Die Fitnessstudios sind zu. Gewöhnungsbedürftig, wenn man nicht mehr an die gewohnten Geräte und schwere Gewichte heben kann. Doch das ist sicher kein Grund, sich gehen zu lassen und aus der Form zu kommen!

Tatsache ist nämlich, dass auch darin eine Chance steckt. Nämlich die, trainingstechnisch unabhängiger vom Equipment zu werden, zu lernen, seinen eigenen Körper wieder mehr zu nutzen und zu beherrschen – und natürlich sinnvolle, zeitsparende Trainingsmöglichkeiten in den eigenen 4 Wänden zu erschaffen.

Die positiven Effekte bleiben bestehen auch wenn die Krise überwunden ist: Die Möglichkeit, daheim zu trainieren, ist besonders dann sinnvoll, wenn die Zeit gerade knapp ist und ein Studiobesuch sonst ausfallen würde. Unabhängig von sperrigem Equipment zu werden, macht dich einfach flexibler, bietet mehr Abwechslung und hilft natürlich auch auf Reisen.

Home Gym on a budget – preisgünstig und platzsparend

Die Einrichtung eines eigenen Home Gyms scheitert in den meisten Fällen an den verfügbaren Ressourcen bzw. daran, dass die benötigten Ressourcen überschätzt werden.

Tatsächlich aber kann man sich daheim auch mit wenig Platz und Geld sehr gute Trainingsmöglichkeiten schaffen. Du brauchst nicht unbedingt eine Hantelbank, Kabelzüge und ein Laufband – das kostet Platz und Geld.

Wenn du beides hast, nur zu. Aber wenn du wissen willst, wie du auch mit wenig Platz und überschaubaren Kosten effektiv trainieren kannst, solltest du jetzt dranbleiben.

Die magischen Tools – Diese zwei „Geräte“ brauchst du wirklich

Du hast richtig gelesen, im Grunde gibt es nur zwei wirklich sinnvolle Tools mit echtem Mehrwert, die für ein minimalistisches Home Gym infrage kommen.

Fakt ist nämlich, dass du genügend Übungen auch gänzlich ohne Equipment ausführen kannst.

Diese Form des Bodyweight-Trainings mag weniger effektiv bezüglich Muskelaufbau sein, hat aber dafür eigene Vorteile zu bieten.

Es trainiert deine Körperbeherrschung, entwickelt tiefliegende Muskeln und den gesamten Core-Bereich besser, hat eine niedrigere Verletzungsgefahr und kann natürlich, was in der Corona-Lage entscheidend ist, immer und überall (vor allem eben daheim) ausgeführt werden, ohne auch nur einen Cent zu kosten.

Allerdings ist das gerätefreie Bodyweight-Training leider nicht komplett. Es hat eine besonders große Lücke, nämlich den Mangel an Zugübungen. Ohne Geräte kann man die Zugmuskulatur, dazu zählt vor allem der Rücken, nicht effektiv trainieren!

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Auch wenn einschlägige Bücher aus Marketinggründen gern etwas anderes behaupten. Nichts für Ungut, aber Klimmzüge am Kleiderschrank sind biomechnisch gesehen Müll. Sie trainieren mehr die Finger als den Rücken.

Daher brauchst du zunächst dringend eine Möglichkeit, effektiv Zugübungen zu trainieren, da die Zugmuskulatur bei vielen ohnehin unterentwickelt ist und in Kombination mit einem Alltag am Schreibtisch zu Fehlhaltungen führt.

Hand in Hand damit geht die Möglichkeit, täglich zu „hängen“. Als Simply Progress Leser weist du bestimmt, dass Hanging die beste Übung ist, um Blockaden der Wirbelsäule zu lösen und stabile, gesunde Schultern zu bekommen.

Klimmzüge und Rudern – Equipment für Zugübungen und Hanging

DIE EINE SACHE, die dein Home Gym unbedingt braucht, ist daher eine Möglichkeit, Klimmzüge, Rudern und Hanging-Varianten auszuführen.

Meiner Erfahrung nach gibt es hier drei praktikable Optionen:

  1. Turnringe
  2. Freistehende Klimmzugstation
  3. Klimmzugstange für den Türrahmen

Turnringe: Mein Mittel der Wahl sind Turnringe. Eines der vielseitigsten und effektivsten Trainingstools überhaupt. Sie bewegen sich in 360° stets zu deinem schwächsten Punkt und sorgen daher für eine wirklich ausgewogene Entwicklung der gesamten Oberkörpermuskulatur.

Zudem sind stabile Turnringe aus Holz mittlerweile sehr günstig (mein erstes Paar vor etwas über 15 Jahren hat mich 199 Euro gekostet, heute liegen die Preise bei 30-40 Euro), leicht und transportabel. Man kann sie überall aufhängen, wo ein stabiler „Querbalken“ zu finden ist, also auch an geeigneten Bäumen.

Somit sind sie nicht nur für daheim, sondern auch für Reisen zu gebrauchen. Ich besitze ein Paar Ringe für Zuhause und eines für unterwegs.

Nachteil: Zuhause braucht man entweder freie Querbalken oder stabile Wände aus Beton oder ähnlichen Materialien. Mit Rigips kommt man hier nicht weit. Wer stabile Wende hat, kann sich eine entsprechende Halterung zum Aufhängen besorgen.

Klimmzugstation: Wer dagegen nicht die Möglichkeit hat, zuhause Ringe aufzuhängen, fährt am besten mit einer soliden freistehenden Klimmzugstation.

Diese ist natürlich weniger flexibel und etwas teurer, aber sie erledigt den Job und schafft die Möglichkeit, Klimmzüge und Ruderzüge daheim zu trainieren.

Netter Bonus: Sowohl Ringe als auch Klimmzugstation können auch für Dips verwendet werden, eine fantastische Grundübung für Brust, Schulter und Trizeps.

Klimmzustange für den Türrahmen: Die wohl preisgünstigste Variante, auf die ich aber nur als letzten Ausweg zurückgreifen würde. Grund ist, dass solche Stangen in der Regel nicht sehr freundlich zum Türrahmen sind (sofern überhaupt ein geeigneter Rahmen vorhanden ist!) und man sich stets sorgen um die Stabilität machen muss. Als Dauerlösung für mich nicht geeignet. Dann lieber etwas mehr Geld investieren und zur Klimmzugstation greifen, da hat man längerfristig was von.

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Kettlebell – Equipment für Kraft, Stabilität und Conditioning

Zugegeben, wirklich essentiell ist die Kettlebell nicht. Aber sie ist das platzsparendste aller Conditioning-Tools und sehr effektiv noch dazu.

Klar kannst du Herz-Kreislauf-Training auf engem Raum auch nur mit dem Körpergewicht machen, durch Übungen wie z.B. Mountain-Klimbers, Ausfallschritt-Sprünge, Sprungkniebeugen, Burpees.

Das Problem ist, diese Übungen machen meiner Erfahrung nach vielen da draußen wenig Freude und die Motivation geht recht schnell verloren, insbesondere bei jenen, die an Hanteltraining gewöhnt sind.

Viele brauchen einfach was zum Greifen, ein externes Gewicht, das sie anpacken und bewegen können. Und die Kettlebell ist perfekt für enge Räume, vielseitig, effektiv und einfach eine sehr motivierende Abwechslung zum normalen Training mit Lang- und Kurzhantel.

Du kannst sie einerseits nutzen, um dein Herz-Kreislauf-System so richtig zu fordern. Das funktioniert am besten mit Kettlebell-Swings, eine der effektivsten Übungen überhaupt (siehe verlinktem Artikel)!

Andererseits kann die Kettlebell auch für unilaterales (einarmiges) Krafttraining benutzt werden.

Vorteil: Die Core-Muskulatur und insbesondere quer verlaufende Stützmuskeln rund um die Wirbelsäule werden stärker gefordert – das gibt ein echtes Waschbrett!

Die Marke ist im Grunde egal, sofern eine hochwertige, kompakte Kettlebell (bloß kein Kunststoff!) dabei herausspringt. Ich selbst nutze seit jeher Gorilla Sports Kettlebells und bin absolut zufrieden.

Vor allem würde ich dir dringend raten, lieber direkt etwas mehr Geld zu investieren und eine standardisierte Competition Kettlebell zu besorgen – hält ein Leben lang, liegt besser in der Hand und lässt sich leichter skalieren, weil die Technik nicht verändert werden muss, wenn das Gewicht steigt.

Die nachfolgende Gewichtstabelle kann dir eine gute Orientierung für deine erste Kettlebell bieten, insbesondere für den Kettlebell-Swing.

Wenn du auch andere Übungen wie Push-Press, Cleans, Turkish Get-Up etc. damit machen willst, rate ich dir zusätzlich eine leichte „Technikhantel“ (8 kg) zu besorgen, um komplexe Übungstechniken sicher zu erlernen (Swings dagegen sind leicht und schnell zu beherrschen).

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TrainingslevelMännerFrauen
Anfänger16 kg12 kg
Intermediär20 kg16 kg
Fortgeschritten24 kg20 kg

FOKUS – Das richtige Trainingsumfeld

Du siehst, ein komplettes Home Gym muss nicht umfangreich und übertrieben teuer sein. Es geht platz- und preissparend.

Entscheidend für deinen Trainingserfolg sind nun zwei Dinge:

  1. Führe die RICHTIGEN Übungen aus. Aktuell wird das Internet von Home-Workouts überschwemmt – vieles davon ist ineffektiver Blödsinn. Es geht nicht nur darum, sich erschöpft zu fühlen, sondern darum auch richtige Trainingsreize zu setzen. Daher gibt es nur eine sehr begrenzte Auswahl an effektiven Übungen. Halte es minimalistisch und dadurch effektiv.
  2. Konzentriere dich! WIE du trainierst ist noch wichtigster als WAS du trainierst. Daheim ist man leichter abgelenkt. Deshalb musst du dafür sorgen, so viele Störquellen wie möglich abzuschalten oder woanders unterzubringen. Trainiere wenn möglich nicht im gleichen Raum, in dem du auch fernsiehst oder Videospiele spielst. Schalte das Handy AUS. Gehe NICHT durch die Wohnung und erledige z.B. in den Satzpausen nebenbei Dinge. Wenn du trainierst, trainierst du. Nichts anderes. Das ist der Schlüssel für ein funktionierendes Home Gym, nämlich so viele Störquellen wie möglich zu beseitigen.

Wenn du diese beiden Faktoren zu deinen Gunsten beherrschst, dann kannst du die Krise zu einer Chance machen, in dem du deinen Körper nun in einer neuen Arena forderst, neue Möglichkeiten entdeckst und neue Lasten spürst.

Das minimalistische Training in den eigenen 4 Wänden beansprucht dich physisch und psychisch auf eine neue Art und Weise und setzt dadurch neue, holistische Wachstumsreize.

Du wirst mehr Zeit haben und du wirst herausfinden, dass es tatsächlich gar nicht so viel „Krempel“ braucht, wie einem die Magazine oft weismachen wollen, um körperlich fit zu bleiben oder zu werden – ein befreiendes Gefühl!

(Quelle Titelbild: © kanashkin – Fotolia.com)