Was hält dich davon ab, ein Fitnessstudio (regelmäßig) zu besuchen?

Die Zahl der Mitgliedschaften in Studios steigt zwar. Dennoch sind noch immer viele Menschen nicht bereit, sich in einem Studio anzumelden und wollen lieber zu Hause trainieren. Ich lese das häufiger in Emails, die an mich geschickt werden: „Ein Fitnessstudio ist für mich keine Option.“

Das kann durchaus gute Gründe haben. Doch in vielen Fällen steckt deutlich mehr dahinter, sodass es sich lohnt, einen objektiven, tiefgründigen Blick auf die wahren Gründe zu werfen. Denn die können dich mitunter massiv dabei behindern, mehr für deinen Körper zu tun, schlanker oder muskulöser zu werden.

In diesem Artikel erkläre ich dir die häufigsten Gründe, warum Menschen kein Studio besuchen wollen, und weshalb dahinter meist Ausreden stecken, die auf einer weit verbreiteten aber für einen schlanken, athletischen Körper höchst kontraproduktiven Mentalität basieren.

1. Der Kostenfaktor

Eine Studiomitgliedschaft kostet Geld. Das ist ein Fakt.

Aber es ist längst nicht so viel, wie es vielleicht auf dem ersten Blick erscheint. Die Höhe der Kosten relativieren sich schnell, wenn man sie in den Kontext setzt.

Eine Studio-Mitgliedschaft gibt es oftmals schon für 20-30 Euro im Monat.

Ich will dir nicht vormachen, das wäre wenig Geld. Absolut gesehen ist es das nicht. Aber relativ betrachtet sieht die Situation ganz anders aus. Bedenke, was viele von uns für vergleichsweise nutzlose Konsumgegenstände und Freizeitaktivitäten ausgeben.

Smartphone mit Vertrag – 30-40 Euro im Monat. Fernseher? 500 Euro, oftmals auch mehr. Laptop? Auch hier gehen schon mal 500-1000 Euro über die Ladentheke. Konzertbesuche, Diskothekenbesuche, Drinks, die schöne Einrichtung in der Wohnung, Kosten für das Auto und Urlaube. Zum Teufel, einige geben sogar 200-300 Euro im Monat nur für Zigaretten aus!

Versteh mich nicht falsch, ich möchte dir nichts davon (vielleicht mal abgesehen von den Zigaretten…) madig machen oder an seiner Wichtigkeit zweifeln. Auch ich habe viele dieser Ausgaben. Wenn du nun aber all diese Sachen nimmst und mit den Kosten eines Studio-Besuches vergleichst, erkennst du dann einen entscheidenden Unterschied?

Okay, die Höhe der Kosten für Trainingsmöglichkeiten erscheint schon einmal deutlich geringer. Aber das meine ich noch gar nicht. Vielmehr möchte ich dir einen neuen Blickwinkel anbieten: Wie viel Potential siehst du in den einzelnen Ausgaben?

Potential bedeutet, inwiefern dich eine Investition langfristig weiterbringt, deine Entwicklung fördert. Welches Potential siehst du in Konzertbesuchen oder Partys, welches Potential hat dein Fernseher?

Das sind Zeitvertreibe, die Spaß machen können und auch nicht unbedingt unwichtig sind. Aber Vergleiche das Potential mit dem der Trainingsmöglichkeiten eines Gyms.

Dort kannst du deinen gesamten Körper effektiv trainieren, deine Muskeln kräftigen und vor alters- sowie trägheitsbedingten Abbau schützen, deinen Stoffwechsel ankurbeln, die Durchblutung deines Körpers anregen und damit die Versorgung sämtlicher Strukturen unterstützen, deinen Körperfettanteil senken und niedrig halten.

Durch das Training arbeitest du an deiner Fitness, Gesundheit und Ästhetik, verbessert die „Vernervung“ (Stichwort Mind-Muscle-Connection) deines Körpers, stärkst dein Selbstbewusstsein und -vertrauen und fühlst dich schlicht wohler in deiner Haut.

All das wird durch eine Studio-Mitgliedschaft ermöglicht bzw. gefördert. Das ist Potential!  Ordne die Kosten in den Kontext ein und du veränderst vielleicht entscheidend deine Perspektive dazu.

2. Zeit

An- und Abfahrt erhöhen den Zeitaufwand des Trainings und Zeit ist wohl unsere wichtigste Ressource.

Wenn dein Anfahrtsweg länger als 30 Minuten beträgt, dann ist das auch ein durchaus plausibler Grund. Doch mittlerweile gibt es in den meisten Städten genügend preisgünstige Studios, die in der Nähe sind. Wer auf dem Land wohnt, ist in der Regel mit einem Home Gym besser bedient – und hat meistens auch den Platz dafür.

Doch für viele Menschen wäre der Anfahrtsweg kürzer als 30 Minuten. In diesem Fall ist das Zeitargument also eher eine Ausrede. Besonders, wenn man die Möglichkeit bedenkt, mit dem Fahrrad zu kommen und dadurch das Warm-up verkürzen und das Cool-Down ersetzen zu können.

Was hier häufig verwechselt wird, sind Zeit und Energie. Oftmals glaubt man, zu wenig Zeit zu haben, wohingegen es in Wahrheit aufgrund eines Energiemangels schlicht zu viele Leerlaufphasen über den Tag verteilt gibt. Daran ist zunächst nichts verkehrt, denn gerade wenn man einen Vollzeitjob hat, muss man sich Zeit zur Regeneration und Entspannung nehmen.

Allerdings ist auch der An- und Abfahrtsweg beim Studio hilfreich, um den Kopf freizubekommen. Um vom Arbeitsalltag abzuschalten, die Gedanken zu sortieren und Stress abzubauen. Der einzige Unterschied ist, dass man dabei seine Komfortzone verlassen muss und das fällt vielen Menschen sehr schwer. Weil man dabei mit trägheitsbasierenden Gewohnheiten brechen muss, benötigt man zunächst Energie, um sich regelmäßig auf den Weg zum Studio zu machen. Energie, die bei einem ohnehin stressigen Alltag oftmals nicht übrig ist.

Allerdings darfst du nicht vergessen, dass Training langfristig gesehen keine Energie raubt, sondern Energie verleiht. Ein fitter Körper ist leistungsfähiger und arbeitet effizienter. Er erholt sich schneller. Daher ist es nur in der Anfangszeit schwierig. Wer sich überwindet, dranbleibt und in seine Fitness und Gesundheit investiert, kann sich auf eine satte Dividende freuen.

3. Andere Alternativen

Ist ein Studio überhaupt noch notwendig? In jüngerer Vergangenheit erscheinen immer mehr Bücher zum gerätefreien Training – der angeblich perfekten Alternative zum Krafttraining im Studio oder Home Gym.

Es ist einfach praktisch, ohne Gerätschaften und damit ohne jeden finanziellen Aufwand direkt ins Training einsteigen zu können. Das lässt sich wunderbar verkaufen.

Doch dieses Konstrukt funktioniert in der Regel nur in Kombination mit oftmals höchst übertriebenen Versprechungen. Beim gerätefreien Training, der angeblich natürlichsten aller Trainingsformen, wird häufig ein starker, schlanker, fitter, gesunder und muskulöser Körper in wenigen Wochen versprochen.

Die Realität sieht jedoch zumeist anders aus.

Gerätefreies Training ist dem normalen Krafttraining mit Langhantel-Grundübungen und fundamentalen Körpergewichtsübungen wie Klimmzügen und Dips in puncto Effektivität deutlich unterlegen. Das wird bei den Werbeversprechungen in der Regel verschleiert.

Gerätefreies Training im eigenen Wohnzimmer klingt nach einer tollen Alternative und ohne jeden Zweifel ist jede Bewegung besser als keine Bewegung. Doch gerade aufgrund der fehlenden räumlichen Trennung ist die Motivation häufig nur von kurzer Dauer.

Es ist schon vom Kopf her sinnvoll, Regenerations- und Vergnügungsbereiche räumlich vom Trainingsbereich zu trennen. Bei einem Home Gym ist das schon der Fall, bei einem Studio ist der Effekt sogar noch wesentlich größer. Wenn man im Studio ist, dann nur um zu trainieren. Was anderes kann man da ja auch nicht machen. Dort fällt es leichter, sich aufs Workout zu konzentrieren und an seine Leistungsgrenzen zu gehen.

Aber im Wohnzimmer, direkt neben Couch und Fernseher? Vergiss‘ es! Da verliert sich die Motivation in den allermeisten Fällen schon nach wenigen Tagen oder Wochen.

Gerätefreies Training kann unter Umständen sinnvoll und sogar für die meisten eine Bereicherung für den athletischen Lebensstil sein. Doch es ist nicht der Grund, dass viele Menschen, die eigentlich die Möglichkeit dazu hätten, nicht ins Studio gehen wollen. Denn sofern eine realistische Möglichkeit dazu besteht, würden sich wohl die meisten Menschen für die größere Effektivität entscheiden.

Was ist die wahre Ursache?

Nehmen wir nun einmal an, weder Zeit noch Geld stellen  fern von Ausreden wirklich ein Hindernis da – und das betrifft sehr viele Menschen. Was ist dann der wahre Grund dafür, dass viele nicht ins Studio gehen wollen?

Es mag mehrere Gründe geben und letztlich spielen hier auch immer mehrere Faktoren zusammen. Doch aus dem Feedback, das ich über die Jahre erhalten habe, konnte ich einen ganz entscheidenden Grund ausfindig machen, dessen sich einige gar nicht bewusst sind, der aber viele Leute davon abhält, ein Studio zu besuchen: Scham.

Wie dir falsche Scham-Gefühle im Wege stehen können

Wenn man mit dem Training beginnt, ist man oftmals nicht zufrieden mit dem eigenen Körper. Vielleicht fühlt man sich zu dick, vielleicht auch zu schwach. Man kann viele Übungen noch nicht richtig sauber ausführen und die Trainingsgewichte sind noch sehr niedrig. Letzteres ist vor allem für Männer oftmals ein entscheidendes Hindernis.

Zudem fühlt man sich im Studio häufig beobachtet. Von den fitteren, den schlanken, stärkeren und muskulöseren Leuten . Man meint, keine gute Figur abzugeben. Ist abgelenkt von den vermeintlichen Blicken anderer. Was denken die über mich? Lachen sie insgeheim über mich?

Das mag albern klingen, aber ist tatsächlich für viele Menschen ob bewusst oder unbewusst ein Hemmnis. Es ist die Folge daraus, dass die Mehrheit damit beginnt zu trainieren und sich gesünder zu ernähren, weil sie mit ihrem Körper unzufrieden sind. Sie fühlen sich nicht mehr richtig wohl in ihrer Haut. Schämen sich ihrer Fettpölsterchen oder dünnen Arme.

Das resultiert häufig in dem Versuch, seine eigenen (vermeintlichen) „Unzulänglichkeiten“ zu verstecken. Weite Kleidung, Vermeidung von Strandbesuchen und eben auch das Fernbleiben aus einem Studio. Lieber erstmal zu Hause in Form kommen, um dann später im Studio eine bessere Figur abgeben zu können.

Reiß’ die Fassade ein

Erkennst du die Mentalitätsfalle? Dahinter steckt wieder einmal die Unzufriedenheit als Antrieb, aber auch die Abhängigkeit von der Meinung anderer und das lähmende, durchweg schädliche Gefühl, in einem schöneren Körper wertvoller zu sein – ein verdrehtes Wertesystem!

Ob sie es zugeben wollen oder nicht, diesen Gedanken haben sehr viele Menschen und er untergräbt das eigene Selbstvertrauen massiv. Er hindert daran, frei und nachhaltig entscheiden zu können. Er baut Druck auf, dem kaum jemand auf Dauer gewachsen ist.

Das Problem ist, dass in unserer Gesellschaft vieles nur Show ist. Und das ist nebenbei gesagt auch mein Problem mit Bodybuilding: Es geht für viele weniger darum, etwas zu sein, als vielmehr darum, den Anschein dessen zu erwecken. Ob man fit, gesund und stark ist? Nebensache. Die Hauptsache ist, man strahlt genau das nach außen aus. Es geht darum, Eindruck zu schinden.

So setzen viele Menschen ihr Leben lang Masken auf und sind tunlichst darauf bedacht, ja nicht nach außen „schwach“ zu erscheinen, sich keine Blöße zu geben.

Und was hat man nun davon? Ein schwaches Selbstvertrauen.

Das ist die zwangsläufige Folge, wenn man sich nicht traut, sich auch nach außen zu entfalten. Genau den Menschen darzustellen, der man wirklich ist. Wenn man immer nur „gephotoshoppt“ durch die Welt läuft, lässt man sich unzählige Chancen entgehen. Trifft Entscheidungen, die man eines Tages bedauern wird.

Wenn dir diese Situation bekannt vorkommt, möchte ich dir dazu folgendes sagen: Diese Schauspielerei bringt dich um unzählige Möglichkeiten. Lass‘ das nicht zu! Lass‘ dir nicht die Chance entgehen, effektiv an deiner körperlichen Fitness, Gesundheit und Ästhetik zu arbeiten, weil du dich vor den Blicken anderer im Studio fürchtest. Hör’ auf, dich zu verstecken! Du hast nur dieses eine Leben, diese eine Chance.

So überwindest du dich

Natürlich wird es ein oder zwei Möchtegern-Proleten im Studio geben, die sich für was Besseres halten, weil sie muskulöser und stärker sind. Doch auch das ist nur Fassade. Diese Show-Menschen haben in Wahrheit ein jämmerliches Selbstvertrauen und sind abhängig von der Aufmerksamkeit, abhängig von der Meinung anderer, abhängig von ihren Muskeln. Würden sie sie verlieren, bräche auch die Fassade schnell zusammen.

Die Frage ist doch: Willst du dir von diesen Menschen die Chancen verbauen lassen, die ein Studio dir bieten kann? Willst du den Scheinmenschen das Feld überlassen? Das ist deine Entscheidung. Aber ich kann dir sagen, dass die Mehrheit der Leute in einem Studio sich so fühlt wie du.

Wäre es nicht besser, sich wohlwollend zu begegnen, Schwächen zu akzeptieren? Die hat doch ohnehin jeder. Letztlich eint uns der Wille, an unserer körperlichen Fitness zu arbeiten, uns weiterzuentwickeln, athletischer zu leben.

Jeder fängt irgendwo an. Jeder hat andere Voraussetzungen. Selbst, wenn du nur mit der leeren Hantelstange trainieren kannst. Selbst, wenn du „Schwimmringe“ mit dir herumträgst. Die Tatsache, dass du da bist und an dir arbeitest, zeigt, dass du stark bist. Zeigt, dass du ein Vorbild bist.

Die meisten Menschen in einem durchschnittlichen Studio wissen das zu würdigen. Die meisten Menschen sind vernünftig, tolerant und vor allem zurückhaltend. Das ist hier gewissermaßen auch das Problem. Denn im Gegensatz dazu sind die angesprochenen Proleten diejenigen, die am meisten auffallen. Das ist es ja schließlich was sie wollen: Aufmerksamkeit.

Dadurch neigt man dazu, ihre Zahl zu überschätzen. Was eigentlich nur Ausnahmen sind, erscheint dann als Regel. Das führt dazu, dass sich viele Menschen in einem Studio nicht wohl fühlen und sich dadurch die Chancen entgehen lassen, die sich ergeben, wenn man regelmäßig dort trainieren geht.

Was ist also konkret zu tun?

Mache dir zunächst klar, dass du nicht der Mittelpunkt bist. Oft überschätzen wir das Maß an Aufmerksamkeit, das uns andere entgegenbringen. So neigt man dazu, überall neugierige Blicke zu wittern und zu glauben, bei jedem im Fokus zu stehen.

Tatsächlich jedoch sind die meisten Menschen im Studio vor allem mit sich selbst beschäftigt. 

So geht es dir doch auch, oder? Selbst wenn du andere mal kurzzeitig wahrnimmst oder Gesichter erkennst, bist du mit deiner Aufmerksamkeit in der Regel doch schnell wieder ganz woanders.

Wenn du dich trotzdem weiterhin noch beobachtet und unwohl fühlst, empfehle ich dir folgenden simplen Trick, der alles verändern kann: Stecke dir Kopfhörer in die Ohren und höre motivierende Musik.

Das ist mein voller Ernst! Sobald die Geräuschkulisse einmal verstummt, fällt es viel leichter, sich auf sein eigenes Workout zu konzentrieren und die Anwesenheit anderer auszublenden. Man nimmt sie schlicht kaum noch wahr und ist weitaus desinteressierter. Sobald das passiert, endet auch die Grübelei darüber, was andere möglicherweise über dich denken könnten (höchstwahrscheinlich aber ohnehin nicht tun).

Probier‘ es aus! Dieser Trick ist verdammt wirkungsvoll, wenn man Schamgefühle überwinden und sich im Studio frei entfalten möchte.

(Bild: © nd3000 – Fotolia.com)