Bestimmt hast du im Zusammenhang zum Fettabbau schon einmal vom Nachbrenneffekt gehört. Mittlerweile haben die meisten Fitness-Coaches seine Bedeutung erkannt und richten Fettabbau-Trainingspläne speziell auf diesen Effekt aus.

Die Trainingspläne im neuesten Abnehm-Guide „Nachhaltig Schlank“ sind beispielsweise unter anderem auf diesen Effekt ausgerichtet.

Doch was ist der Nachbrenneffekt eigentlich? Unter welchen Umständen tritt er ein? Wie groß ist sein Wirkungsgrad und von welchen Faktoren hängt er ab? Bringt er wirklich so viel, wie oft behauptet? Ist Kraft- oder Ausdauertraining besser, um einen größeren Nachbrenneffekt zu erzielen?

Alles, was du zum Nachbrenneffekt wissen musst, erfährst du in diesem kompakten und wissenschaftlich fundierten Artikel.

Was ist der Nachbrenneffekt?

Klar, beim Training selbst verbrennst du Kalorien. Wer abnehmen will, sollte demnach versuchen, möglichst viele Kalorien beim Training zu verheizen. Logisch, oder?

Doch ganz so einfach ist es nicht, denn es zählt nicht nur der Energieverbrauch beim Training selbst, sondern auch danach.

Wusstest du, dass du durch das Training deinen Energieverbrauch über Stunden und unter Umständen gar Tage hinaus erhöhen kannst?

Genau das ist der Nachbrenneffekt. Er bezeichnet die Erhöhung des Energieverbrauchs infolge des Trainings. Sportwissenschaftlich wird er mit EPOC (excess post-exercise oxygen consumption) umschrieben, also mit der erhöhten Sauerstoffaufnahme nach dem Training. Das ist ein Indikator für den erhöhten Energieverbrauch.

Nachbrenneffekt durch Ausdauertraining

In einer wegweisenden Studie untersuchten Knab et al. im Jahre 2011 den Nachbrenneffekt beim Radfahren []. Das Besondere hierbei ist die Tatsache, dass das Team eine hochmoderne Stoffwechselkammer zur Verfügung hatte, in der die zehn männlichen Probanden im Alter von 22-32 Jahren jeweils 2x 24 h verbrachten – einmal mit Training, einmal zur Referenz ohne.

Bei einer 45-minütigen Einheit auf dem Fahrradergometer mit etwa 57% der maximalen Leistung verbrauchten sie im Schnitt 519 kcal.

Soweit so gut. Jetzt kommt der interessante Teil: Bis zu 14 Stunden nach dem eigentlichen Training verbrauchten die Probanden im Durchschnitt zusätzliche 190 kcal (verglichen mit der 24 h Stunden Referenz ohne Training)!

Stell dir vor, du absolvierst nur drei solcher Einheiten pro Woche. Du würdest auf Basis dieser Daten allein durch den Nachbrenneffekt 570 kcal zusätzlich verbrauchen. Dass die Realität etwas komplizierter aussieht, darauf kommen wir später noch zurück.

Zunächst einmal gilt es den Nachbrenneffekt beim Krafttraining und vor allem seine Abhängigkeit von der Trainingsintensität zu besprechen.

Nachbrenneffekt beim Krafttraining – abhängig von der Trainingsintensität

In einer 2012 in Italien von Paoli et al. [durchgeführten Studie wurde der Nachbrenneffekt bei 17 trainierten Männern bei einem intensiven verglichen mit einem traditionellen Krafttrainingsprogramm untersucht (alle Probanden führten also beide Protokolle aus).

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Das intensive Training bestand aus den Übungen Beinpresse, Bankdrücken und Latzug. Es wurden insgesamt 7 Sätze ausgeführt, 3 x Beinpressen und je 2 x Bankdrücken und Latzug.

Ein Satz sah dabei folgendermaßen aus: Es wurden mit 80-85% der Maximallast 6 Wiederholungen durchgeführt, nach 20 Sekunden Pause nochmals bis zum Muskelversagen trainiert (2-3 Wdh.) und nach weiteren 20 Sekunden ein weiteres Mal 2-3 Wiederholungen (bis Muskelversagen) ausgeführt.

Zwischen den Sätzen wurde 2,5 Minuten pausiert.

Das traditionelle Training hingegen wurde mit acht Übungen (Bankdrücken, Rückenmaschine Military Press, Trizeps-Drücken, Bizeps-Curls, Beinpresse, Bein-Curls und Sit-ups) zu jeweils vier Sätzen und 8-12 Wiederholungen bis zum Muskelversagen ausgeführt. Eine Intensitätstechnik kam hier also nicht zum Einsatz.

Zwischen eingelenkigen Übungen wurde eine Minute pausiert, bei Mehrgelenksübungen zwei Minuten.

Die Trainingsdauer des traditionellen Trainings betrug 62 Minuten, die des intensiven Trainings 32 Minuten – das Warm-up ist bei beiden bereits eingerechnet.

Insgesamt wurde beim traditionellen Training etwa die doppelte Menge an Gewicht bewegt – rund 7835,2 kg verglichen mit rund 3872,4 kg im Durchschnitt.

Gemessen wurde einmal der Ruheenergieverbrauch unmittelbar vor und einmal 22 Stunden nach dem Training.

Der auf den Tag gerechnete Mehrverbrauch an Energie betrug beim traditionellen Trainingsprotokoll immerhin im Schnitt 98 kcal. Beim intensiven Training wurden jedoch infolge des Nachbrenneffektes (!) durchschnittlich unglaubliche 452 kcal mehr verbraucht.

Das heißt, 22 Stunden nach dem Training war der Ruheenergieverbrauch noch derart erhöht, dass damit auf den Tag gerechnet fast 500 kcal zusätzlich verbrannt wurden!

Was die Ergebnisse bedeuten

Zunächst einmal muss man bei der Auswertung von Studien stets berücksichtigen, dass die absoluten Zahlen keine Allgemeingültigkeit haben.

Bei der Studie von Paoli et al. wurden beispielsweise gut trainierte Athleten untersucht, die eine Trainingserfahrung von 3-6 Jahren aufweisen konnten. Ein Trainingsanfänger wird mit der gleichen Routine wahrscheinlich andere Ergebnisse erzielen.

Bei der von Knab et al. durchgeführten Studie zum Ausdauertraining gilt es zudem zu berücksichtigen, dass eine Übung effizienter ausgeführt wird, je länger man sie geübt hat. Wenn du also oft auf dem Fahrradergometer sitzt, wird sich auch dein Energieverbrauch reduzieren und möglicherweise dann auch der Nachbrenneffekt.

Zudem ist nicht berücksichtigt, dass eine solche Aktivität auch den Hunger verstärken kann – das ist beim Ausdauertraining in der Praxis noch deutlich stärker als beim Krafttraining der Fall.

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Aber: Um die absoluten Zahlen geht es hierbei gar nicht. Zunächst einmal wurde demonstriert, dass der Nachbrenneffekt in einem absolut signifikanten Ausmaß existiert.

Für das Fettabbau-Training können zudem weitere Schlussfolgerung gezogen werden

#1 Intensität ist Trumpf

Der Nachbrenneffekt war offensichtlich umso größer, je höher die Trainingsintensität war. Sowohl schwere Gewichte als auch der Einsatz von Intensitätstechniken kann also dafür sorgen, in der Zeit nach dem Training mehr Energie zu verbrennen.

Das gilt natürlich ebenso für das Ausdauertraining: Hier ist beispielsweise das Hochintensive Intervalltraining der Dauermethode hinsichtlich des Nachbrenneffektes deutlich überlegen.

Das heißt klipp und klar: Für die Fettverbrennung ist das Training im Fettverbrennungspuls den intensiven Trainingsmethoden unterlegen!

Doch Vorsicht vor voreiligen Schlüssen bezüglich der Trainingsplanung: In der Praxis sind die Zusammenhänge etwas komplizierter, als sie sich in der Theorie darstellen. So gilt es zum Beispiel stets ein wachsames Auge auf die Regeneration zu haben und anderweitige positive Effekte der verschiedenen Trainingsformen einzukalkulieren.

Während also intensives Training für den Nachbrenneffekt sinnvoll sein mag, erfordert dies auf der anderen Seite natürlich auch eine längere Regeneration. Man kann und sollte demnach nicht immer mit höchstmöglicher Intensität trainieren.

Davon abgesehen haben Ausdauerläufe oder Krafttraining mit leichteren Gewichten und mehr Wiederholungen eigene Vorteile. Zum Beispiel wir beim niedrigintensiven Joggen durch die längere Trainingszeit das Herz besser trainiert. Niedrigintensives Krafttraining wirkt sich positiv auf die Kraftausdauer aus. Beides vermag zudem die Regenerationsfähigkeit zu fördern.

Trainingspläne sollten daher niemals aus einer eindimensionalen Perspektive heraus erstellt werden!

Was du jedoch mitnehmen kannst, ist die Tatsache, dass beim Fettabbau-Training auch Einheiten mit höheren Gewichten und einer höheren Intensität (gilt für Kraft- ebenso wie für Ausdauertraining) einbezogen werden sollten.

#2 Mehrgelenksübungen sind Trumpf

Sicherlich für dich als Simply Progress Leser keine Neuigkeit mehr, denn sie bieten auch beim Muskel- und Kraftaufbau sowie für die ausgewogene Entwicklung des Körpers und der Verletzungsprävention signifikante Vorzüge gegenüber Isolations- und Maschinenübungen.

Aber auch aus der Perspektive des Fettabbaus bieten sie offensichtlich Vorteile. Dies lässt sich mit etwas zusätzlicher Überlegung aus der Paoli-Studie ableiten. Du hast dort gesehen, dass schwere Gewichte und eine höhere Intensität den Nachbrenneffekt vergrößern. 

Dieses Ergebnis war zu erwarten, denn: Schwere Gewichte beziehen mehr Muskeln in das Training ein. Je mehr Muskeln du trainierst, desto größer ist natürlich auch die Belastung für den Körper, desto größer ist zudem sein Aufwand bei der Regeneration. Das stellt den Metabolismus vor eine große Herausforderung.

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Ebenso beanspruchen auch die mehrgelenkigen Grundübungen wie beispielsweise Kniebeugen und Kreuzheben wesentlich mehr Muskeln als dies bei Isolations- oder Maschinenübungen der Fall ist. Demzufolge ist natürlich auch der Nachbrenneffekt größer.

Isolations- und Maschinenübungen können ergänzend von erfahrenen Athleten integriert werden, um anderweitige Trainingsziele zu realisieren – zum Beispiel Schwachstellen zu attackieren und zu beheben. Aber für den Fettabbau sind sie überflüssig.

#3 Eine gute Fettverbrennungseinheit ist zeiteffizient

Du hast durch die Paoli-Studie gesehen, dass der Nachbrenneffekt signifikant größer war, obwohl die Trainingszeit nur etwa die Hälfte betrug. Kurz und knackig ist also die Devise für eine gezielte Fettverbrennungseinheit.

Dies ist natürlich eine unmittelbare Folge aus dem ersten Punkt, der erhöhten Trainingsintensität. Aber ich habe mich entschlossen, diese Schlussfolgerung separat aufzulisten, weil viele Menschen in dieser Hinsicht eine kleine Mentalitätsblockade haben.

Noch immer glauben nämlich viele, dass man lange trainieren muss, um möglichst viel Fett zu verbrennen. Bei einer kurzen Einheit bekommen sie dann das Gefühl, nicht genügend getan zu haben.

Doch die Trainingsdauer sagt nichts über die Qualität und Zweckmäßigkeit des Workouts aus!

Eine richtige Einheit Tabata-Frontkniebeugen dauert gerade einmal vier Minuten (!) und verbrennt unter Einbeziehung des Nachbrenneffektes und den Auswirkungen auf das Hungergefühl effektiv gesehen mehr Energie als ein 60-minütiger Dauerlauf mit niedriger Intensität.

Das hat sich in der Praxis immer wieder bewährt und das Prinzip dahinter wurde mittlerweile wissenschaftlich bestätigt.

Entscheidend ist aber auch, dass du zunächst einmal überhaupt das Level erreichst, um eine derartige Trainingsintensität bei möglichst geringem Verletzungsrisiko aufzubauen. Dabei können niedrigintensive und auch längere Einheiten durchaus behilflich sein. Die Trainingsintensität will – wie jeder andere Parameter letztlich auch – langsam gesteigert werden. Wer es überstürzt, riskiert Verletzungen.

(Bild: © kltobias – Fotolia.com)