Was ist der ernährungsphysiologische Wert von Süßigkeiten? Es gibt keinen. Der Körper braucht sie nicht. Sie entziehen ihm Nährstoffe, überladen ihn mit Unmengen an schnell-verfügbarer Energie, schicken den Blutzuckerspiegel auf eine Achterbahn und lassen die Geschmacksnerven abstumpfen. Von der zusätzlichen Chemie mal ganz zu schweigen.
Trotzdem können sich die aller meisten Menschen ein Leben ganz ohne Süßigkeiten nicht mehr vorstellen. Aber „mal“ kann man sich das ja auch gönnen, oder? Betrachtet man den rein physiologischen Standpunkt, könnte man natürlich auch fragen: Wenn einem etwas (vermeintlich) schadet, warum sollte man es dann im Einzelfall akzeptieren? Ich meine, ich schieße mir ja auch nicht hin und wieder mal ins Bein.
Die Sache ist die: Man kann die Ernährung nicht vom rein physiologischen Standpunkt aus betrachten, genauso wenig wie man einen Trainingsplan ausschließlich danach aufstellen sollte, was aus trainingstheoretischer Sicht „ideal“ wäre.
Ob es einem nun gefällt oder nicht, der Einsatz von Nahrung als Genussmittel ist Teil der gesellschaftlichen Dynamik und in dieser Funktion schon von frühester Kindheit an sehr prägend. Ist man einmal daran gewöhnt, gibt es kaum mehr einen Weg zurück. Und das ist auch nicht notwendig: Ob man sich zu 100% gesundheitsorientiert (was ohnehin nicht möglich ist, da niemand genau weiß, was wirklich ideal wäre) oder eben nur zu 80-90% gesundheits- und zu 10-20% genussorientiert ernährt, macht kaum einen Unterschied. Kleine Abweichungen kann der Körper nämlich auch dauerhaft sehr gut kompensieren, solange er insgesamt gut versorgt und nicht überlastet wird.
Das bedeutet „gesünder ernähren“ eigentlich
Wenn wir von einer gesünderen Ernährung sprechen, geht es also eigentlich „nur“ darum, diese Balance anzupassen. Denn wenn man sich nicht im Griff hat, kann die Balance schnell aus den Fugen geraten. Wenn der Genuss jedoch überhand nimmt, kann der Körper nicht mehr kompensieren. Er verfettet, verkalkt und erkrankt.
Von kleinen Details abgesehen wette ich darauf, dass jeder schon ein brauchbares Bild einer gesunden Ernährung hat, wenn man sich auf seine Intuition verlässt. Ich könnte dir eine Liste mit Hunderten Nahrungsmitteln aufstellen und ich wette du könntest schon rein intuitiv sehr gut einordnen, was der Gesundheit zuträglich ist und was ihr (bei übermäßigem Verzehr) eher schadet. Ich wette außerdem, dass jeder von uns diese Lebensmittel sinnvoll kombinieren kann – mit anderen Worten: Dass jeder intuitiv mit dem Begriff „ausgewogen“ etwas anfangen kann.
ABER: Das bedeutet nicht, dass Verzicht keine Option ist. Ganz im Gegenteil! Den Verzicht zu erlernen ist vielmehr das Schlüsselelement schlechthin, um dauerhaft eine gesunde Balance wahren zu können.
Ich habe davon gesprochen, dass die Ernährung aus den Fugen gerät, wenn man sich nicht im Griff hat. Und genau das steckt dahinter: Zu lernen, auf den Genuss zu verzichten. Erst dann erlangt man den Kontrolle über seine Emotionen und Gelüste und erst dann hat man die Ernährung wirklich im Griff.
Der Weg zur gesunden Ernährung führt über den Verzicht
Das heißt nichts anderes, als dass man zumindest zeitlich begrenzt vollständig auf Süßigkeiten und rein den Genuss gewidmeten Nahrungsmitteln verzichten muss, um die Kontrolle über das eigene Ernährungsverhalten zu gelangen.
Warum aber sage ich dir das jetzt, so kurz vor Weihnachten, wo kein Mensch wirklich Lust darauf hat, sich über die Ernährung Gedanken zu machen (und schon gar nicht gänzlich auf Süßigkeiten zu verzichten)?
Darum scheitern viele Diäten
Nun, lass‘ uns einmal über den interessanten Begriff „Kontrolle“ reden. Was bedeutet es, Kontrolle über sich zu haben? Für mich heißt das vor allem, unabhängig von den Umständen entscheiden und handeln zu können.
Doch genau diese Umstände sind oftmals bezüglich unseres Ernährungsverhaltens ungemein prägend! Steht man gerade besonders unter Stress, greifen viele Menschen deutlich häufiger zu Süßigkeiten und Junk-Food. Weihnachten? Gebäck, Pralinen und Schokolade haben Hochkonjunktur.
Und genau das ist der Grund dafür, dass so viele gute Ernährungsvorsätze von geringer Beständigkeit sind: Weil man selbst nicht wirklich die Kontrolle hat und noch abhängig von den Umständen ist.
Schönwetter-Diäten
Schauen wir uns doch die Tatsachen an: Viele starten ihre Ernährungsumstellung (oder beispielsweise auch ein Trainingsprogramm) bevorzugt dann, wenn gerade alles gut läuft. Wenn man genügend Zeit, wenig Stress und viel Lust hat, dann startet man. Das sind die sogenannten Schönwetter-Diäten.
Deshalb verschieben viele von uns ihre Vorhaben ja auch immer wieder: Sie warten auf passendere Umstände. Das sind die „jetzt-gerade-ist-es-ganz-schlecht“-Menschen.
„Bis Ende des Monats muss noch ein Projekt abgeschlossen werden, aber dann… ja dann habe ich genügend Zeit und kann endlich durchstarten!“
Genau das tun sie dann auch. Wenn die Umstände günstig sind, legen sie los. Aber was passiert, wenn sich die Umstände wieder ändern? Wenn gerade Beziehungsstress herrscht, ein neues Projekt vor der Tür steht oder andere Hürden auftauchen, die den Alltag einengen, Zeit und Energie erfordern? Du kennst die Antwort: Sie geben auf! Das Kartenhaus bricht in sich zusammen.
Miese Umstände bieten die besten Chancen
Machen wir uns folgendes klar: Seinen Schweinehund überwinden zu können, wenn die Umstände perfekt sind, heißt noch lange nicht, dass man dazu auch bei ungünstigen Umständen in der Lage ist. Doch eben solche werden früher oder später kommen und das instabile Fundament der eigenen Bestrebungen offenbaren!
Das ist, wie ich besonders beim Support der Nachhaltig Schlank Leser festgestellt habe, der große Denkfehler, den wirklich viele Menschen begehen, wenn sie ihre Ernährung umstellen, regelmäßig trainieren oder eine andere Gewohnheit jenseits der eigenen Komfortzone annehmen wollen. Sie warten auf günstige Umstände und planen damit fast ausnahmslos ihr langfristiges Scheitern.
Umgekehrt: Wer es auch bei den denkbar ungünstigsten Umständen schafft, konsequent zu handeln, der schafft dies garantiert auch in allen anderen Situationen!
Wer bei Regen und Kälte Joggen geht oder mit dem Rad zur Arbeit fährt, kann das problemlos auch bei gutem Wetter. Wer inmitten einer beruflich anspruchsvollen Situation regelmäßig ins Training geht, bleibt natürlich auch dran, wenn sich die berufliche Lage wieder entspannt.
Und auf die gegenwärtige Lage bezogen: Wer in der Weihnachtszeit auf Süßigkeiten verzichten kann, der schafft dies das ganze Jahr über!
Ungünstige Umstände bieten die allerbesten Chancen, dauerhafte Gewohnheiten anzunehmen! Wenn du etwas bei der verändern willst, solltest du diese Chance nicht verpassen. Wenn es „jetzt gerade ganz schlecht ist“, dann ist gerade jetzt die beste Zeit zum Handeln!
Dauerhaft gesund ernähren – Die Challenge
Die nachfolgende Challenge ist für all jene, die bei ihrem Ernährungsverhalten noch Nachholbedarf sehen:
Verzichte von JETZT an bis genau zum 02.01.2018 auf jede Form von Süßigkeiten: Auf Plätzchen, auf Schokolade, auf gebrannte Mandeln, Kuchen, Lebkuchen, Pralinen und was auch immer sonst in der Süßwarenabteilung zu finden ist. Ohne. Jede. Ausnahme.
Ich weiß, dass es schwierig ist. Ich weiß, dass es einiges an Disziplin erfordert. Ich weiß, dass der eine oder andere Motivationstrick nötig oder zumindest hilfreich sein wird. Und ich weiß auch, dass manch einer das für „krankhaft“ halten wird. Aber da spricht nur der eigene Schweinehund. Der liebt den Status quo und weiß ihn auch auf aggressive Weise zu verteidigen.
Es ist eine Chance. Die beste Chance des Jahres, um endlich die Kontrolle über das eigene Ernährungsverhalten zu gewinnen. Bis Neujahr kann jeder warten. Teufel, das ganze Jahr über warten die Leute auf morgen, auf Montag, auf den 1. des Monats, auf einen idealen Rahmen, um loszulegen.
Mal ehrlich: Wie oft hast du selbst schon gewartet? Wie oft hast dir gesagt „Morgen lege ich los.“ und bist dann nach kurzer Zeit doch eingeknickt? Wie viele Neujahrsvorsätze gehalten? Wenn du auf günstige Umstände wartest, hast du schon verloren. Wenn du es jedoch ernst meinst, dann ist genau jetzt die Zeit loszulegen. Nicht morgen, nicht nächste Woche, nicht im neuen Jahr. Jetzt.
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