
Es ist generell empfehlenswert, keine allzu großen Mengen an Koffein zuzuführen, weil es durchaus auch Nebenwirkungen geben kann. Magenprobleme, Herzklopfen, Gereizheit, Nervosität und weitere Symptome können Folge einer erhöhten Koffeinzufuhr sein.

Darüber hinaus solltest Du auch auf die sonstigen Nähr- und Inhaltsstoffe deiner Koffeinquellen achten. Viele koffeinhaltige Getränke wie Energyzer sind mit Zucker, zuckerähnlichen Stoffen und Chemie verseucht.

Kombinationsprodukte

Es gibt neben den genannten noch eine Vielzahl weiterer Wirkstoffe, deren Wirkung in der Regel allerdings nur minimal ist. Im Verbund können sie dennoch eine deutlich spürbare Wirkung entfalten. Daher gibt es mittlerweile umfassende Pre-Workout Booster, die eine Vielzahl von Inhaltsstoffen aufweisen. Die wichtigsten Wirkstoffe sind dabei in der Regel stets Creatin, Beta-Alanin und diverse Aufputschmittel wie Koffein und Taurin. Oftmals sind auch verschiedene Aminosäuren, darunter Arginin, BCAAs und Glutamin enthalten. Solche Booster putschen sehr stark auf, fördern Motivation und Aggressivität.
Empfehlen kann ich sie dennoch nicht, weil ich gesundheitliche Bedenken habe. Einerseits bin ich immer gegen eine übermäßige Zufuhr von Chemie – und komplexe Pre-Workout Booster haben meistens lächerlich lange Zutatenlisten – und andererseits halte ich die stark aufputschende Wirkung ebenfalls für ungesund.
Beispielsweise treten nicht selten Schwindelgefühle und Schlafstörungen auf. Viele Booster bringen den Geist aus dem Gleichgewicht während sie den Körper mit einer Menge Chemie verseuchen – wer weiß, welche langfristigen Folgen sich daraus ergeben.
Nichtsdestotrotz haben sie natürlich auch Vorteile. So helfen sie beispielsweise dabei, die Konzentration vollständig auf das Workout zu lenken. Zudem bleibt einem gar nichts anderes übrig als trainieren zu gehen, wenn man erst den Booster getrunken hat – wer also Motivationsprobleme hat, kann ebenfalls von Boostern profitieren.
BSN No-Xplode 2.0, 1,08 kgWenn Du einen Booster ausprobieren willst, empfehle ich dir N.O.-Xplode 2.0 von BSN. Ansonsten würde ich dir aber eher dazu raten, schlicht und ergreifend mit Beta-Alanin und Creatin zu ergänzen sowie gelegentlich  grünen Tee oder einen Kaffee vor dem Training zu trinken. So bleibt die Zufuhr von Chemie in Grenzen und Du profitierst trotzdem von einer spürbaren Leistungssteigerung.

Die optimale Pre-Workout Nutrition auf einem Blick

Etwa 30 Minuten vor dem Training: Shake aus Whey Isolat und 1-2g Beta –Alanin (die restliche Menge von Beta-Alanin auf den Tag verteilen, sodass insgesamt 4g täglich zugeführt werden), 1 Banane, (ab und zu) 1 Tasse Kaffee oder grünen Tee, 3-5g Creatin Monohydrat (alternativ auch nach dem Training möglich)

Das ist es auch schon. Mehr brauchst Du nicht. Alles andere ist meines Erachtens herausgeworfenes Geld. Du kannst dich natürlich frei fühlen, nach Belieben zu experimentieren und eigene Erfahrungen zu sammeln. Allerdings wirst Du kaum eine spürbar wirkungsvollere Kombination als die schlichte Mixtur aus Whey Isolat, Banane, Creatin, Beta-Alanin und gelegentlich Koffein finden. Klar, mit Unmengen an Aufputschmitteln vermag man dir vorzugaukeln, Du hättest die ultimative Powerformel eingenommen. Außer gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommt dabei aber nicht viel herum, weil ein Zuviel dieser Stoffe deine Konzentration auch stören kann. Nutze lieber eine schlichte Basis-Supplementation und verlasse dich darüber hinaus auf deine Willenskraft. Die ist nämlich der beste Trainingsbooster überhaupt und es gibt keine Möglichkeit, sie zu kaufen. Du musst sie dir selbst aneignen. Erst wenn dein Wille gestärkt ist, macht es überhaupt erst Sinn, über die Ergänzung mit Pre-Workout Boostern nachzudenken.

Dieser Artikel ist Teil der Serie „Der Supplemente-Guide

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