Dieser Artikel ist Teil der Serie „Der ultimative Anfängerleitfaden„
Es gibt eine unglaublich große Anzahl von Übungen im Kraftsport – die meisten gehen in der Masse unter, weil sie keine herausragenden Eigenschaften besitzen. Auf der anderen Seite gibt es aber zwei Übungen, die alle anderen überstrahlen: Kniebeugen und Kreuzheben.
Wenn Sie sich nur zwei Übungen auswählen könnten, dann sollte Ihre Wahl auf diese beiden fallen, denn keine anderen Übungen kommen der Effektivität von Heben und Beugen auch nur ansatzweise nahe. Sie trainieren jeweils einen sehr großen Anteil der gesamten Muskeln des Körpers und lösen daher enorme hormonelle Reaktionen aus. Kniebeugen und Kreuzheben lassen den Testosteronspiegel in die Höhe schnellen und veranlassen den Körper zu sehr großen Wachstumshormonausschüttungen. Infolgedessen wird das Wachstum aller Muskeln im Körper begünstigt. Solange Sie bei diesen beiden Übungen Fortschritte machen werden Sie auch bei allen anderen Übungen gut vorankommen.
Kniebeugen
Die Beuge trainiert primär den Unterkörper und unteren Rücken. Sie bildet den Schwerpunkt des äußerst effektiven „Super Kniebeugen“-Programms von Randall Strossen und sollte auch bei jedem anderen Programm im Mittelpunkt stehen. Es gibt viele verschiedene Arten von Kniebeugen, die drei besten jedoch sind: Kniebeugen mit Rückenauflage (klassische Kniebeugen), Frontkniebeugen und Überkopfkniebeugen.
Die Technik dieser drei Varianten habe ich im Artikel „Kniebeugen – die Mutter aller Übungen“ beschrieben. Sie sollte unbedingt genauestens erlernt werden, damit auch schwere Gewichte ohne größeres Verletzungsrisiko gebeugt werden können.
Kreuzheben
Das Heben schwerer Gewichte ist so ziemlich die natürlichste aller Bewegungsformen. Neben den Beinen wird der gesamte Rücken trainiert. Kreuzheben ist eine vollkommen unterschätzte Übung für den oberen Rücken – vermutlich, weil sie meistens falsch ausgeführt wird. Neben dem klassischen Kreuzheben sind noch Rumänisches Kreuzheben und Sumo-Kreuzheben empfehlenswerte Bewegungsausführungen.
Die Technik der einzelnen Varianten habe ich im Artikel „erHEBE Dich!“ beschrieben. Wie auch bei der Beuge sollten sie sich ausreichend Zeit zum Üben nehmen. Beugen und Heben sind koordinativ sehr anspruchsvoll – auch erfahrene Sportler machen hier noch Fehler. Lernen Sie lieber von Anfang an die richtige Technik und lassen sie sich ins Blut übergehen.
Vielfältige Einsatzgebiete
Neben dem Aufbau von Kraft und Muskelmasse eignen sich beide Übungen auch hervorragend zum Fettabbau. Durch die Vielzahl der belasteten Muskeln wird der Stoffwechsel enorm beschleunigt und die Fettverbrennung daher noch über Stunden nach dem Workout angekurbelt. Wer einmal 10 Sätze Kniebeugen absolviert hat, der merkt, dass es eine ganz andere Hausnummer als gewöhnliches Cardio ist.
Machen Sie diese beiden Übungen zum Schwerpunkt Ihres Trainings und trachten Sie stets danach, sich bei ihnen zu verbessern. Neben den körperlichen Fortschritten werden Sie auf diese Weise auch einen enorm starken Willen bekommen, denn schweres Beugen und Heben ist kein Kindergarten.
Im nächsten Teil beschäftigen wir uns mit den besten Drückübungen.
Hallo Philipp,
erstmal ein riesen Lob für deinen Blog. Habe mich noch nie vergleichbar so gut beraten und informiert gefühlt.
Hier meine Situation: Ich bin 17 Jahre alt und ca. 170 cm groß. Ich spiele Fußball und Tennis. Nun möchte ich vor allem über den Winter zusätzlich noch etwas Kraftsport betreiben, der für die beiden Sportarten fördernd ist und meinen Körper athletischer macht. Dabei eröffnen sich mir 2 Probleme:
1. Ich hoffe ehrlich gesagt noch etwas zu wachsen. Man hört immer wieder, dass Kraftsport das Körperwachstum bei Jugendlichen einschränken kann. Wie viel ist an diesem Gerücht dran beziehungsweise welche Fehler würden dazu führen?
2. Ich würde ungern Beweglichkeit verlieren, da diese für die oben genannten Sportarten essentiell ist. Man sieht heute viele, die zwar ungemein muskulös sind, dafür aber viel Motorik verloren haben.
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen. Danke schonmal im Voraus
LG Daniel
Besten Dank für Dein Feedback, Daniel!
Schön, dass Du schon athletisch lebst und diesen Weg auch weiterhin verfolgen möchtest.
Vorweg muss ich erst einmal erwähnen, dass ich kein Arzt bin und selbstverständlich jeder einzelne Ratschlag auf eigene Verantwortung umgesetzt wird :)
zu 1.) Es ist leider nicht mit abschließender Gewissheit zu beurteilen, inwiefern das tatsächlich zutrifft. Der Grundgedanke ist, dass sich durch schweres Krafttraining Wachstumsfugen schließen können und das Körperwachstum dadurch zum Stillstand kommt. Die Betonung liegt hierbei auf schweres Krafttraining. Grundsätzlich in Ordnung sind Körpergewichtsübungen und auch Hantelübungen mit leichteren bzw. moderaten Gewichten.
Wie gesagt, es ist nicht genau geklärt, ob schweres Krafttraining tatsächlich zum Wachstumsstillstand führen kann. Es gibt durchaus berechtigte Zweifel daran, aber grundsätzlich stellt sich auch die Frage: Lohnt sich das Risiko? Wenn Du ins Training einsteigst, solltest Du ohnehin noch nicht gleich mit schweren Gewichten trainieren. Also kannst Du damit auch problemlos noch ein Jahr warten und schauen, inwiefern Du in Deinem Alter noch wächst.
Was Du tun kannst, ist mit grundlegenden Körpergewichtsübungen (z.B. Klimmzüge, Dips, Liegestütze, Beinheben, Rollouts) und auch die wichtigsten Hantelübungen mit leichteren Gewichten zu trainieren. Was den Wiederholungsbereich angeht, so solltest du mit 15-25 Wiederholungen pro Satz einsteigen. Du kannst nach ein paar Wochen Eingewöhnung (und Erlernen der Übungstechnik) das Gewicht so steigern, dass Du 8-12 Wiederholungen in einem Satz absolvierst. Damit kannst Du auch schon sehr gut Muskeln aufbauen.
zu 2.) Krafttraining führt nicht dazu, dass man, wie der Volksmund so schön sagt, „einrostet“. Das liegt eher an einem Mangel an dynamischer Bewegung. Wer viel sitzt, sich selten bewegt und dann höchstens mal im Studio ein paar schwere Hanteln stemmt, der bekommt natürlich auch keinen athletischen Körper, der zu stellen Rotationen, explosiven Antritten etc. in der Lage ist. Das ist leider auch oftmals bei manchen Studioprolls der Fall, die mehr Show-Muskeln als einen tatsächlich athletischen Körper vorweisen können. Da solche Typen oftmals als Sinnbild des Kraftsports herangezogen werden, entsteht hier leider auch ein falscher Eindruck vom Krafttraining.
Krafttraining ist nämlich grundsätzlich eine sehr sinnvolle Ergänzung für so ziemlich jede Sportart. Der Kraftaufbau wirkt sich positiv auf viele Bewegungen aus, zugleich werden die Gelenke besser stabilisiert, der Körper wird robuster und mit dem entsprechenden Training kannst du auch explosiver werden. Das ist auch der Grund, dass in den meisten Profi-Sportarten (Fussball und Tennis sind auch dabei) ergänzendes Krafttraining einen festen Bestandteil bildet.
Wichtig sind zunächst einmal die Grundübungen: Kniebeugen, Klassisches Drücken, Kreuzheben und die bereits genannten Körpergewichtsübungen. Auf dieser Basis aufbauend könnten später dynamischere Übungen hinzukommen: Kettlebell-Swings, Push-Presses, Thruster, Power Cleans und Gewichtheberübungen wie Reißen (Snatch) und Stoßen (Clean&Jerk) sowie abgewandelte Varianten dieser Übungen. Aber wie gesagt, diese technisch anspruchsvollen Übungen sollten erst nach und nach ins Training eingebaut werden. Einzig der Kettlebell-Swing kann schon relativ frühzeitig ins Training integriert werden, weil er koordinativ nicht sonderlich anspruchsvoll ist und hinsichtlich der Athletik enorm positive Auswirkungen haben kann. Er trainiert nämlich die hintere kinetische Kette, speziell die Beinrückseite und den Hintern. Dort liegt bei vielen Athleten reichlich brachliegendes Potential, welches bei eigentlich allen Sportarten zu einer guten Leistungssteigerung führen kann. Der Hüftbereich und speziell der Hintern ist zum Beispiel für explosive Sprints und Richtungswechsel sehr wichtig, um sich kraftvoll abzustoßen und eine stabile Haltung einzunehmen.
Beste Grüße
Philipp