Knieschmerzen, Rückenschmerzen, verkalkte Schultern, verspannter Nacken und Fettleibigkeit – heute ist das bei vielen Erwachsenen eher die Regel als die Ausnahme. Mittlerweile hat die Forschung längst bestätigt, was eigentlich schon lange klar war:

Der moderne Mensch sitzt viel zu viel und bewegt sich viel zu wenig.

Die Grundlagen dafür werden schon in jungen Jahren gelegt, wo neben der Schule mittlerweile Computer und Smartphones den Alltag der Kinder bestimmen.

Eine irischen Studie aus dem Jahr 2012 stellte beispielsweise fest, dass die 111 teilnehmenden Mädchen im Alter von 15-18 Jahren täglich durchschnittlich rund 19 h sitzen oder liegen! Außerdem zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen Wochentagen (an denen sie zur Schule mussten) und den Wochenenden. []

Die Gewohnheiten, die in der Kindheit kultiviert werden, sind nur schwer wieder abzulegen… So ist es auch kein Wunder, dass viele Erwachsene an den Folgen von Bewegungsmangel zu leiden haben.

Der Bewegungsmangel mindert nicht nur die Lebensqualität durch Krankheiten, Gebrechen und Alltagsleiden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsproblemen. Er kann tatsächlich auch für einen früheren Tod sorgen, wie eine neue Studie aus den USA herausfand. []

Dabei stellte sich heraus, dass sowohl eine insgesamt hohe tägliche Sitzzeit, als auch eine hohe Dauer einzelner „Sitz-Sessions“ für ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko sorgen.

Der Spruch „Sitzen ist das neue Rauchen“, der zur Zeit die Runde macht, ist also tatsächlich gar nicht so weit hergeholt!

Deshalb lass‘ uns zunächst einmal festhalten: Sitzen ist tatsächlich ein Problem. 

Wie der Körper auf der Strecke blieb

Haben Menschen zu früheren Zeiten noch Nahrung jagen oder sammeln und ums überleben kämpfen müssen, so bewegen wir uns heutzutage bestenfalls zum Auto, mit dem wir bequem Essen im Supermarkt kaufen können.

Dank Internet und Telefon können wir uns sogar alles Notwendige direkt nach Hause liefern lassen.

Gekämpft wird höchstens noch mit dem Papierkram – natürlich alles im Sitzen.

Während die Evolution ihr Schneckentempo stur beibehielt, bot uns die rasante Entwicklung der Technik mehr Möglichkeiten, körperlicher Arbeit aus dem Weg zu gehen.

Ganz anders im mentalen Bereich: Geistig stiegen Belastung und Stress in der jüngeren Vergangenheit exponentiell. Mit größer werdender Informationsflut nehmen auch psychische Krankheiten oder Überlastungserscheinungen zu.

Das Problem wird verschärft, da die gestiegene geistige Belastung von vielen mit körperlicher Entlastung kompensiert wird. Wir stehen, wenn wir nicht laufen müssen, sitzen, wenn wir nicht stehen müssen und liegen, wenn wir nicht sitzen müssen. Lieber wartet man 15 Minuten auf den Bus, als den Heimweg von einer halben Stunde zu Fuß anzutreten.

Die Sache ist nur die:

Körper und Geist lassen sich nicht trennen.

Irgendwann trifft alles, was wir dem Körper antun, auch den Geist. Körper und Geist gehören zusammen und beeinflussen sich gegenseitig. Körperliche Inaktivität begünstigt auch geistige Trägheit. Eine Erfahrung, die ich in der Vergangenheit am eigenen Leibe erleben durfte.

Der Weg zur Trägheit – oft unbewusst!

Es gab vor einigen Jahren eine Zeit, in der ich es versäumt habe, richtige Prioritäten zu setzen und mich auf das Wesentliche zu fokussieren, wodurch ich der Trägheit die Tür in mein Leben öffnete.

Auf zehn Hochzeiten gleichzeitig tanzend, wurde ich mit der Zeit von der Informationsflut überrollt und verlor wesentliche Aspekte meines Lebens aus den Augen.

Teilweise betraf es die Ernährung, bei der Ausnahmen allmählich zur Regel wurden. Schlimmer allerdings noch war die Tatsache, dass ich – ohne dass es mir bewusst gewesen wäre – körperlich zunehmend inaktiver wurde.

Ich wollte so produktiv wie möglich sein. Schreiben, Lesen, Schaffen. Das Meiste davon am Computer im Sitzen, gelesen wurde im Liegestuhl. Ich habe es mir lieber dreimal überlegt, Einkäufe oder dergleichen zu erledigen, denn schließlich hätte ich in dieser Zeit auch produktiv sein können.

So habe ich alle „zeitfressenden“ und mit Bewegung verbundenen Aktivitäten möglichst zeitsparend organisiert.

Aber je stärker die körperliche Inaktivität zunahm, desto unproduktiver wurde ich. Man gewöhnt sich daran, zu sitzen und zu liegen. Man gewöhnt sich an Trägheit, bis sie schlussendlich auch den Geist infiziert.

Auf einmal bekam ich immer weniger Lust, an meinen Zielen/Projekten zu arbeiten, bekam immer weniger Lust, Aufgaben zu erledigen. Produktivität wurde zur Last.

Fitnesstraining reicht nicht

Viele Menschen kennen eine solche Situation. Doch wer nun denkt, ein regelmäßiger Besuch im Fitnessstudio sei die Lösung, der irrt sich gewaltig.

Denn tatsächlich habe ich in jener Zeit trotzdem weiterhin nahezu täglich trainiert. Das reicht nur ganz einfach nicht, um schlechte Haltung und mangelnde Bewegung an 23 von 24 Stunden des Tages zu kompensieren!

Schlussendlich musste ich am eigenen Leibe erfahren, welche Folgen die zunehmende Verkopfung unserer Gesellschaft hat:

  • Die Geschmeidigkeit geht verloren – schon bald kannst du nur noch mit einer gründlichen Erwärmung trainieren, ansonsten knackt es überall im Körper und schon vielfach ausgeführte Bewegungen werden schwerfällig.
  • Der Stoffwechsel fährt herunter – gut zu spüren im Winter, wenn du an manchen Tagen auch mit Pullover in der Wohnung frierst.
  • Energie wird zunehmend gespeichert – das Hüftgold wächst an, selbst wenn die Schultern parallel dazu breiter werden.
  • Leidenschaft und Begeisterung gehen verloren – denn es fehlt schlicht die Energie.
  • Erkältungen und Erkrankungen nehmen zu – denn das Immunsystem wird geschwächt.
  • Schwerfällig wird auch der Geist – was sich oft in nachlassender Spontanität äußert.

Langfristig führt das zu all den bekannten Wohlstandskrankheiten, wenn nicht rechtzeitig Einsicht und Kehrtwende erfolgen.

Fitness, Gesundheit und Ästhetik werden nicht nur im Studio geschmiedet, sondern auch in der Zeit außerhalb. Bewegung muss zum Teil des Alltags werden (genauso übrigens auch wie die andere Seite der Medaille, das gezielte Abschalten und Entspannen).

Geschieht dies nicht, findet die körperliche Trägheit alsbald auch Einzug in andere Lebensbereiche.

Das schlimmste dieser im Nachhinein wertvollen Erfahrung war jedoch, dass mir all das seinerzeit nicht bewusst wurde. Mein Geist war bereits zu träge, um zu erkennen, was da passierte.

Man gewöhnt sich sehr schnell an kleine Veränderung und akzeptiert sie unbewusst als Normalität

Es dauerte damals lange, bis ich erkannte, was „plötzlich“ alles schief lief.

Die größte Gefahr am Bewegungsmangel ist daher meiner Meinung und Erfahrung nach, dass dies über lange Zeit unbewusst bleibt und erst dann wirklich deutlich wird, wenn schon eine Menge Schaden angerichtet wurde.

Doch selbst wenn du dir dessen bewusst bist, ist das Problem „Bewegungsmangel“ zunächst alles andere als leicht zu überwinden. Denn eine Menge „Sitzen“ wird uns auch aufgezwungen – im Jugendalter in der Schule und später oftmals im Job.

Doch das heißt nicht, dass man dieser Situation hilflos gegenübersteht!

Jeder kann etwas tun!

Wir müssen erkennen, dass wir zu jeder Zeit Mittel und Wege finden können, dieses Problem einzudämmen und in weiten Teilen zu beheben.

Der Grund dafür, dass viele diese Wege nicht finden, ist schlicht und einfach, dass sie gar nicht erst suchen.

Wir Menschen neigen manchmal schnell dazu, uns in der Rolle des Opfers zu sehen, das den Umständen hilflos ausgesetzt ist. Diese Einstellung hindert daran, nach Lösungen zu suchen – und so viel ist klar: Es gibt immer Lösungen.

„Keine Zeit“ ist eine billige Ausrede des inneren Schweinehundes, die wir hier nicht gelten lassen sollten.

Das Problem ist vielmehr, dass sich die während Schule und Arbeit kultivierte körperliche Trägheit zunehmend ausbreitet und die eigene Einstellung zur Bewegung befällt – man verliert schlicht die Lust!

Das zeigt deutlich die bereits eingangs erwähnte Studie an kanadischen Teenagern, die keinen signifikanten Unterschied der Sitzzeiten zwischen Wochentagen und Wochenenden feststellen konnte.

Trägheit prägt den Mindset. Je körperlich träger du lebst, desto weniger Lust hast du auf Bewegung.

Glücklicherweise funktioniert dieses Spiel auch umgekehrt:

Je mehr Bewegung du bewusst in dein Leben integrierst, desto mehr Freude und Erfüllung wird sie dir auch geben.

Sowohl „Bewegung“ als auch Trägheit können also zu Selbstläufern werden, wenn sie es schaffen, den Mindset zu dominieren. Damit ist klar, worauf es hier eigentlich ankommt – wir müssen es schaffen, unseren Mindset auf „Bewegung“ zu programmieren.

Für dich bedeutet das ganz einfach:

  • Erkenne das Problem – schonungslos, offen und ehrlich.
  • Suche bewusst und gezielt nach Lösungen – ohne dich von Hindernissen entmutigen zu lassen.

Je stärker du dich auf diesen Prozess fokussierst, je stärker er deine Gedanken einnimmt, desto klarer setzt sich die Einstellung „Ich will mich mehr bewegen“ durch.

Wenn das geschehen ist, wirst du mit der Zeit ganz von selbst neue Möglichkeiten entdecken, einen körperlichen Ausgleich zum beruflichen Alltag zu finden. Der Mindset ist der Schlüssel!

Der Mindset wird allerdings nicht nur von Gedanken, sondern auch von Taten geprägt.

Vier von körperlicher Aktivität geprägte Wochen können deine Einstellung zur Bewegung grundlegend verändern. Zieh‘ die nachfolgende Challenge für diese vier Wochen konsequent durch und schau selbst, wie dein Leben durch Bewegung bereichert werden kann!

Der Weg zur Aktivität: Die 4-Wochen-Challenge

Schritt #1: Lass den Fernseher aus

Du musst nicht bis auf alle Zeiten auf den Fernseher verzichten, aber zumindest für ein paar Wochen ist es sinnvoll. Denn der Fernseher raubt dir nicht nur Zeit, er fördert auch Passivität und Trägheit. Denn man lässt sich dabei ja stets nur berieseln.

Wirklich entspannend ist er übrigens auch nicht, wie durch Studien belegt werden konnte.

Deshalb lohnt sich ein zeitlich begrenzter kompromissloser Verzicht auf den Fernseher, um die ins Unterbewusstsein eingebrannte Trägheit zu überwinden.

Alternativen:

  • Versuche dich einmal an der Meditation. Des fördert die Konzentration, reinigt die Gedanken und sorgt für echte körperliche Tiefenentspannung, statt vor dem Fernseher dahinzuvegetieren.
  • Lies‘ gute Bücher. Es konnte gezeigt werden, dass Bücher wesentlich besser zur Entspannung beitragen als der Fernseher.
  • Geh‘ raus. Die ganze Welt steht dir offen! Das ist nicht selbstverständlich, wie ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt. Ich meine mal ehrlich: Wo fühlst du dich wirklich wohler, auf der Couch bei irgendeiner Serie oder bei einem Spaziergang im Park, den Sonnenuntergang am See genießend, bei einer Grillrunde mit den Freunden oder einer kleinen Radtour durch die Umgebung? Wenn das Wetter passt, betreibe ich zum Beispiel abends gerne SUP (Stand Up Paddling). Und hey, wann warst du eigentlich das letzte mal Zelten?

Schritt #2: Bring Bewegung in deinen Alltag

Versuche so viele Strecken wie möglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Steige beim Transport mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas früher aus, nutze die Treppe statt dem Fahrstuhl, bewege dich beim Telefonieren, fahre wenn möglich mit dem Fahrrad einkaufen.

Letztlich frisst es schon etwas mehr Zeit, aber Gesundheit und Leistungsfähigkeit werden es Dir danken. Auf lange Sicht rentiert es sich!

Zudem können solche Phasen auch genutzt werden, um den Tag zu organisieren, Klarheit in die Gedanken zu bringen, das Leben zu ordnen – oder einfach nur um den Geist zur Ruhe zu bringen und den Moment zu genießen.

Diese Zeiträume sind gerade in stressigen Situationen von großer Wichtigkeit, um den Überblick zu behalten, Prioritäten und Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und sich auf das Wesentliche fokussieren zu können.

Ein Schrittzähler oder eine entsprechende Smartphone-App können dabei behilflich sein, einen gewissen Ansporn zu liefern, sich mehr zu bewegen. Ziel ist es, länger auf den Beinen zu sein und Schwung in den Alltag zu bringen. 10.000 Schritte pro Tag sind ein sehr guter Anfang, das belegen mittlerweile viele neuere Studien!

Schritt #3: Unternimm jede Woche eine Wanderung

Möglichst in der freien Natur, denn dort sind wir in unserem Element.

Ich denke, dass ich diesen Punkt nicht näher erklären muss. Das Bedürfnis wohnt in jedem von uns, wir sollten nur aufhören, es zu verdrängen.

Ernsthaft, wie lange ist deine letzte Wanderung her? Und wie oft hast du dir schon gedacht: „Eigentlich würde ich gerne mal wieder…“

Tja, es passiert nicht von selbst. Man muss sich die Zeit dafür nehmen und es einfach tun, statt nur immer wieder darüber nachzudenken und nach Gegenargumenten („Soll ja heute noch regnen“, „Nächstes Wochenende habe ich eigentlich mehr Zeit“, „Heute bin ich ein bisschen müde“…) zu suchen.

Schritt #4: Starte Jetzt!

Warte nicht auf den richtigen Augenblick, denn er wird niemals kommen. Fange jetzt an, dein Leben aktiver zu gestalten und die Schritte umzusetzen.

Es wird anfangs anstrengend sein, weil es ungewohnt ist. Es mag ein paar Tage dauern, bis Du Dich daran gewöhnt hast. Aber mit der Zeit wirst Du es lieben lernen.

Vor allem dieses Gefühl am Abend: Wenn du sowohl müde und erschöpft als auch entspannt und glücklich bist.

Weißt du, was das ist? Das ist ein Zeichen dafür, dass sich dein Leben im Gleichgewicht befindet. Dass der Körper nicht zu kurz kommt. Dass du den Tag genutzt hast.

Es gibt kaum ein befriedigenderes Gefühl.

PS: Ganz nebenbei wirst Du auch merklich Körperfett verbrennen, was so kurz vor dem Sommer ja auch nicht unbedingt ein Nachteil ist ;)
Also schone Dich nicht zu Grabe, werde aktiv!

(Bildquellen der Reihe nach: © Warren Goldswain / © Andrey Popov / © Basilius Maximus / © ivanko80 / © EVERST – Fotolia.com)