Protein (alias Eiweiß) ist ein lebenswichtiger Makronährstoff, der unter anderem für die Produktion von Enzymen, Hormonen und Antikörper, für Bau und Reparatur von Zellen, zur Speicherung bestimmter Nährstoffe (z.B. Eisen), ja sogar für die Muskelkontraktion eine wichtige Rolle spielt. Ohne Proteine könnten wir uns nichtmal bewegen.

Um körpereigene Proteine herzustellen, sind wir auf eine Proteinzufuhr über die Nahrung angewiesen. Aber wie viel Proteine brauchen wir eigentlich?

Für diese Frage interessieren sich besonders Sportler, die Leistung erbringen, schlanker werden oder Muskeln aufbauen wollen. Doch mittlerweile beschäftigt sie nahezu alle Menschen, die gesund und fit leben wollen.

Ich mache dir nichts vor: Es ist eine umstrittene Frage, die über die Jahre die unterschiedlichsten Antworten hervorgebracht hat – fast ohne erkennbaren Konsens. In diesem Artikel werden wir jedoch Schritt für Schritt klare Antworten dafür finden,

  • wie viel Eiweiß du benötigst, um Muskeln aufzubauen.
  • wie viel Eiweiß du benötigst, um Körperfett zu verbrennen.
  • wie viel Eiweiß du ohne Sport benötigst.
  • was am Mythos „zu viel Eiweiß ist schlecht für die Nieren“ wirklich dran ist.
  • wie der tägliche Eiweißbedarf gedeckt werden kann.

Ich kann vorwegnehmen, dass dich manche Antworten überraschen dürften. Manches wird dir auch schon bekannt sein. Allerdings erfährst du nun endlich die genauen Zusammenhänge der täglichen Proteinzufuhr in Abhängigkeit deiner Situation und Ziele und eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Argumenten, die in ein praxistaugliches Konzept integriert werden.

Vor allem wirst du sehen, dass sich schlussendlich ganz simple und klare Prinzipien herauskristallisieren werden, an denen du deine Ernährung ohne großes Kopfzerbrechen orientieren kannst.

Auswirkungen von Protein auf die Körperzusammensetzung

Über die Funktion von Proteinen habe ich in der Einleitung schon einige Worte verloren. Da sie letztlich überall im Körper ihre Finger im Spiel haben, ist es natürlich auch kein Wunder, dass sich die Wissenschaft sehr für die Zusammenhänge von Proteinzufuhr und Gesundheit/Ästhetik interessiert.

Lass‘ uns zunächst ein wissenschaftliches Fundament für die Proteinzufuhr hinsichtlich der Körperzusammensetzung erwerben, ehe wir uns Richtlinien für die Praxis ableiten:

  1. Proteinzufuhr beim Fettabbau: Eine 2014 an der Auckland University of Technology in Neuseeland durchgeführte vergleichende Studie für erwachsene, trainierte Menschen (mindestens 6 Monate Erfahrung im Krafttraining) in einem Kaloriendefizit kam zu dem Schluss, dass eine Proteinzufuhr von 2,3 – 3,1g pro kg Magermasse (= Körpergewicht – Körperfett (ein 100 kg schwerer Mensch mit 10% Körperfettanteil hat also 90 kg Magermasse)) ideal ist, um effektiv abzunehmen und die Muskeln zu schützen. []
  2. Erhöhte Sättigung, bessere Fettverbrennung: 2005 untersuchten Wissenschaftler von der University of Washington die Auswirkungen einer erhöhten Proteinzufuhr an 19 Probanden. Diese konnten sich über 12 Wochen nach Belieben ernähren, mussten aber das Makronährstoffverhältnis von 30% Protein, 20% Fett und 50% Kohlenhydrate der täglichen Energiezufuhr einhalten. Im Vergleich zur zuvor ermittelten Referenz bei 15% Protein, 35% Fett und 50% Kohlenhydrate, bei der das Gewicht gehalten werden konnte, führte die erhöhte Proteinzufuhr zu einer stärkeren Sättigung. Infolgedessen wurden täglich im Schnitt 441 kcal weniger konsumiert. Die Probanden verloren in den 12 Wochen durchschnittlich 4,9 kg Körpergewicht, wovon im Schnitt etwa 3,7 kg Fettverlust waren. []
  3. Mehr Protein im Kaloriendefizit: Ein Forscherteam der McMaster University in Kanada verglich in einer 2016 veröffentlichten Studie die Auswirkungen einer hohen und einer niedrigen Proteinzufuhr in einem Kaloriendefizit auf die Körperzusammensetzung.
    Dabei wurden 40 junge Männer in zwei Gruppen eingeteilt: Die eine Gruppe konsumierte 2,4 g Protein pro kg Körpergewicht, die andere (Kontrollgruppe) lediglich 1,2 g. Der Versuchszeitraum betrug vier Wochen. Dabei absolvierten beide Gruppen ein aus Krafttraining und HIIT bestehendes Trainingsprogramm, welches insgesamt 6 Einheiten pro Woche vorsah.
    Die höhere Proteinzufuhr führte dabei zu einem signifikant höheren Fettverlust (im Schnitt 4,8 kg verglichen mit 3,5 kg in der Kontrollgruppe). Gleichzeitig konnte die Magermasse mit der hohen Proteinzufuhr um durchschnittlich 1,2 kg (in nur 4 Wochen!) gesteigert werden, während in der Kontrollgruppe lediglich ein Zuwachs von 0,1 kg verzeichnet wurde (also kein signifikanter Muskelaufbau stattfand). []
  4. Proteinzufuhr im Kalorienüberschuss: Eine 2012 veröffentlichte Studie aus den USA untersuchte die Auswirkungen verschiedener Proteinmengen im Kalorienüberschuss auf die Körperzusammensetzung. Dabei wurden 25 junge Menschen für 8 Wochen in drei Gruppen aufgeteilt: Low Protein (5% der täglichen Energie, etwa 0,68 g pro kg Körpergewicht), Normal Protein (15% der täglichen Energie, etwa 1,79 g pro kg Körpergewicht) und High Protein (25% der täglichen Energie, etwa 3,0 g pro kg Körpergewicht). Die Kohlenhydratzufuhr blieb konstant (die Fettzufuhr wurde folglich entsprechend reguliert) und die Energiezufuhr entsprach etwa 140% des täglichen Verbrauches (knapp 1000 kcal mehr als nötig).
    Die Low Protein Gruppe verzeichnete dabei die geringste Gewichtszunahme (3,16 kg). Allerdings baute diese Gruppe keine Magermasse (Muskeln) auf. Im Vergleich dazu waren von der durchschnittlichen Gewichtszunahme von 6,51 kg in der High Protein Gruppe satte 3,18 kg Magermasse. Bei der normalen Proteinzufuhr entfielen bei der Gewichtszunahme von rund 6,05 kg immerhin 2,87 kg auf Magermasse.
    Unterm Strich bedeutet das: Es gab bei gleicher Kalorienzufuhr keinen signifikanten Unterschied beim Aufbau von Körperfett zwischen den einzelnen Gruppen. Allerdings führte nur eine normale und hohe Proteinzufuhr zu Muskelaufbau, mit dem größeren Muskelaufbau bei der hohen Proteinzufuhr.
    Die Forscher zogen folgendes Fazit: Eine erhöhte Proteinzufuhr zeigte bei gleicher Kalorienzufuhr keine Auswirkungen auf den Körperfettaufbau. []

Bevor wir über die genaue tägliche Proteinzufuhr sprechen, möchte ich mit dir zunächst zwei ganz simple und grundlegende Erkenntnisse über die Wirkung von Protein aus diesem wissenschaftlichen Fundament ziehen.

Zwei fundamentale Wirkungsmechanismen von Protein
  • Protein macht nicht fett.
  • Protein sättigt besser als Kohlenhydrate und Fette.

Behalte diese beiden bitte im Hinterkopf, denn wir kommen darauf zurück.

Irreführende Empfehlungen der DGE

Mit dem nun erworbenen wissenschaftlichen Fundament wird das Bild zur Proteinzufuhr etwas klarer. Doch wie viel Protein brauchen wir denn nun genau?

Laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) benötigt ein Erwachsener rund 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht. Das sind als Referenzwert etwa 57 g Protein für Männer und 48 g für Frauen am Tag. []

Dass dieser Wert für Sportler, die an ihrer Fitness arbeiten wollen, viel zu gering ist, sollte jedem klar sein. Das zeigen oben aufgelistete Studien ebenso wie praktische Erfahrungen ganz eindeutig. Doch gedacht ist er ohnehin für normale Erwachsene, die nicht trainieren. Ist er für sie ausreichend?

Auch hier: Ein klares Nein. Und das möchte ich dir begründen.

Protein steuert Appetit und Körpergewicht

Du hast die beiden fundamentalen Einsichten zur Wirkungsweise von Protein noch im Gedächtnis? Nur für den Fall: Protein macht nicht dick und Protein sättigt am besten.

Daraus wiederum lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen:

  1. Mehr Protein schadet der Figur nicht; auf den gesundheitlichen Aspekt kommen wir weiter unten noch zu sprechen!
  2. Zu wenig Protein wirkt sich negativ auf das Sättigungsgefühl aus und führt dazu, dass du mehr Kalorien verzehrst als eigentlich nötig. Eine höhere Proteinzufuhr sättigt signifikant besser, was unter anderem auch durch eine 2005 veröffentlichte Studie belegt wird. []

Das sind zwei simple, logische und naheliegende Schlussfolgerungen, die eine ganz klare Richtung vorgeben: Geize nicht mit dem Protein!

Das gilt für alle Menschen, unabhängig vom Trainingsziel oder ob sie überhaupt trainieren. Protein ist ein mächtiger Körperfettregulator.

Was nun die Empfehlungen der DGE angeht, so kann man diese mit gutem Willen lediglich als absolute Mindestverzehrempfehlung ansehen. Für einen schlanken und gesunden Körper ist das jedoch zu wenig. Das gilt übrigens nicht nur für Sportler, sondern eben auch für Menschen, die nicht trainieren. So zeigte eine 2016 veröffentlichte Studie aus Italien, dass 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht speziell für ältere Menschen zu knapp bemessen ist, um die Muskeln und ihre Funktionsfähigkeit zu erhalten. []

Da müssen wir uns schon fragen: Warum sollte man etwas, das viele positive Auswirkungen auf die Figur, den Körper und seine Funktionsfähigkeit hat, ja gar zum Überleben unersetzlich ist, unterdosieren? Es macht schlicht keinen Sinn.

Es sei denn, eine hohe Proteinzufuhr könnte auch negative gesundheitliche Konsequenzen nach sich ziehen. Häufig hört man in diesem Zusammenhang das Stichwort ‚Nieren‘ – zu viel Protein soll (angeblich) schlecht für die Nieren sein. Was ist dran? Es ist das letzte Puzzleteil, das wir untersuchen müssen:

Welche Proteinmengen sind gesundheitlich unbedenklich?

Vorwegnehmen kann ich bereits, dass hier viel Panikmache betrieben wird und die Angst vor einer höheren Proteinzufuhr meist unbegründet ist. Beginnen wir mit der am häufigsten gestellten Frage:

Schadet zu viel Protein den Nieren?

Eindeutige Antwort: Ja, natürlich. Aber wie viel Protein ist eigentlich zu viel oder welche Menge ist für die Nieren unbedenklich?

Diese Studien geben Aufschluss:

  • 2005 veröffentlichten Wissenschaftler der University of Connecticut (USA) eine vergleichende Studie, in der sie systematisch untersuchten, ob eine hohe Proteinzufuhr schädlich für die Nieren sein kann. Dabei fanden sie heraus, dass es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt, dass eine hohe Proteinzufuhr gesunde Nieren schädigen kann. In diesem Zusammenhang stellen sie auch fest, dass Athleten, die täglich 2 g Protein pro kg Körpergewicht konsumierten, laut wissenschaftlichen Daten kein höheres Risiko einer Nierenfunktionsstörung aufwiesen. []
  • Eine in den USA durchgeführte und 2011 veröffentlichte Studie an 17 Probanden konnte keinen Unterschied hinsichtlich der Nierenfunktion zwischen einer hohen und einer niedrigen Proteinzufuhr feststellen. Die Gruppe mit der niedrigen Proteinzufuhr beinhaltete dabei im Schnitt 1,27 g Protein pro Tag, während die hohe Proteinzufuhr durchschnittlich mit 2,5 g Protein pro kg Körpergewicht zu Buche schlug. []
  • Die Zufuhr der 2-3fachen Proteinmenge des RDA-Wertes (0,8g pro kg Körpergewicht) ist laut einer vergleichenden Studie aus dem Jahre 2004, die mögliche Nebeneffekte einer hohe Proteinzufuhr untersuchte, für die Nieren unbedenklich. []

Dabei macht es allerdings schon einen Unterschied, ob die Nieren normal funktionieren oder bereits eine Einschränkung vorliegt, wie eine 2003 veröffentlichte Studie der Harvard Medical School (USA) zeigte. Die an 1624 Frauen zwischen 42 und 68 Jahren durchgeführte Studie konnte keine negativen Auswirkung einer hohen Proteinzufuhr bei einer normalen Funktionsfähigkeit der Niere feststellen. Bei bereits vorhandener Einschränkung konnte eine hohe Proteinzufuhr jedoch mit einer Verstärkung dieser in Verbindung gebracht werden. []

Das beschreibt den gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ziemlich gut:

Eine hohe Proteinzufuhr kann kontraproduktiv sein, wenn eine Funktionsstörung der Nieren vorliegt. Gesunde Nieren kommen jedoch auch mit einer hohen Proteinzufuhr bestens zurecht.

Und das ist auch gar nicht weiter verwunderlich. Denn was passiert bei einer hohen Proteinzufuhr mit der Niere? Fest steht: Man muss häufiger auf die Toilette. Kein Witz, vollkommen normal. Die Flüssigkeitsausscheidung wird ansteigen. Deshalb kam überhaupt erst der Gedanke auf, eine hohe Proteinzufuhr könne die Nieren schädigen. Es ist zwar naheliegend, dass irgendwann die Belastungsgrenze der Nieren erreicht ist, aber sicher nicht im Bereich 1,5-3 g pro kg Körpergewicht.

Und was in diesem Bereich passiert ist etwas vollkommen normales für den Körper:

Die Niere muss durch die (verglichen mit einer niedrigen Proteinzufuhr) erhöhte Flüssigkeitsausscheidung einfach nur mehr arbeiten. Es gibt keinen Beleg dafür, dass dies schädlich wäre. Tatsächlich ist sogar naheliegend, dass das Gegenteil der Fall ist: Die Niere wird besser in dem, was sie tut. Das ist eines der Grundprinzipien, nach denen unser Körper funktioniert. Er verbessert, was häufig genutzt wird und baut ab, was nicht benötigt wird. Genau das geschieht ja auch mit deinen Muskeln infolge von Krafttraining. Und es geschieht auch mit deinem Herzen infolge von Ausdauertraining! Niemand käme doch hier auf die Idee zu sagen, dass das Herz durch die gesteigerte Belastung geschädigt wird, oder? Nein, es wird gestärkt.

Solange du es also nicht stark übertreibst, sind keine negativen Effekte einer erhöhten Proteinzufuhr auf gesunde Nieren zu erwarten. Wenn du sichergehen willst, kannst du deine Nierenfunktionsfähigkeit beim Arzt testen lassen, um eventuell bestehende Einschränkungen ausschließen zu können.

Knochen

Auch die Knochen standen auf Grundlage vager Behauptungen im Verdacht, durch eine zu hohe Zufuhr vor allem tierischen Proteins geschädigt zu werden. Dem ging eine im Jahr 2005 veröffentlichte vergleichende Studie aus der Schweiz nach.

Sie konnte nicht nur zeigen, dass diese Behauptungen falsch waren, sondern dass es tatsächlich genügend experimentelle und klinische Belege dafür gibt, dass eine niedrige Proteinzufuhr schädlich für die Knochengesundheit & -stabilität ist und Osteoporose begünstigen kann.

Weiterhin konnte die Studie zeigen, dass bei älteren Menschen mit einer Hüftfraktur der Knochenabbau, medizinische Komplikationen sowie die Dauer des Aufenthalts im Krankenhaus reduziert und die Muskelkraft erhöht werden konnten, indem sie zusätzliche Proteinsupplemente (hier Casein) konsumierten.

Schließlich zeigte sich, dass eine hohe Proteinzufuhr Osteoporose vorbeugen und die Knochendichte verbessern kann. Diese wurde unter anderem auf die Erhöhung von IGF-1, des sogenannten Insulinähnlichen Wachstumsfaktors, der einen positiven Einfluss auf die Knochenentwicklung hat, infolge der hohen Proteinzufuhr zurückgeführt. Die Studie zog das Fazit, dass Proteine ein genauso wichtiger Faktor wie Calcium und Vitamin D für gesunde Knochen und Osteoporosevorbeugung sind. []

Diese Ergebnisse wurden durch eine nachfolgende Studie aus dem Jahre 2011 bestätigt, in der allerdings zusätzlich angemerkt wurde, dass eine eine hohe Proteinzufuhr (mehr als 2 g pro kg Körpergewicht & Tag) vermieden werden sollte, wenn parallel nur wenig Calcium (<600 mg / Tag) konsumiert wird. []

Zum Vergleich findest du hier eine kleine Liste mit dem Calciumgehalt ausgewählter Lebensmittel.

Es ist allerdings auch nicht weiter überraschend, dass Nährstoffe schaden können, wenn sie quasi isoliert eingenommen werden. Der Körper benötigt grundsätzlich einen breiten Verbund an Mikronährstoffen, um vernünftig zu funktionieren und Makronährstoffe ordentlich verwerten zu können, weshalb Ernährungsmethoden wie „If it fits your Macros“ auch Blödsinn sind. Eine gesunde Proteinzufuhr geht daher nur im Verbund mit einer ausgewogenen Ernährung – das gilt natürlich auch für Fette und Kohlenhydrate.

Gesundheit allgemein

Schließlich stellte eine aus Texas stammende Studie aus dem Jahr 2016 fest, dass eine mangelhafte Proteinzufuhr eine ganze Reihe von gesundheitlichen Problemen verursachen kann (unter anderem: körperliche Schwäche, Blutarmut & Funktionsstörung des Gefäßsystems) und eine Proteinzufuhr von bis zu 2 g pro kg Körpergewicht am Tag sicher ist. Das obere Limit der Proteinzufuhr liegt laut dieser Studie bei 3,5 g pro kg Körpergewicht. []

Die richtige Proteinzufuhr

Aus all den bis hierhin angeführten Studien lässt sich folgendes glasklar erkennen:

Eine tägliche Zufuhr von 2 g Protein pro kg Körpergewicht trägt zu einem schlanken, starken und gesunden Körper bei und ist unter Ausschluss vorheriger Einschränkungen (speziell hinsichtlich der Nieren) als vollkommen sicher einzustufen.

Das gilt unabhängig davon, welches Trainingsziel du verfolgst oder ob du überhaupt trainierst. Diese Menge, 2 g Protein pro kg Körpergewicht am Tag, ist tatsächlich als eine Art optimales Maß einzustufen. Es wurde also klar gezeigt, dass genau diese Menge nicht ohne Grund sehr häufig von Ernährungsexperten empfohlen wird, dass sie nicht ohne Grund einen Richtwert auch in meinen Büchern wie Project Body und Nachhaltig Schlank darstellt.

Es hat sich eindeutig gezeigt, dass diese Menge sowohl sicher als auch förderlich ist und damit einen sehr guten Richtwert darstellt.

Dieses Wort ist entscheidend, denn bisher ist es nur ein theoretischer Wert und wie so oft gibt es durchaus Unterschiede zwischen Theorie und Praxis, die ich dir zum Abschluss aufzeigen werde.

Wie deckt man die tägliche Proteinzufuhr am besten?

Es ist kaum praxistauglich, die tägliche Proteinmenge genau zu errechnen und jeden Tag exakt zu versuchen, sie einzuhalten.

Kalorien- und Nährstoffzählen ist schlicht mit einem zu hohen Aufwand bei zu geringem Ertrag verbunden, um wirklich alltagstauglich zu sein!

Deshalb muss man etwas entwickeln und kultivieren, das ich Ernährungsintuition nenne. Wir wollen dahin kommen, dass wir unsere Mahlzeiten ganz intuitiv zusammenstellen und dabei automatisch wichtige Ernährungsprinzipien einhalten und eine ausreichende Versorgung mit Proteinen und Mikronährstoffen zu gewährleisten.

Und das ist gar nicht so kompliziert! Dafür sind nur zwei simple Schritte erforderlich.

Schritt #1: Mache dir klar, welche Lebensmittel reich an Proteinen sind

Natürlich muss man zunächst wissen, wo hochwertige Proteine in möglichst großer Menge zu finden sind. Zwar enthalten alle natürlichen Lebensmittel ein gewisses Maß an Eiweiß, aber während das bei einem Apfel nur etwa 0,3% sind, finden wir in einem Lachs schon etwa 20% Eiweiß.

In dem Ebook „Die besten Lebensmittel für Athleten“ findest du eine große Liste mit allen wichtigen Lebensmitteln, unterteilt in Mikronährstoff-, Energie- und Proteinquellen. Dieses erhältst du kostenfrei mit der Anmeldung zum Athletic Way of Life Newsletter.

Lass‘ uns dazu zwei Praxisbeispiele ansehen.

Beispiel 1: Für einen 80 kg schweren Mann liegt die optimale Proteinversorgung bei rund 160 g Eiweiß pro Tag. Das entspräche etwa 2 Hähnchenbrustfilets (rund 350 g), 1 Lachsfilet (rund 300 g) und 3-4 Eiern (rund 150 g).

Beispiel 2: Für eine 60 kg schwere Frau liegt die optimale Proteinversorgung bei rund 120 g Eiweiß pro Tag. Das entspräche etwa 100 g Käse, 1 Kabeljau-Filet (rund 200 g) und 300 g Tofu.

Natürlich darf man dabei auch nicht vergessen, dass andere Lebensmittel wie Gemüse ebenfalls eine gewisse Menge an Eiweiß enthalten. Aber es geht hier ja ohnehin nicht um Punktlandungen, wie der zweite Schritt zeigt.

Schritt #2: Sorge für eine hochwertige Proteinquelle bei jeder Hauptmahlzeit

In der praktischen Umsetzung geht es darum, sicherzustellen, dass deine Mahlzeiten immer auch eine gute Proteinquelle enthalten.

Das ist das Merkmal einer ausgewogenen Mahlzeit: Sie liefert Mikronährstoffe, Proteine und Energie (größtenteils aus Kohlenhydraten/Fetten).

Man muss also nicht abwiegen oder zählen, sondern sollte einfach darauf achten, dass diese drei zu ungefähr gleichen Teilen auf dem Teller landen. Auf diese Weise ernährt man sich intuitiv ausgewogen und stellt auch eine ausreichende Versorgung mit hochwertigen Proteinen sicher.

Diese Vorgehensweise ist vor allem eines: praxisnah. Denn in der Realität isst man nunmal nicht jeden Tag die exakt gleiche Menge. Mal isst man etwas mehr und mal etwas weniger – und das betrifft dann natürlich auch die Eiweißversorgung. Mal ehrlich: Glaubst du wirklich, es macht einen großen Unterschied, ob du mal 2 g, 1,91 g, 1,74 g oder 2,19 g Eiweiß verzehrst?

Der Wert wird schwanken, genauso wie die tägliche Energieaufnahme schwankt und genauso wie die Aufnahme von Mikronährstoffen schwankt – das ist vollkommen natürlich und auch naheliegend! Denn du verbrauchst und benötigst ja auch nicht jeden Tag gleich viele Nährstoffe und Energie.

Das ist der Grund dafür, dass es keinen Sinn macht, sich auf genaue Zahlenwerte einzuschießen. 2 g pro kg Körpergewicht ist deshalb tatsächlich nur ein Richtwert. Eine gute Orientierung!

Wenn du ungefähr weißt, wie viel Protein in welchen Lebensmitteln steckt und auch ungefähr die von dir verzehrte Menge kennst (lässt sich leicht anhand der Packungsangabe abschätzen), kannst du auch schnell überprüfen, ob deine tägliche Proteinaufnahme ungefähr in dieser Zone liegt oder ob du besser noch etwas zulegen solltest.

Was gilt es zu beachten, wenn man Körperfett verbrennen will?

Wer seine Proteinzufuhr erhöht, unterstützt die Fettverbrennung, weil Protein besser sättigt.

Wenn man jedoch eine gezielte Fettabbau-Phase mit Trainingsunterstützung einlegen möchte, dann gilt es dabei zu beachten, dass Kalorien die Kalorienzufuhr in der Regel schrittweise angepasst wird. Wenn man also gleich mit einer hohen Eiweißzufuhr einsteigt, besitzt man hier wenig Spielraum.

Somit ist es ratsam, in der Diät mit etwa 1,8-2 g Eiweiß pro kg Körpergewicht einzusteigen und diese Menge dann schrittweise zu erhöhen, während parallel Kohlenhydrat- und Fettzufuhr allmählich reduziert werden. Es geht also ganz einfach darum, dass durch die Reduktion von Kohlenhydraten und Fetten kein „Loch“ in der Ernährung entsteht, welches zu Heißhunger führt. Ersetzen statt hungern ist die Devise!

Was gilt es zu beachten, wenn man Muskeln aufbauen will?

Du hast anhand von Studien schon gesehen, dass auch eine höhere Eiweißzufuhr (also mehr als 2 g) beim Muskelaufbau sinnvoll sein kann.

Allerdings gilt es dabei zu beachten, dass der wichtigste Faktor für den Muskelaufbau zunächst einmal eine ausreichende Energiezufuhr darstellt. Man sollte idealerweise einen Kalorienüberschuss haben und das ist mitunter schwer zu bewerkstelligen, wenn man sehr viele Eiweiße verzehrt.

Denn wie du ja weißt, sättigen Eiweiße am besten. Da Eiweiße zudem effektiv gesehen am wenigsten Energie liefern (weil sie am schwierigsten zu verdauen sind) und diese Energie zudem nur schwer verwertet werden kann, bedeutet eine sehr hohe Eiweißzufuhr hier vor allem, dass man auch unglaublich viel essen muss. Und das wiederum ist gesundheitlich bedenklich, weil es der Verdauung schaden kann und zudem den Hunger auch nachhaltig steigern kann – weshalb viele Bodybuilder auch sehr schnell fett werden, wenn sie mit dem Training aufhören.

Deshalb empfehle ich für gewöhnlich auch nur die angegebenen 2 g Eiweiß beim Muskelaufbau. Größere Mengen sind für viele Menschen schwer mit einem Kalorienüberschuss zu vereinbaren und auch nicht notwendig.

Sind Eiweißshakes sinnvoll?

Eine Frage, die mir wirklich oft gestellt wird. Wenn du häufiger hier liest, weißt du ja sicher, dass ich kein großer Freund der Supplemente-Industrie bin und ein Übermaß an Nahrungsergänzungsmittel strikt ablehne.

Proteinshakes jedoch gehören zu den wenigen Ergänzungen, die tatsächlich sinnvoll sein können. Sie sind keineswegs notwendig, können aber hilfreich sein.

Whey-Protein und Mehrkomponenten-Proteine mit Whey, Casein oder Milchprotein haben eine sehr hohe biologische Wertigkeit und können somit dabei helfen, die tägliche Eiweißzufuhr sicherzustellen. Whey- und Mehrkomponenten-Proteine sind besonders nach dem Training praktisch, weil sie schnell verwertet werden können.

Diese zwei Studien untermauern, dass Eiweißshakes zu den wenigen Ergänzungsmitteln gehören, die tatsächlich wirken können:

  1. Kleine Änderung, große Wirkung: Mit einer 2008 an der University of Oklahoma in den USA an 38 erwachsenen, übergewichtigen Probanden durchgeführten Studie wurde einer minimalen Ernährungsintervention untersucht. 28 Probanden absolvierten 2x pro Woche Kraft- und 3x pro Woche Ausdauertraining – die übrigen 10 waren in der Kontrollgruppe.
    Bei 14 von diesen 28 Probanden wurden zusätzlich täglich 2 Proteinshakes konsumiert – das war der einzige Unterschied. Alle Studienteilnehmer (auch die 10 Probanden in der Kontrollgruppe, die kein Trainingsprogramm absolvierten) durften sich ansonsten nach Belieben ernähren.
    In der 10-wöchigen Studie verzehrten die Teilnehmer mit den Proteinshakes deutlich weniger Energie, Kohlenhydrate und Fett, dafür aber mehr Eiweiße und Ballaststoffe und verloren im Schnitt 9,4% Körperfett (verglichen mit 4,6% ohne Shake bzw. 1,77% in der Kontrollgruppe). Darüber hinaus konnten nur in dieser Gruppe signifikante Zuwächse an Muskelmasse (+2,3%), Ausdauer (gemessen in der maximalen Sauerstoffaufnahme VO2max) und eine Reduktion des LDL-Cholesterins (-13,3%) erzielt werden. []
  2. Whey vs. natürliche Proteinquelle: 2016 wurde eine aus den USA stammende Studie veröffentlicht, in der 21 Männer auf auf zwei Gruppen verteilt wurden: Nahrungsprotein (12) und Whey-Protein (9).
    Beide Gruppen absolvierten das gleiche, aus Krafttraining, Ausdauertraining, Stretching und Intervall-Sprints bestehendes Trainingsprogramm. Beide Gruppen aßen 5-6 Mahlzeiten am Tag, die jeweils etwa 20-25 g Protein beinhalteten. Die Nahrungsprotein-Gruppen aß dabei ausschließlich natürliche Eiweißquellen, während die Whey-Protein-Gruppe bei drei der Mahlzeiten auf Whey-Protein zurückgriff.
    Beide Gruppen konnten ihre Leistungen verbessern, Muskelmasse aufbauen und Körperfett verbrennen. Allerdings gab es dabei keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen. []

Ob du nun mit Eiweißshakes ergänzt oder nicht, bleibt natürlich dir überlassen. Ich selbst greife nur sporadisch darauf zurück. Wenn du dich dafür entscheidest, solltest du in jedem Fall daran denken, dass es sich dabei tatsächlich nur um ein Ergänzungsmittel handelt. Langfristig solltest du damit kein Nahrungsmittel ersetzen und daher sicherstellen, dass deine tägliche Proteinzufuhr größtenteils aus natürlichen Lebensmitteln stammt. Denn es ist schwer abzusehen, welche Auswirkungen es auf den Körper haben könnte, wenn man langfristig Nährstoffe quasi isoliert verabreicht.

Abschließendes Fazit

Der Artikel ist etwas ausführlicher ausgefallen als normal. Doch dafür konnten wir nun praktische Antworten auf eine Frage finden, die seit vielen Jahren sehr viele Menschen beschäftigt. Du hast nun auch das wissenschaftliche Fundament dafür, dass die durchaus gängige Empfehlung von 2g Eiweiß pro kg Körpergewicht am Tag ein sinnvolles und vor allem nach bisherigem Erkenntnisstand sowohl der Wissenschaft als auch der Praxis sicheres Maß darstellen.

Dabei konnten wir auch gängige Vorurteilen aus dem Weg räumen, mit denen du früher oder später konfrontiert wirst. Denn auch wenn diese Empfehlung für Sportler ebenso wie für Nicht-Sportler gilt, ist es in der Realität (leider!) so, dass sich nur wenige Menschen, die keinen Sport betreiben, um ihre Proteinzufuhr kümmern. Infolgedessen ist die Proteinzufuhr vieler Menschen niedrig oder gar zu niedrig.

Wenn du nun deine Proteinzufuhr auf das empfehlenswerte Level hebst, wird das von diesen Menschen, von denen du mit Sicherheit einige in deinem Umfang hast,  als eine übermäßig hohe Proteinzufuhr wahrgenommen und bewertet. Es ist daher nicht selten, dass du mit Bedenken konfrontiert wirst:

„Ist das wirklich gesund?“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass das gesund ist!“

„Ich habe gehört, das schadet den Nieren.“

Bleibt leider nicht aus, dass man sich mit solchen Vorurteilen auseinandersetzen muss. Doch wie du in diesem Artikel erfahren hast, steckt nichts dahinter, sodass du dich nicht irritieren lassen solltest.

Und das führt mich auch zu meinem abschließenden Rat: In puncto Ernährung ist die Masse leider ein denkbar schlechter Ratgeber. Lass‘ dich also nicht aus dem Konzept bringen, wenn du dein Ernährungsverhalten verbessern willst.

(Bilder: © denisk999 | © Mircea.Netea – Fotolia.com)