Schwere Gewichte bieten beim Krafttraining eine ganze Menge Vorteile und können zum Muskel- und Kraftaufbau ebenso wie beim Fettabbau eingesetzt werden. Doch gilt das auch für alle Übungen?

Klare Antwort: Nein. Es gibt Übungen, die mit leichten Gewichten ausgeführt effektiver sind. Diesen kurzen Beitrag solltest du dir unbedingt durchlesen, um zukünftig Fehler bei der Wahl des Trainingsgewichtes zu vermeiden und vor allem zu verstehen, warum und wie bestimmte Übungen dir bei deinen Trainingszielen helfen können.

Denn hier klafft bei vielen noch eine kleine Verständnislücke. Einzelne Übungen werden zu pauschalisiert betrachtet.

In der Realität haben die meisten Übungen Stärken ebenso wie Schwächen und ihr Sinn ist eng an den Zweck gekoppelt. Die fundamentale Frage, die man sich nämlich bei jeder Übung stellen sollte, lautet:

Was will ich mit dieser Übung bezwecken?

Nachfolgend zeige ich dir, wie entscheidend diese Frage für die Wahl deines Trainingsgewichtes ist und warum die nachfolgenden Übungen deshalb lieber mit leichten Gewichten trainiert werden sollten:

  • Ausfallschritte
  • Hip-Thrusts
  • Isolationsübungen

Wenn du eine oder mehrere der entsprechenden Übungen ausführst, solltest du jetzt unbedingt weiterlesen!

Ausfallschritte

Ausfallschritte können zwar zum erweiterten Kreis der Grundübungen gezählt werden, sollten in der Trainingsplanung aber dennoch ganz anders als beispielsweise Kniebeugen oder Kreuzheben betrachtet werden.

Stellen wir uns also die fundamentale Frage: Warum will ich Ausfallschritte ausführen?

Nun, Ausfallschritte trainieren den gesamten Unterkörper, speziell die Oberschenkel und den Po. Aber besteht der Zweck dieser Übung darin, effektiv Muskelmasse und Kraft aufzubauen? Denn darum geht es ja bei der Verwendung schwerer Gewichte (im Bereich 1-6 Wiederholungen).

Das ist aber nicht der Zweck von Ausfallschritten, denn dafür gibt es mit Kniebeugen und Kreuzheben sowie deren Varianten (z.B. Frontkniebeugen und Sumo-Kreuzheben) weitaus bessere Übungen. Warum besser?

Beide Übungen lassen sich mit weitaus größeren Gewichten beladen. Ausfallschritte stellen ein asymmetrisches Bewegungsmuster dar, welches viel Balance erfordert. Es ist eine dynamische Übung und sie lässt sich nur schwer auf ein exaktes Bewegungsmuster festnageln. Soll heißen: Selbst mit viel Übung wird man diese Bewegung gerade bei einsetzender Erschöpfung nicht exakt reproduzieren können.

In der Praxis bedeutet das: Du wirst den Fuß nicht immer an der gleichen Stelle aufsetzen. Der Abstand zwischen den Füßen und die Winkel in den Gelenken werden größeren Abweichungen unterliegen.

Zwar ist es richtig, dass man gerade auch die Grundübungen im Kleinen variieren, also Griff- und Fußpositionen zur Vermeidung von Verletzungen gelegentlich verändern sollte. Doch das geschieht zumeist in einem sehr kontrollierbaren Maße und wird nicht mit sehr schweren Gewichten gekoppelt.

Für die Verwendung schwerer Trainingsgewichte ist es wichtig, ein biomechanisch günstiges und möglichst exakt eingeschliffenes Bewegungsmuster zu haben – die Übung muss zur Vermeidung von Verletzungen bei der Verwendung schwerer Gewichte sauber koordiniert werden können.

Diese Anforderungen erfüllen Ausfallschritte nicht! Schon ein geringer Mangel an Konzentration (häufig erschöpfungsbedingt) genügt, um den Fuß deutlich zu weit vorne, hinten, rechts oder links aufzusetzen und dadurch ungünstige Hebelverhältnisse zu schaffen, die einzelne Muskeln stark überlasten können.

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Zusammengefasst: Ausfallschritte mit schweren Gewichten sind sehr Verletzungsanfällig. Ob eine Zerrung in der Oberschenkelrückseite oder Probleme in den Knien – diese Übung sollte besser mit leichteren Gewichten ausgeführt werden.

Wofür sie sich wirklich eignen: Ausfallschritte sind perfekt dafür geeignet, um mit dem eigenen Körpergewicht oder leichten Gewichten im Rahmen eines Fettverbrennungstrainings, zur Verbesserung der Kraftausdauer und zur Förderung von Stabilität, Balance und Bewegungskoordination eingesetzt zu werden. Zum Beispiel können Ausfallschritte beim Zirkeltraining hervorragend genutzt werden, um den Puls in die Höhe zu treiben, den Stoffwechsel zu beschleunigen und einen Nachbrenneffekt zu erzeugen. Ein Beispiel:

  • 10 Überkopf-Kniebeugen,
  • 20 m Ausfallschritte
  • 5-10 Klimmzüge
  • 20 m Ausfallschritte
  • 5-10 Dips
  • 20 m Ausfallschritte

3-5 Runden mit 1-2 min Pause dazwischen stellen ein effektives Fettverbrennungsworkout dar. Die Parameter müssen in der Praxis natürlich an den individuellen Leistungsstand angepasst werden. Dieses Beispiel sollte nur den sinnvollen Einsatz von Ausfallschritten demonstrieren.

Hip Thrusts

Gemeinhin anerkannt als die ultimative Ergänzungsübung für einen knackigen Hintern und daher eine der Lieblingsübung der meisten Frauen. In diesem Video kannst du dir den Bewegungsablauf einmal anschauen:

Doch selbst dich der Hip Thrust nicht interessiert, rate ich dir nun, aufmerksam weiterzulesen. Was ich dir jetzt sage, lässt sich nämlich auch auf andere Übungen und Problemzonen übertragen und wird später im Artikel noch gebraucht.

Welches Problem adressiert der Hip Thrust eigentlich? Ich nehme die überraschende Antwort direkt vorweg: Eine mangelhafte Mind-Muscle-Connection.

Die Sache ist die: Kniebeugen und Kreuzheben mit moderaten und schweren Gewichten sind bereits bestens geeignet, um Po-Muskulatur zu kräftigen und aufzubauen. Manche Menschen schaffen es jedoch nicht, den Hintern richtig in die Bewegung einzubeziehen, sodass die Beine den Großteil der Arbeit erledigen – das sind genau diejenigen, die sich für den Hip Thrust interessieren sollten.

Was du mit dem Hip Thrust also lernen willst, ist die Po-Muskulatur zu kontrollieren und bei anderen Übungen wie beispielsweise Kniebeugen zu aktivieren und fest anzuspannen.

Was passiert nun, wenn du den Hip Thrust mit schweren Gewichten ausführst? Zunächst einmal: Der Hip Thrust an sich ist nicht wirklich eine Isolationsübung für den Hintern. Hier spielen auch eine Reihe von anderen Muskeln, speziell im Oberschenkel, eine wichtige Rolle. Und genau hier liegt das Problem. Wenn du nämlich eine mangelhafte Mind-Muscle-Connection zu deinem Hintern hast, ihn also in Übungen wie Kniebeugen nicht effektiv einbeziehen und ausreichend unter Spannung versetzen kannst, dann passiert genau das auch beim Hip Thrust andere Muskeln übernehmen die Hauptlast der Bewegung.

Wenn dein Trainingsziel beispielsweise darin bestünde, einfach nur die Hüftpartie zu stärken (was sich positiv auf diverse andere Bewegungen und die Leistung bei vielen Sportarten auswirken kann), dann können schwere Hip Thrust eine Option sein.

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Aber wenn du einen knackigen Hintern willst, ist das der falsche Weg. Vielmehr willst du dann mit leichteren Gewichten und höheren Wiederholungszahlen trainieren und bei jeder einzelnen Wiederholung maximale Konzentration auf den Po legen.

Versuche die Po-Muskeln gedanklich zu isolieren und so fest wie möglich unter Spannung zu setzen!

Je länger du übst, desto besser wird dir das gelingen – weil sich die Verbindung von deinem Geist zu den Muskeln verstärkt.

Vergiss nicht, dass der Körper eine wahre Adaptionsmaschine ist. Er passt sich an das an, was du tust. In diesem Fall wird der Muskel zunehmend besser „vernervt“. Durch konzentriertes Training erweitert sich das gesamte Nervengeflecht im Zielmuskel, sodass du den Muskeln „besser spürst“ und auch besser kontrollierst.

Zusammengefasst: Der Hip Thrust ist tatsächlich ein Schlüsselelement für einen knackigen Hintern. Aber vor allem dann, wenn er mit leichten Gewichten und viel Konzentration ausgeführt wird, um die Mind-Muscle-Connection zu verbessern, die Po-Muskulatur künftig auch bei anderen Übungen „besser zu spüren“ und sie damit effektiver zu trainieren. Denn es gilt stets die folgende Grundregel:

Wenn du einen Muskel beim Training nicht spürst, wird er auch nicht ausreichend gereizt.

Isolationsübungen

Mit den bedeutenden Einsichten zum Thema Mind-Muscle-Connection im Hinterkopf, liegt nun auf der Hand, dass es auch wenig Sinn ergibt, Isolationsübungen mit schweren Gewichten auszuführen.

Natürlich kommt es auch hier auf das Anwendungsgebiet und die Voraussetzungen an. Für einen fortgeschrittenen Bodybuilder nämlich, kann es durchaus eine Option sein. Doch er befindet sich einer vollkommen anderen Situation als 99% aller Freizeit-Athleten. Denn sein ohnehin schon enorm hohes Muskelvolumen weiter zu vergrößern erfordert massive Spannungszustände und spezielle Trainingsmethoden.

Für alle anderen aber sind Isolationsübungen keineswegs notwendig, um damit wirklich Wachstumsreize zu setzen. Vielmehr sind sie in erster Linie sinnvoll, um die Mind-Muscle-Connection zu einzelnen Muskeln zu stärken, die in der Entwicklung hinterherhinken.

Jeder von uns hat nämlich Schwachstellen. Manche Muskeln reagieren nicht so gut auf das Training und kommen in der Entwicklung nicht hinterher. Bei manch einem sind das die Lats, bei anderen der Hintern, Bizeps oder auch die Brustmuskeln. Ganz besonders häufig sind es die Waden.

Den Grund dafür kennst du nun: Es liegt an einer mangelhaften Verbindung vom Geist zu den Muskeln.

Klingt das etwas esoterisch? Verbindung vom Geist zu den Muskeln? Es nicht zunächst nicht so ganz greifbar und kann daher Skepsis verursachen. Aber wer kontrolliert denn deinen Körper? Wer signalisiert den Muskeln, wann und wie sie sich anspannen sollen? Wer koordiniert eine Bewegung? Es ist das Gehirn! Unser Gehirn ist dabei auf das direkte Feedback von den Muskeln angewiesen – je besser das Nervengeflecht, je genauere Informationen reinkommen, desto besser kann es die Kontraktion einzelner Muskeln auch auf die Bewegung abstimmen!

In einer Pilot-Studie hat Bret Contreras untersucht, wie groß genau die Auswirkungen geistiger Konzentration auf die Aktivierung der Muskeln sein können []. Es wurden verschiedene Übungen absolviert, die jeweils mehrere Muskelgruppen beanspruchen. Dann wurden die Athleten angewiesen, sich jeweils auf einen speziellen Zielmuskel zu konzentrieren (oder auch nicht zu konzentrieren). Beispielsweise wurde der Hip Thrust einmal mit Fokus auf den Hintern und einmal ohne diesen Fokus absolviert.

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Während alle anderen Parameter identisch blieben und sich nur der mentale Fokus veränderte, wurde mittels Elektromyografie (EMG) die Aktivität in einigen Muskeln gemessen. Für die Po-Muskeln ergab sich beim Hip Thrust zum Beispiel:

  • Mit Fokus auf Zielmuskel: 52,67 (max)
  • Ohne Fokus auf Zielmuskel: 20,90 (max)

Du siehst: Es macht einen riesigen Unterschied, ob du in der Lage bist, deine Muskeln richtig zu kontrollieren und anzuspannen oder eben nicht.

Die Konzentration auf einen Zielmuskel sorgt für eine signifikant größere Muskelaktivierung und je besser deine Mind-Muscle-Connection ist, desto größer ist dieser Effekt.

Wenn du also deine Schwachstellen eliminieren willst, liegt das große Geheimnis schlicht darin, deine Mind-Muscle-Connection zu verbessern und dies gelingt am besten, wenn du dich vernünftig auf den Zielmuskel konzentrieren kannst.

Leichte und moderate Gewichte im Bereich 8-20 Wiederholungen sind hierfür am besten geeignet.

Zusammengefasst: Isolationsübungen sollen in erster Linie dafür sorgen, dass die Zielmuskeln bei den großen Grundübungen besser ausgereizt werden und letztlich wesentlich effektiver wachsen. Wenn du noch am Anfang stehst und den Zielmuskel bisher kaum spürst, sind leichte Gewichte und höhere Wiederholungszahlen (einfach aufgrund der Quantität) am besten geeignet, diese Fähigkeit zu verbessern. Wenn du dann allmählich Fortschritte machst, den Muskel besser spürst – es geht hier wirklich ums Gespür, denn das ist der Indikator für die Vernervung des Muskels und der richtigen Interpretation der Signale seitens des Gehirns – und nun mit den Isolationsübungen selbst zusätzlich noch direkte Wachstumsreize setzen willst, kannst du in den 8-12er Wiederholungsbereich wechseln.

Fazit

Grundsätzlich ist die Wahl des Trainingsgewichtes an den beabsichtigten Zweck gekoppelt. Folgerichtig ist es nicht immer die beste Lösung, schwere Gewichte zu verwenden. In diesem Artikel hast du einige Beispiele und Situationen kennengelernt, in denen es effektiver oder gesünder ist, mit leichteren Gewichten zu trainieren. Der Vorteil ist dann zudem: Das zentrale Nervensystem bleibt frischer, sodass du die schweren Gewichte dort effektiv einsetzen kannst, wo sie wirklich Sinn machen. Gute Beispiele dafür sind Kniebeugen, Kreuzheben, Klassisches Drücken, Bankdrücken und Rudern.

(Bild 1: © Monkey Business – Fotolia.com  Bild 2: © gymvisual.com – Fotolia.com)